Betrachten Sie bitte einmal dieses Video. Sollten Sie eine der beiden Personen darin erkennen – versuchen Sie bitte, das auszublenden. Schauen Sie einfach mal rein:
Diese Debattenaufzeichnung fand ich im Blog Nico Lumma. Es handelt sich um ein Gefecht zwischen Dirk Niebel und Ronald Pofalla, den Generalsekretären von FDP und CDU. Und sicher, der Generalsekretär an sich ist nun mal der Pitbull einer Partei.
Doch ist nicht genau das ein Problem in diesen Tagen? Dass deutsche Politiker glauben, ihre seit Jahrzehnten gelernten Rollen und Verhaltensweisen einfach so weiter zu tradieren, während die Welt um sie herum sich gewaltig wandelt?
Solche Videos wird es in den kommenden Wochen und Monaten viele geben. Mal werden die Volksvertreter wissen, dass eine Kamera auf sie gerichtet ist, manchmal nicht. Diese Bilder, gepaart mit Bildern und Anekdoten, werden vielleicht noch nicht direkt den Wahlausgang zu Gunsten oder Ungunsten einer Partei beeinflussen. Doch sie werden dafür sorgen, dass zahlreiche Menschen sich in der Haltung bestätigt fühlen, nicht wählen gehen zu müssen. Weil jene, die sie dort wählen, sich in der Öffentlichkeit manchmal aufführen wie ein Kaspar. Und das ist nicht gut für unsere Gesellschaft.
Kommentare
lupe 10. März 2009 um 10:29
Neinnein, sie führen sich nicht auf wie Kasper, sie sind welche, Handpuppen oder Marionetten, das ist egal, die vom Großkapital geführt werden. Ich wähle schon sehr lange nicht mehr.
Warum werden die Pfeifen ständig in den Medien herumgereicht? Sollen sie doch jeder eine Webseite aufmachen und dort ihr Geschwätz anbieten. Wer es sich antun will, kann hinklicken.
Nur an ihren Taten sollt ihr Journalisten sie messen, nicht an ihrem Gequatsche. Wer nichts tut, hat in den Medien nichts verloren – war nur so eine Vision, denn billiger, schneller und damit bequemer können Zeitungen ihre Seiten nicht füllen als mit dem Quark, den Politiker ablassen.
Lukas 10. März 2009 um 11:43
Das Video erinnert mich an eine meiner ersten Begegnungen mit der Politik als Kind: Anfang der Neunziger war 14:03 Uhr der Traditionssendeplatz der \“Sesamstraße\“ in der ARD. Eines Tages schaltete ich den Fernseher ein und sah (das wusste ich) Politiker im Bundestag. Weil die sich aber alle ganz laut über den kleinen dicken Mann mit Brille kaputtlachten, dachte ich zunächst für einige Minuten, das *sei* Kinderprogramm und man mache sich dort über Politiker lustig.
Als die auch nach zehn Minuten nicht zu reden aufhörten, dämmerte mir, dass ich Opfer einer Programmänderung geworden war.
Peer 10. März 2009 um 12:07
Oha.
Einerseits wird viel über das politische Personal gemosert – und ich finde zu recht. Manchmal frag ich mich ernsthaft, wie diese Menschen, angefangen vom Oberbürgermeister irgendwelche Städte bis hin zu Bundesministern, ernsthaft davon ausgehen, dass sie irgendwer ernst nimmt.
Andererseits ist es aber auch so, dass sich viele, die sich über Politiker beschweren, selbst völlig inaktiv sind.
Ich fürchte, viele fähige und kompetente Menschen, machen einen großen Bogen um das Politikgeschäft. Was sagte mir jemand in einem Hintergrundgespräch, warum er von der Politik in die Wirtschaft gewechselt ist: \“Naja, der Einfluß der Politik ist ja durchaus beschränkt.\“
Aber ich glaube, Sie Herr Knüwer, meinen etwas anderes: Wie kann man sich eigentlich in unserem Medienzeitalter so benehmen?
meine Antwort: lieber so, als glattgefeilt.
Die politischen Talkshows der ÖR sind dagegen dermassen langweilig.
Schupi 10. März 2009 um 16:10
:-DDDDDD Ist das herrlich bekloppt!
Solon 10. März 2009 um 16:52
Pofalla hatte eindeutig die lautere Stimme. Er hat also gewonnen. Deshalb wähle ich den jetzt.
Tim 10. März 2009 um 18:41
@Solon:
Korrekt. Niebel braucht ganz dringend eine Zweitstimme.
Marco 10. März 2009 um 19:15
lupe,
Neinnein, sie führen sich nicht auf wie Kasper, sie sind welche, Handpuppen oder Marionetten, das ist egal, die vom Großkapital geführt werden.
Also, diese antikapitalistischen Verschwörungstheorien werden durch permantentes Wiederholen nicht richtiger. Natürlich nehmen auch Wirtschaftslobbyisten auf die Politik Einfluss. Allerdings, man vergleiche mal, wie viele Politiker im Bundestag z.B. Gewerkschafter sind. Bis auf eine handvoll internationaler Großkonzerne hat die Wirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland überhaupt nichts zu sagen.
Allerdings ist es auch völlig unerheblich, wer Einfluss nimmt. Politik ist das Problem. Nicht eine bestimmte Politik, nicht eine \“rechte\“ oder \“linke\“ Politik, sondern Politik an sich.
Uwe 10. März 2009 um 20:21
Und ich, zum Glück, war noch nie wählen. Und stolz darauf.
Lobbyisten nennen dass dann meist \“huh, du gibst den Rechten Deine Stimme\“. Bullshit.
Nie-Raucher und Nie-Wähler. So muss das sein!
Horst 10. März 2009 um 21:31
Ich halte es wie Peer:
\“meine Antwort: lieber so, als glattgefeilt.\“
Es gibt viel zu viele, die sich \“mediengerecht\“ verhalten. Die schaden der Glaubwürdigkeit der Politik in weitaus größerem Maße als diese beiden Herren — von denen ich persönlich nun auch nicht allzu viel halte. Trotzdem…
(pb) 10. März 2009 um 22:37
Lustig, Marco,
\“Allerdings ist es auch völlig unerheblich, wer Einfluss nimmt. Politik ist das Problem. Nicht eine bestimmte Politik, nicht eine \“rechte\“ oder \“linke\“ Politik, sondern Politik an sich.\“
Stimmt, dann kann man sich Verschwörungen im Hinterzimmer natürlich sparen 😀
Apropos Verschwörungstheorien: Seit Ewigkeiten versucht das Bundeskartellamt eine Absprache bei Benzinpreisen zu belegen. Ich muss dann immer grinsen. Was sollen die sich absprechen? Die schlagen doch ihre Preise an großen Tafeln an! Und gemeinsam nimmt man halt mit, was man so kriegt. Fast ohne zeitlichen Delay.
\“Verschwören\“ braucht sich heute niemand mehr. Das musste man früher vielleicht, um sich frühzeitig gemeinsam abzustimmen, denn schließlich brauchten Informationen eine Ewigkeit.
Kurz zurück zum Thema: Ja, die \“mit Anstrengung aus einem Unternehmen oder einer Partei heraus massierten Botschaften (früher: \“Sprachregelung\“, heute: \“Wording\“) schaden der Glaubwürdigkeit\“, so sagte es mir mal der Chef einer PR-Agentur.
Mittlerweile haben PR-Strategen natürlich die Authentizität als Beratungsthema entdeckt, weil sie merken dass dem ganzen Politik-Geschwurbel keiner mehr zuhört. Wozu auch? Ich kann oft nicht mehr folgen, welchen Interessen ein Politiker vorm Mikro grade vertritt.
Allerdings liegt in dem ganzen Beratungs-Hype auch ein Maleuhr: Mit der Authentizität ist es so wie mit der viel beschworenen Transparenz zum Zweck der Glaubwürdigkeitssteigerung.
Entweder man ist Transparent, oder eben nicht.
Entweder man gibt sich so wie man ist und sagt, was man meint, oder eben nicht.
Das Video ist vielleicht nicht Vorteilhaft, aber es zeigt zwei Politik-Möchtegern-Bohlens. Das ist ja schonmal was.
Apropos Bohlen: Der Musikproduzent spielt zwar eine Medienj-Rolle, aber es ist seine Rolle. er spielt sich selbst, und das ziemlich gut! Der Typ ist exemplarisch dafür erfolgreich authentisch und transparent zu sein.
Das schafft er aus folgenden Gründen:
– Er ist von sich und seiner Sache vollkommen überzeugt (und war es immer schon gewesen, auch als er noch keinen Erfolg hatte. PR-Menschen und Unternehmensberater nennen sowas \“eine Vision und Mission haben\“, damit der Kunde nicht das Gefühl hat, er müsse sich dafür jetzt festlegen oder so was taktisch unvorteilhaftes. (Helmut Schmidt, der sich seiner Sache immer sicher war, sagt deswegen auch, dass Menschen mit Visionen zum Arzt gehen sollten.) )
– Kompetenz: Sein Erfolg gibt ihm recht, was ihm wiederum eine
– Unabhängigkeit gibt.
Letztendlich kann er sich benehmen wie er will: Wenn ihm das alles zu sehr auf den Sack geht, muss er das nicht machen.
So, wenn wir uns jetzt über politische Kommunikation unterhalten, dann können die Kommunikationsberater noch so viel Honorare einfahren wie sie wollen, und werden nichts ändern.
Denn die Bohlen-Kriterien für eine Kommunikationsstrategie, die einem auch erlaubt mal was echt gemeines zu sagen, werden halt nicht von vielen Politikern erfüllt. Unabhängigkeit und Kompetenz, um eine erfolgreiche Idee durchzusetzen, was einen erst in die Lage versetzt, seinen Charakter (wenn man einen vorzeigbaren hat) zu einer Marke auszuleben.
In so fern ist das Video wohl voll authentisch und schafft etwas transparenz.
***
PS: \“ Bis auf eine handvoll internationaler Großkonzerne hat die Wirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland überhaupt nichts zu sagen.\“ Na, wenn\’s sonst nix is, is ja gut 😉
Bob 10. März 2009 um 22:41
Hey,
nichts gegen Pitbulls. Gescheit erzogen sind das gute Haustiere. Meist befindet sich das Problem am anderen Ende der Leine.
Gruß
THL 10. März 2009 um 23:34
Wahrscheinlich sind Sie beim selben Rhetorik-Trainer. Mal sehen, was der ihnen nun als Reaktionsmöglichkeit für so eine Situation mitgibt. Vielleicht schweigen Sie ja dann das nächste Mal im Chor ab Sekunde Nummer 10 oder fangen an sich gegenseitig hämisch auszulachen?
Wir dürfen gespannt sein!
Hätte sich das ein Kabarettautor ausgedacht, hätte man gesagt: \“Der übertreibt aber wieder…\“
Mein Geschmack sind solche Gespräche nicht.
Claudia 11. März 2009 um 9:16
Wer Politiker nach ihrem Unterhaltungspotenzial beurteilt anstatt anhand ihrer Taten und der vertretenen Inhalte, muss sich nicht wundern, solches Kasperltheater geboten zu bekommen.
Michael Finkenthei 11. März 2009 um 10:43
@claudia, nachdem sowohl die Taten als auch die Inhalte die Inkompetenz schon zur Genüge belegen – was, ausser dem Unterhaltungswert soll denn an solchen Figuren noch interessant sein?
Korrigieren Sie mich gerne, aber meines Wissens ist jemand, der kompetent die Kernprobleme der Wirtschaftskrise vermittelt und valide Lösungsansätze bietet, nicht in Sicht. Und als Interlude gibts halt solche. Muss ja keiner hinsehen, der nicht will.
Daniel 12. März 2009 um 9:37
Ganz wunderbar. Ein Maischbergerismus. Der \“Verhindert schwarz-gelb, das wird schrecklich\“-Rufer hebt das alles nochmals auf eine andere, komischere Ebene – sich vorzustellen, dass ab Herbst das Kabinett so tagt…