Skip to main content

Ich gebe zu: Ich hab ein wenig gesabbert. Bildlich gesprochen, natürlich. Weil ich so gerne jetzt schon Google Wave hätte, den neuen Dienst, den der Web-Konzern gestern Nacht vorgestellt hat.

Funktioniert er so, wie Google ihn präsentiert hat, könnte er das, was wir heute E-Mail nennen, revolutionieren. Und: Er ist der Traum für Zeitungs- und Magazinredaktionen. Die gestrige Nacht (deutsche Zeit) war eine für die PR-Lehrbücher. Da kündigt Microsoft den Neustart seiner Suchmaschine an, seit Wochen ist der Termin bekannt, schon gibt es Gerüchte um eine große Werbekampagne. Auf der D7-Konferenz soll es Details geben, während eines Interviews zwischen „Wall Street Journal“-Mann Walt Mossberg und MS-Boss Steve Ballmer.Kaum sitzen diese beiden beisammen geht Google auf der Programmiererkonferenz IO hin – und haut ihnen das alles um die Ohren, wendet die Schlagzeilen für sich mit einem Dienst, der revolutionär ist und noch dazu Microsoft Outlook attackiert. Da kann man nur den Hut ziehen. Noch dazu, da es für Bing auf der D7-Konferenz sicher Applaus geben würde – aber etwas wie Wave vor 4000 Programmierer eine Reaktion auslösen würde, wie der Aufstieg von Fortuna Düsseldorf bei deren Fans.

Doch nicht nur die PR, auch das Produkt ist faszinierend. Für jene, die es noch nicht gesehen haben, hier die Präsentation von Wave:

Egal ob von Google oder jemand anders: Diese Art Software könnte die Arbeit von Journalisten grundlegend verändern. In der sanften Variante ist Wave wunderbar für Artikel, an denen mehrere Autoren arbeiten. Sie könnten das gleichzeitig tun, per Nachrichten über einzelne Passagen diskutieren, vielleicht gar Dateien einklinken, die ein anderer Autor dann in Text verwandelt. Und das alles live.

Noch spannender aber wäre Wave im Einsatz bei Terminen. Dann, wenn es eng wird, weil ja eine Zeitung gedruckt werden muss. Der Autor könnte beginnen zu schreiben, während der redigierende Produktionsdesk den Text parallel schon einsieht und Anmerkungen machen könnte. Gibt es noch Korrektoren, die sich um Rechtschreibung und Grammatik kümmern, könnten diese schon eingreifen.

Gut, ich sehe schon Panik bei manchen Kollegen aufkommen. Denn sie möchten gerne erstmal vor sich hinschreiben, bevor jemand zugreift. Empfänden Zwischenkommentare als störend. Keine Frage: Die Anpassung an diese neue Form des Arbeitens würde sicher einige Zeit brauchen. Dann aber könnten Journalisten erheblich wirtschaftlicher und gleichzeitig schneller arbeiten.

Erst recht, wenn ein schlauer Programmierer es schaffen würde, die Grundtechnologie auf ein Redaktionssystem zu übertragen: Dann würden alle Beteiligten nicht nur parallel an einem Text arbeiten – sondern könnten ihn direkt anpassen an ein vorgegebenes Layout. Wäre ich Programmierer – darauf würde ich mich stürzen.


Kommentare


niels 29. Mai 2009 um 15:16

Die meisten Redaktionen dürften noch längst nicht so weit sein. Ich kenne um vier Ecken einen Tv-Redakteur, der seine Meldungen in Word textet und dann fertig per copy&paste ins Redaktionssystem schmeisst, weil er Angst vor dem kritischen Auge seines CvD hat.

Antworten

Thomas Geh 29. Mai 2009 um 15:18

Herr Knüwer, Sie scheinen ja nicht gerade experte zu sein was Software heute alles so kann. Sie kennen also weder das OpenMedia NewsRoomSystem von Annova noch SharePoint Server und Office2007 von Microsoft. Das was Sie hier so hochpreisen, nutze ich heute schon LIVE 😉 viel spass beim warten..

Antworten

Arno 29. Mai 2009 um 15:21

Ob ein Artikel wirklich schneller fertig wird, wenn einem die ganze Zeit jemand im Text rumpfuscht? Macht es Sinn, Formulierungen zu redigieren/korrigieren, die der Autor ohnehin noch wieder ändert oder ganz rausschmeißt? Ob das Zeit und Kosten spart, wage ich zu bezweifeln.

Antworten

Thomas Knüwer 29. Mai 2009 um 16:28

@Thomas Geh: Haben Sie sich das Wave-Video angesehen? Ich glaube, wir sprechen nicht ganz vom Gleichen. Ich kenne kein System, in dem mehrere Menschen gleichzeitig sichtbar editieren UND kommunizieren können.

Antworten

Lorenz Lorenz-Meyer 29. Mai 2009 um 16:44

Wenn ich das richtig verstanden habe, kann ich bei Wave noch am dritten Absatz schreiben, während die Kollegen in der Redaktion schon im ersten und zweiten (oder sogar auch im dritten) rumpfuschen.

Im Prinzip kann die Redaktion Buchstabe für Buchstabe, die ich gerade eingebe, gleich wieder löschen. (\“Der Lorenz-Meyer ist immer so geschwätzig. Da kürzen wir lieber gleich live…!\“)

Und ich muss dabei zugucken. 😉

Antworten

Jan_Peter 29. Mai 2009 um 17:00

Müssen denn alle Journalisten noch schneller arbeiten, damit noch mehr Fehler passieren, alles noch hastiger wird?

Antworten

Lorenz Lorenz-Meyer 29. Mai 2009 um 18:00

Naja, das erzwingt die Technologie ja nicht. Sie ermöglicht es vielleicht. Aber sie ermöglicht einfach auch BESSERE Zusammenarbeit.

Antworten

Ugugu 29. Mai 2009 um 21:29

Und immer dann, wenn es grad so schön kuschelig wird, kommt wieder einer dieser Google-Skeptiker um die Ecke *hüstel* also die wirklich \“breakenden\“ Stories würde ich jetzt nicht unbedingt auf einem Server in Palo Alto bearbeiten. Und überhaupt, warum nicht wenigstens ein Schrittchen weiter gehen (für ganz mutige Redakteure) und die Anmerkungen der Leser ebenfalls gleich in den Entstehungsprozess einfliessen lassen?

Antworten

Lorenz Lorenz-Meyer 30. Mai 2009 um 1:41

Das obligate Geraune. Ugugu, schau dir das Video an. Google Wave ist ein offenes Protokoll. Google lädt andere Provider ein, Wave-Server zu installieren. Und wenn ich will, kann ich eine Wave in mein Blog einbinden und die Leser tatsächlich gleich mitkommentieren lassen. Mein Tipp: Einfach mal das Video ansehen. Und erst dann raunen.

Antworten

Klaus Wolfrum 30. Mai 2009 um 6:04

@Ugugu
😉

@Thomas Knüwer
Ich sehe die Möglichkeit der Echtzeitübersetzung sehr interessant. Autoren verschiedener Sprachen arbeiten an einem Dossier und die Sprache im Austausch nebenher spielt eine untergeordnete Rolle. Das hat interessante Möglichkeiten.

Antworten

Klaus-Martin Meyer 30. Mai 2009 um 13:35

mit einem ähnlich gearteten ansatz versucht gerade der http://www.staatshilfe-rechner.de der politik die show zu stehlen!

Antworten

Zapata 31. Mai 2009 um 23:42

Herr Dr. Bernd Graff der große Internet-Experte von suedeutsche.de führt dazu aus: \“…Das kostenlose Angebot soll in den kommenden Monaten an den Start gehen. Es wird als Open-Office-Projekt angelegt sein. Das heißt, die Nutzer haben Zugang zum sogenannten Quellcode und können Google Wave stetig weiterentwickeln…\“
quelle: http://www.sueddeutsche.de/computer/774/470324/text/
Demnach ist es also kein Open-Source *g*

Zapata

Antworten

bobbo 1. Juni 2009 um 0:42

wenn\’s nicht kürzer als in anderthalb stunden geht, kann\’s nicht doll sein ;>

Antworten

Franziska 1. Juni 2009 um 17:13

Es gibt eine Kurzfassung der Präsentation, die nur 10 Minuten dauert.

http://www.youtube.com/watch?v=Itc4253kjhw

Antworten

Frank Weber 2. Juni 2009 um 16:36

Öhm, doch Herr Knüwer, es gibt einige \“Software\“ , die schon lange Collaboration mehrerer Teilnehmer anbietet. Ich weiß nicht, wie in Reaktionsräumen gearbeitet wird, aber bei uns ist das seit einiger Zeit üblich.
Die Arbeitsergebnisse werden dadurch aber auch nicht automatisch besser…

Antworten

Thomas Knüwer 2. Juni 2009 um 18:17

@Frank Weber: Nochmal zur Klarstellung. Es geht hier nicht um eine Zusammenarbeit mehrerer Menschen an einem Projekt, zum Beispiel einem Text. Es geht um die gleichzeitige und für alle Seiten sichtbare Bearbeitung.

Antworten

Jo 3. Juni 2009 um 0:28

Doch, es gibt diese Editoren für eine gleichzeitige und für alle sichtbare Bearbeitung.
Recherchieren Sie mal zum Thema \“Echtzeit-Editor\“. Sie werden sicherlich über Google einige Hits finden.
SubEthaEdit wäre da z.B. ein Kandidat.

Antworten

Ingmar 8. Juni 2009 um 4:30

Danke für Eure Beiträge zu Wave!

Wir beginnen gerade das erste \“German Wave Camp 2009\“ anzuschieben:

http://WaveCamp.org

WaveCamp.org dient als Netzwerk zur Vorbereitung und Planung des German Wave Camp 2009 in Berlin sowie dem monatlichen WaveWednesday in Berlin.

Diese (Un-) Konferenzen sollen dazu beitragen die gesellschaftliche Innovation rund um das Google Wave Federation Protocol in Deutschland zu fördern und die an diesem Ziel Interessierten miteinander zu verbinden.

Das Netzwerk ist offen für alle, die gerne mitmachen möchten! In den Foren können auch kreative Gedanken ausgetauscht werden rund um den Einsatz von Wave in Bildung, Unternehmen, Organisationen usw.

Falls euch Wave noch mehr interessiert und ihr Lust an weiterem Austausch habt, schaut einfach vorbei. Wir würden uns freuen euch auch dabei zu haben! 🙂

Liebe Grüße
Ingmar

Antworten

Du hast eine Frage oder eine Meinung zum Artikel? Teile sie mit uns!

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

*
*