Im aktuellen „Manager Magazin“ gibt es einen Artikel, der relativ wenig Wellen geschlagen hat. Was wohl daran liegt, dass das „MM“ sehr restriktiv mit seinen Inhalten umgeht (wie kontraproduktiv und umsatzmindernd das in Einzelfällen enden kann, hat Stefan Niggemeier sehr schön aufgeschrieben).
In diesem Artikel nun geht es um die „Süddeutsche Zeitung“ und ihren Inhaber, die Südwestdeutsche Medien Holding (SWMH). Und wenn das so stimmt, was da steht, ist die Situation zwischen München und Stuttgart bezeichnend für die Weltfremdheit mancher Verlagsentscheider. Ob ein Journalist die korrekten Quellen hat, lässt sich oft nicht sagen. Quellen genießen Schutz und das ist gut so.
Doch gibt es zumindest Indizien dafür, ob ein Journalis mehr hat als ein paar Gerüchte im Ohr. Zahlen sind so ein Indiz. Je genauer sie sind, desto wahrscheinlicher ist, dass der Autor interne Papiere hat. Die können alt sein oder für eine Entscheidung nicht wichtig. Doch generell sind solche Zahlen ein guter Maßstab.
Legen wir ihn beim Artikel Klaus Boldts über die Lage bei der „Süddeutschen Zeitung“ an, dann hat Boldt zumindest mal das eine oder andere Papierchen zugespielt bekommen. „In der Schuldenfalle“ steht über dem Artikel. In selbiger soll die SWMH stecken, die 2008 ihren Anteil am Süddeutsche Verlag auf 81,25 Prozent aufgestockt hat.
Zur Finanzierung des Kaufpreises von mindestens 625 Mio. Euro gab die Landesbank Baden-Würtemberg nach Boldts Informationen ein Schuldscheindarlehen über 300 Mio. Euro. Fünf Jahre lang muss nun die SWMH jährlich 40 Mio. zahlen, danach nochmal 100 Mio.
Das Dumme ist nur: Erst danach begann so richtig die Wirtschaftskrise. Die aber reicht nicht aus als Erklärung, warum die Stuttgarter nun Probleme haben sollen das Darlehen zu bedienen.
Denn angeblich haben sie in den Darlehensunterlagen allen Ernstes einen steigenden Umsatz (7% während der Laufzeit) und einen steigenden Ertrag (11% plus) angekündigt.
Seit Jahren sinken die Zeitungsabsäte, eine höchst destruktive Technik bedroht Leser- wie Anzeigenmarkt – und in Stuttgart verschuldet man sich, weil man allen Ernstes zu glauben scheint, nichts werde sich ändern. So vernagelt muss man im Kopf erstmal sein.
Natürlich trifft auch die LBBW eine Mitschuld. Wer ist so irre und gibt in dieser Lage 300 Mio. Kredit? Oder hat die landsmannschaftliche Kumpanei geholfen: Dem mächtigen Verleger schlägt eine Landesbank keinen Wunsch ab?
War es Hybris? Dummheit? Weltfremdheit? Zu große Gier nach nationaler Anerkennung als Besitzer von Deutschlands Tageszeitung mit den besten Autoren? Schwer zu sagen, SWMH ist ein sehr, sehr verschwiegenes Haus.
Doch zieht Boldt angesichts seiner Informationen den absolut passenden Vergleich. Die Lage bei SWMH und Süddeutsche Verlag erinnert fatal an einen andere Übernahme, bei der ein kleineres, verschwiegenes, familiengeführtes Unternehmen ein renommiertes, größeres übernehmen wollte: Schaeffler vs. Conti.
Nachtrag: Der elektrische Reporter beschäftigt sich ebenfalls mit der Medienkrise – sehr gelungen!
Elektrischer Reporter – Zukunft des Journalismus: wer soll das bezahlen?
Kommentare
Jan 2. Oktober 2009 um 10:35
Was will Herr Yang?
Ansonsten – interessanter Artikel. Weiß gar nicht, was ich kommentieren soll. 😉
Dierk 2. Oktober 2009 um 10:51
Aus meiner Erfahrung deuten besonders genaue Zahlen eher darauf hin, dass sie aus dem Hut gezaubert wurden. Gar keine Zahlen sind selbstverständlich, zumindest wenn es um wirtschaftliche Fragen geht, auch problematisch, einfach weil ohne Basis alles behauptet werden kann.
Tom 2. Oktober 2009 um 11:29
Ohne Betrachtung der (signifikanten!) Finanzierungskosten müsste der SV vermutlich mehr als 15 Jahre lang den 2007er Jahresüberschuss (ca. 40m) nach Stuttgart überweisen, um zumindest das investierte Geld (625m) zurückzuzahlen.
Call me pessimistic, aber ich glaube nicht, dass die SWMH ihr investiertes Geld jemals wieder sehen wird…
Sister Cuore 7. Oktober 2009 um 23:23
Naja, weiß aus eigener Erfahrung, dass Zahlen oft völlig ohne Grundlage sind. Wurde z.B. nach einer Akquisition von uns auf einen konkreten Kaufpreis \“Na, ich habe ja gehört, dass ihr x Millionen Euro gezahlt habt\“ angesprochen. Diese Zahl war fernab jeglicher Realität und war nicht mal ansatzweise in der Diskussion. Trotzdem wurde sie als Fakt behandelt – war ja eine konkrete Zahl. — Das MM hat sich gerade im Medienbereich durch etliche völlig haltlose Behauptungen hervorgetan, insofern würde ich nicht allzu viel darauf geben. Außerdem: Ein Kredit wird in den seltensten Fällen voll zurück gezahlt, sondern idR umgeschuldet – solange dem Unternehmen zugetraut wird, den Kredit zurückzahlen zu können. Und: Wenn ein Unternehmen mittelfristig nicht daran glaubt, dass es bei der Ertragskraft weiterwächst – und dafür vernünftige Gründe vorweisen kann – kann es das Unternehmen gleich sein. Zumindest ist es dann mit Krediten verdammt schwierig (ok, Projektfinanzierung jetzt mal außen vor.)