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Sir Martin Sorrell, Chef des Werbekonzerns WPP, gehört zu den Lautsprechern der Wirtschaft: Er ist immer für einen Spruch gut. Mancher seiner Sätze plakativ, mancher hoch spannend. Langweilig sind Interviews mit ihm selten.

Die wichtigsten Zitate aber hebt er sich für die großen Medien auf. Und so erschien heute ein Gespräch mit ihm im „Wall Street Journal“, das viele in der Werbe- und Medienbranche die Angstschweißperlen über den Körper verteilen dürfte. Derzeit könnte man meinen, alles werde gut. Und das bald. Die Konjunkturvorhersagen sind überraschend gut, wobei Konjukturvorhersagen ja immer überraschend zu sein scheinen; die Börse bullt vor sich hin; die Arbeitsmarktlage ist nicht desaströs. Ja, die Lage ist so gut, dass selbst den Wahlkämpfern kein Argument einfällt, warum die große Koaliation nicht einfach weitermachen sollte.

Wie ein negatives Asterix-Dorf aber gibt es einen Komplex der Wirtschaft, der das anders sieht: Es ist der Bereich Werbung & Medien.

Und glaubt man Martin Sorrell, dann wird sich das so bald nicht ändern. Seine Interview ist von einer Düsterkeit, dass die vier Reiter der Apokalypse wirken wie Amor zu Pferd.

„We describe the recession as L-shaped, which implies that it will never go back to where it was before. The forecast for levels of increase in ad spending, both traditional and nontraditional, are pretty anemic for the next two or three years.

I doubt free-to-air television or, in particular, newspapers and magazines, will ever be the same again…

You can’t bring the average headcount rate down in line with revenues that are falling at the rate they are falling at the moment; it’s just too painful and demotivational…“

Und auch er sieht, was jüngst auf dem Media Coffee ganz nonchalant in den Raum geworfen wurde: Der Werbemarkt wird sich im kommenden Jahr auf dem Niveau von 2009 bewegen. Und das bedeutet: Wer heute kein Geld macht, wird es ohne Kostenanpassungen auch im kommenden Jahr nicht tun. Oder um es mit Sorrell zu sagen:

„Flat in the U.S. and Western Europe is the new up.“

Das klingt alles erstmal nur unschön. Doch wenn man bedenkt, dass Gruner + Jahr-Chef Buchholz im gestrigen „Spiegel“ angedroht hat, sein Haus werde auch dieses Jahr Verluste machen, folgt daraus, dass die Medienkrise noch lange nicht beendet ist.

So bleibt als Hoffnung aus dem Sorrell-Interview nur ein Satz, der mein persönlicher Satz des Tages, der Woche, des Monats ist:

„The trouble with opportunities is, if you don’t deal with them, they can become threats.“


Kommentare


Ingehorg Trampe 22. September 2009 um 13:47

Schon wegen dem letzten Satz lohnt es sich, mit Sorrell zu befassen. Das größte Problem der Medien- und Werbebranche ist, dass sie keine Entscheidungen trifft und damit eben Gelegenheiten einfach verpasst.

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