Mein Name ist Knudsen, Thomas Knudsen. Also, nicht dass Sie jetzt verwirrt sind, weil über diesem Blog der Name Knüwer steht.
Nein, ich wurde zum Knudsen uminterpretiert. Denn das steht da so: „Interpretiere Knuewer als Knudsen“. Wo? Beim angeblich so heißen, neuen Gegner Googles – der Suchmaschine Wolfram Alpha.
Und auch ansonsten sind deren Ergebnisse von eher unterdurchschnittlicher Brauchbarkeit. Vergangene Woche bekam mancher Web-Vielnutzer einen kalten Hauch der Furcht auf die Tastatur geweht. Google hatte erhebliche Probleme, war in Teilen der Welt gar nicht mehr erreichbar (hier übrigens mal ein Hinweis auf die Twitter-Aktivitäten von Google-Deutschland-Sprecher Stefan Keuchel, der in solchen Fällen flott informiert.
Denn längst sind viele abhängig von Google. Nicht von der Suchmaschine, auf die ließe sich vielleicht noch verzichten. Nein, es geht um Gmail, Google Docs und ähnliche Dienste, die vor allem Selbstständige gerne nutzen.
Eine Alternative zu Google also wäre schön. Das finden auch viele Medienvertreter, die sich begeistert auf jedes neue Suchmaschinenprojekt werfen. Doch diese Begeisterung ist der Haken, wie das Beispiel Wolfram Alpha demonstriert.
Im März hatte der Mathematiker und Softwareunternehmer Stephen Wolfram verkündet, er wolle unter dieser Marke eine neue Internet-Suchmaschine starten. Ein wichtiger Schritt Richtung Semantik solle diese werden. Sprich: Alpha würde erkennen, welchen Wortsinn der Sucher im Kopf habe, könnte gar Fragen beantworten und unterscheiden, zwischen dem Sport Golf und dem Auto Golf.
Schnell rotierten die Medien. „Der Computer, der dich versteht“, hieß es bei der „Süddeutschen Zeitung“ und in einem weiteren Artikel: „Die ersten Beta-Tester sind schon ganz aus dem Häuschen. Killing Google. So etwas müsste man machen.“ Die „Frankfurter Allgemeine“ versprach – ohne Alpha genutzt zu haben: „Wer Google fragt, erhält Links. Wer Wolfram Alpha fragt, bekommt Antworten.“
Sicher: Jeder dieser Artikel enthielt gewisse Einschränkungen. Zum Beispiel, dass ja noch niemand in der Öffentlichkeit den Dienst getestat hat. Doch der Gesamteindruck, den der Leser erhielt war: Da kommt was Großes.
Damit spielten die Medien der nicht unerheblichen PR Stephen Wolframs in die Hände. Alles wurde hübsch auf Spannung gedrechselt: Erst ein Blog-Eintrag als einzige Quelle, dann Gerüchte über einen baldigen Beta-Start, schließlich ein Termin. Vorher gibt es ein Videointerview und während der Startphase eine Livekamera in den Kontrollraum. Huuu… Ist das alles spannend.
Und was ist rausgekommen? Erschreckend wenig. Erster Test: Ego-Googeln, pardon, Ego-Wolframen. Mein Name. „Wer ist Thomas Knuewer?“ (ohne Umlaut – die beherrscht Alpha nicht).
Ergebnis: ein Nicht-Ergebnis. Ich bekomme eine Auswertung, wie häufig der Name Thomas in den USA verbreitet ist.
Dann nur mein Name: „Thomas Knuewer“. Alpha antwortet: „Interpretiere Knuewer als Knudsen“. Danke, aber in Norwegen ist es mir zu kalt.
Gut, ich bin nicht prominent genug. „Wie lang ist Wendelin Wiedeking CEO von Porsch?“, frage ich auf Englisch. Ergebnis: Wiedeking wird nicht erkannt, zu Porsche gibt es Aktienkurs-Analysen in einer breite, die allein für Wirtschaftsmathematiker interessant sein dürfte.
Also mal die US-Variante: „Wie lang war Jack Welch CEO von General Electric?“ Reaktion: „Nicht sicher, was Sie meinen. Verwandte Begriffe: Jack Welch und General Electric.“ Ein Klick auf den Konzernnamen liefert wieder die Kursanalysen, ein Klick auf den Namen dürre Geburtsdaten und eine unbrauchbare Zeitleiste.
Überhaupt: diese Zeitleiste. Sie tauch immer bei Personen auf und besteht aus einem Strich, der bei der Geburt beginnt. Ihr aktuell einziger Sinn scheint die Anzeige zu sein, dass die bewusste Person noch unter uns weilt.
So geht es immer weiter. Bemerkenswert: Wolfram Alpha saugt seine Daten aus anderen Quellen und zeigt sie bei sich an – ohne zu offenbaren, welche Information von wo stammt. Das findet sich unten rechts versteckt. Würde Google so vorgehen, gäbe es wohl mächig Ärger.
Seine Stärken hat der Dienst im Bereich Mathematik und Naturwissenschaften. Nur: Besitzen die Interessenten solcher Fachinformationen diese nicht längst? Und: Astronom Florian Freistetter ist ebenso enttäuscht.
Sicher, nach einen Wochenende der öffentlichen Existenz sollte man einen Dienst nicht runterschreiben. Doch muss sich Alpha an dem messen lassen, was seine Erschaffer versprachen. Und da bleibt nur ein Urteil: Für weite Teile der Netz-Nutzer wird Alpha auf absehbare Zeit hin keinen Nutzen erbringen.
Die größte Enttäuschung aber ist: Nicht einmal das Versprechen, man könne Fragen stellen statt plumper Begriffe, wird gehalten. Die ausgeworfenen Ergebnisse sind durch die Bank brauchbarer, vermeidet man Fragestellungen.
Wolfram Alpha ist eine Technologie in ihren frühen Anfängen, aber keine Suchmaschine. Zu einem Google-Killer reicht es längst nicht. Im Gegenteil: Google scheint mit seiner jüngst vorgestellten „Squared“-Technik schon weiter zu sein.
All das erinnert mich an das vergangene Jahr. Im Sommer kam reichlich Wirbel auf um eine neue Suchmaschine namens Cuil. Auch sie wurde schon vor dem Start medial bejubelt:
„Nun gibt’s aber einen neuen Herausforder – und der könnte dem Giganten wenigstens etwas Marktanteile wegnehmen“ („Berliner Zeitung“)
„Eine neue Suchmaschine trifft nicht ins Schwarze“ („FAZ“)
„Wie Google, nur belesen“ („Frankfurter Rundschau“)
Und heute? Sind die Ergebnisse von Cuil zwar besser geworden als in der desaströsen Anfangszeit. Doch liegen sie weiter zurück hinter Google und Yahoo. Ähnliches sahen wir auch bei der inzwischen eingestampften Suchmaschine von Wikipedia-Gründer Jimmy Wales: Erst Hype, dann Absturz.
Der nächste, der sich aufmacht, eine Suchmaschine zu starten wäre also vielleicht gut beraten, etwas stiller zu sein im Vorfeld. Denn langsam entsteht der böse Verdacht, dass hinter der hohen Bugwelle vieler Suchmaschinenerfinder lahme Dampfschiffe schippern – angetrieben von viel heißer Luft.
Nachtrag: Erst einige Stunden nach diesem Eintrag ist mir etwas ein Gedanke in den Kopf gekommen. Wolfram sieht als Teil seines Businessplans die Lizenzierung von Inhalten. Wenn er aber keine originären Inhalte erstellt, sondern sie aus vielen Quellen sammelt – läuft er nicht Gefahr Rechte zu verletzen? Könnte Wolfram Alpha etwa ein intellektueller Raubkopierer sein?
Kommentare
Thomas 17. Mai 2009 um 16:53
\“Überhaupt: diese Zeitleiste. Sie tauch immer bei Personen auf und besteht aus einem Strich, der bei der Geburt beginnt. Ihr aktuell einziger Sinn scheint die Anzeige zu sein, dass die bewusste Person noch unter uns weilt.\“
Gibt man mehrere Personen ein, kann man daran erkennen, inwiefern sich ihre Lebenszeit überschnitten hat. Kannte Konrad Adenauer (theoretisch) den Kaiser noch persönlich?
Ingesamt gefällt mir Wolfram Alpha als Spielerei sehr gut. Stell Dir vor Du bist Wirtschaftsjournalist und willst mal eben die Arbeitslosenzahlen von Deutschland, Polen und Frankreich vergleichen. Sollte man wegen der möglichen Fehlerquote der Technik nicht machen, aber ist theoretisch ne superschnelle Anwendungsmöglichkeit.
Ansonsten, ganz klar: der mediale Hype ist übertrieben gewesen in Sachen Google-Konkurrenz, aber das stört mich nicht. Hypes sind doch toll.
Die lustigsten Suchergebnisse finden sich übrigens auf meinem Blog, dazu einfach \“\“spaß mit wolfram alpha\“ bei… Google eingeben… 😉
Matt Winkelmann 17. Mai 2009 um 17:10
Ich musste letztens die Temperaturen in verschiedenen Südamerikanischen Städten an einem gewissen, länger vergangenen Datum finden. Hat etwas drei Stunden gedauert. Mit Wolfram Alpha klappt es tatsächlich in wenigen Sekunden. Auch z. B. bei Genen (eher mein Fachgebiet) sind die Ergebnisse recht brauchbar.
Patrick 17. Mai 2009 um 17:20
\“Wer Google fragt, erhält Links. Wer Wolfram Alpha fragt, bekommt Antworten.\“
Genau das ist auch das Prinzip von Alpha.
Deshalb sind Aussagen wie \“…Ergebnisse von eher unterdurchschnittlicher Brauchbarkeit…\“ imho wenig haltbar, auch wenn der Umfang von Alpha noch ausgebaut werden muss.
Selbstverständlich ist das eher ein Wissenschaftstool und kein \“Paris Hilton naked Pics\“-Helfer.
Angesichts dessen, wie (wenig) weit Google mit seinem semantischen Verständnis bislang ist, sind der Ergebnisse von Alpha bereits erstaunlich.
Deshalb fand ich es auch sehr witzig, dass Journalisten, die Alpha testen durften, simple Begriffe eingaben. Das Prinzip ist ein anderes. Hier soll man nicht Seiten finden, auf denen die Suchbegriffe vorkommen. Deshalb sind die Vergleiche mit Google auch schwierig. Google will zwar auch semantisches Verständnis implementieren, scheitert aber noch kläglicher.
Übrigens finde ich Ihre Medienkritik hier unfair. Cuil und Alpha wurden in Blogs und Foren weit mehr gehypt als in FAZ, Süddeutsche und Co. 😉
Thomas 17. Mai 2009 um 17:33
\“Selbstverständlich ist das eher ein Wissenschaftstool und kein \“Paris Hilton naked Pics\“-Helfer.\“
Wohl der Grund schlechthin, warum Wolfram Alpha scheitern wird 😉
Heiner 17. Mai 2009 um 18:41
Ich hoffe doch, dass Du deine ersten Suchanfragen nicht wirklich auf Deutsch gestellt hast. Denn das kann man zum Start der Seite nun wirklich noch nicht verlangen – wenn überhaupt.
Im Übrigen kann ich mich Patrick nur anschließen. Ein Großteil der Ergebnisse, die man erhält mögen derzeit noch unbrauchbar sein, aber das System dahinter ist interessant und funktioniert. Und das unterscheidet die Seite eben auch von reinen Suchmaschinen wie Cuil und Google. Dass es Google natürlich nicht \“killen\“ wird, kann oder will – darüber müssen wir gar nicht diskutieren.
Davon abgesehen habe ich selbst noch viel schlechterer Erfahrungen gemacht: Ich habe bisher keine einzige Suchanfrage beantwortet bekommen. Wenn die Seite mal nicht überlastet ist, stürzt mein Browser zuverlässig noch vor dem Ergebnis ab. Ich sollte also eigentlich ein vergraulter Wolfram-Kritiker sein. Aber ich glaube trotzdem daran, dass daraus noch etwas Wertvolles werden kann.
shd 17. Mai 2009 um 19:09
Man merkt das der Autor entweder genauso wenig Ahnung hat wie die von ihm kritisierten Medien, oder einfach polemisert werden soll. Wolfram Alpha soll keine Konkurrenz zu Google sein, weil W-Alpha keine Suchmaschine ist.
Genauso gut könnte man eine Bibliothekar mit der Bibliothek vergleichen…
shore 17. Mai 2009 um 20:16
Auch wenn im Spiegel selten was sinnvolles zur Technik oder gar zum Web steht, bei der Wolfram Suchmaschine ist mal dargestellt, was sie können soll und in welche Richtung das ganze geht.
Der Vergleich mit Google ist so, als würde ich ein Containerschiff mit einem Flugzeug vergleichen. Beide bringen was von A nach B, der Zweck ist ein komplett anderer. Daher bitte auch den Zweck von WolframBeta verstehen und danach erst verreißen.
Und nur weil einige verstaubte Journalisten in den Zeitungen es nicht verstehen, ist das Projekt nicht Müll. Eine Learjet ist auch nicht Müll, nur weil ein Journalist anpreist, er sei 100 mal schneller als ein Containerschiff um dann festzustellen, dass man nicht ein mal 1/1000 mitnehmen kann.
Artikel leider nur in der Printversion mit dem \“Gier\“ Cover, also von der letzten Woche. Solltet ihr ja im Haus haben, also nachschlagen und nachlesen.
Laura 17. Mai 2009 um 20:36
Ich kann den Vorkommentatoren shd und shore nur zustimmen.
Interessanterweise fehlen im Artikel auch konkrete Quellen, insbesondere zu den Aussagen von Stephen Wolfram.
Wolfram Alpha ist keine Suchmaschine im eigentlichen Sinne und soll auch keine Ergebnisse mit beliebigen HIts auf tausenden irrelevanten Internetseiten bieten. Es ist viel mehr ein intelligentes Lexikon, mit dem sich Informationen komfortabel zusammenstellen und vergleichen lassen.
Ich habe Wolfram Alpha nach dem Launch schon mehrmals genutzt, um gezielte Informationen zu erhalten und habe diese bei 3/4 meiner Suchanfragen auch erfolgreich bekommen.
Lupus 17. Mai 2009 um 20:58
Ja Klasse – früher hat man immer Witze über MalerMeisterMeier@t-online.de gemacht und nun soll MMMeier@gmail.com hip sein? Das ich nicht lache – überhaupt, wie dumm kann man sein teilweise sensible Daten Google an zu vertrauen? Ich Wette eine Kiste Sekt, dass es in den nächsten 24 Monaten da noch ein paar hübsche Skandale gibt 😀
Meyeah 17. Mai 2009 um 21:38
\“Denn längst sind viele abhängig von Google. Nicht von der Suchmaschine, auf die ließe sich vielleicht noch verzichten. Nein, es geht um Gmail, Google Docs und ähnliche Dienste, die vor allem Selbstständige gerne nutzen.\“
Nicht nur in der Hinsicht, sondern auch im allgemeinen deutschen Sprachgebrauch seit einer Weile. Wie oft wird beispielsweise das Wort \“googlen\“ bzw. \“gegooglet\“ verwandt?
So oft doch zumindest, dass sich daraus schlussfolgern ließe, es gäbe keine anderen Suchmaschinen mehr.
Für mich schon irgendwie eine beängstigende Entwicklung.
Falk D. 17. Mai 2009 um 21:44
Ich habe eben die schwurbeligsten Differentialgleichungen überhaupt mit Wolfram gelöst. Mit Maple hätte das länger gebraucht
Thomas Knüwer 17. Mai 2009 um 22:29
@Heiner: Selbstverständlich waren die Fragen auf Englisch. Derzeit ignoriert Wolfram Alpha ja sogar Umlaute.
Avantgarde 18. Mai 2009 um 4:09
Frage: Purpose of life?
Wolfram|Alpha isn\’t sure what to do with your input.
Mist
Heri 18. Mai 2009 um 9:04
Meine zarten Versuche mit WA wurden leider durch eine Überlastungsmeldung gestoppt.
Britta Stahl 18. Mai 2009 um 9:17
Mal auf Wolfram Alpha (Beta) warten und dann schauen, ob alles reibungsloser funktioniert. Die Ansätze bisher sind nicht schlecht und die dahinter stehende Idee ist hervorragend!
Till 18. Mai 2009 um 11:46
Bei den wirklich wichtigen Fragen gewinnt Wolfram Alpha doch haus hoch. 🙂
http://www.doppelter-wortwert.de/2009/05/17/der-ultimative-vergleichstest-wolfram-alpha-vs-google/
Senior Consultant Lars 19. Mai 2009 um 16:38
Was gar nicht, was Sie wollen, Herr Knüwer, als ich den \“Deep Thought\“-Versuch machte, und nach dem Sinn des Lebens fragte, bekam ich eine korrekte Antwort mit korrekter Quellenangabe
(..für alle die es nicht wissen, die Antwort lautet: 42)
Ein Leser 19. Mai 2009 um 21:31
Viel Hype und nichts dahinter. Wolfram Alpha ist Mathematica im Web aber sonst garantiert nicht mehr…
Die VC Kapitalgeber sollten sich auf einen Totalverlust einstellen…
Senior Consultant Lars 20. Mai 2009 um 9:46
@ Avantgarde:
Die Antwort ist 42, aber wieder mal kannte keiner die richtige Frage 😉
Martin 20. Mai 2009 um 10:21
Nach äußerst uninteressantem Einstieg des Autors habe ich an dem Punkt aufgehört zu lesen, bei dem WolframAlpha (im zweiten Abschnitt) als Suchmaschine bezeichnet wird.
Allein die Eingabe von \“Knuewer\“ zur Findung semantischer Daten zu seiner Person macht mich schon sprachlos. Mit \“Handelsblatt\“ habe ich bisher zumeist fundierten Journalismus verbunden…
Thomas Knüwer 20. Mai 2009 um 15:02
@Martin: Wenn Sie zuende gelesen hätten, hätten Sie auch gelesen, dass die Eingabe meines Namens mein erster Schritt war.
Martin 21. Mai 2009 um 0:27
? Die Aussage meines Kommentars zielte ja gerade eben daraufhin, dass Sie mich in keiner Weise als Leser erreichen konnten, bei einem (meiner Meinung nach aus bereits oben genannten Gründen) unprofessionen Einstieg in diesen Artikel.