Skip to main content

Man mag mir beim Folgenden vorwerfen, ich hege Verschwörungstheorien. Doch nach den Äußerungen der vergangenen Tage aus dem Hause der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ gehe ich schwer davon aus, dass diese versucht, kleine Tageszeitungsverlage sturmreif zu schießen – um sie dann zu übernehmen. Die deutsche Zeitungslandschaft steht vor einer kräfitgen Konsolidierung, bei der am Ende wohl nur die Großen übrig bleiben werden. Bodo Hombachs Denk-DNA, das darf man nie vergessen, ist politisch geprägt. Und so taktiert die eine Hälfte des Führungsgremiums des Waz-Konzerns häufig so, als sei Essen so was wie die Hauptstadt. Das Gegenstück dazu darf dann „Waz“-Chefredakteur Ulrich Reitz bilden, dessen jüngstes Verhalten mit angelsächsischen Begriffen wie „loose gun“ oder „unguided missile“ nur noch ansatzweise beschrieben ist.

Hombach aber spielt gelegentlich Diplomatie-Schach mit der Öffentlichkeit. Jüngst lud er Medienjournalisten zu Interviews und Hintergrundgesprächen. Daraus entstanden verschiedene Meldungen, die zusammenhanglos scheinen – doch ich fürchte, sie sind es nicht.

Zunächst geht es da um eine Aufweichung des Kartellrechtes. Dem Kollegen Peter Steinkircher von der „Wirtschaftswoche“ sagte Hombach:
„Das Kartellgesetz in Deutschland verhindert, dass sich benachbarte Zeitungsverlage gegenseitig stabilisieren. Es zwingt Verlage zu einer Flickenteppich-Strategie. Natürlich gibt es einige sehr interessante Projekte im Regionalzeitungsbereich, die wir uns ansehen. Aber leider ist gerade das, was den größten ökonomischen Vorteil ausmachen könnte, nämlich die verlagswirtschaftliche Verknüpfung, bei gleichwohl unabhängigen Titeln in angrenzenden Gebieten kartellrechtlich verboten.“

Gleichzeitig wird der „Waz“-Boss nicht müde zu betonen, dass Deutschlands Verlage bisher nicht um Staatshilfe gebeten haben. Es scheint, hier wird eine Hand zum Bunde gereicht: Lockerung des Wettbewerbsrechts gegen das Schweigen in Sachen Schutzschirm. Und es bedarf keiner großen Prophetie um zu ahnen, dass Hombach hier nur von den anderen Großverlagen vorgeschickt wird.

Was dann noch fehlt, sind Übernahmeobjekte. Sicher, den kleinen Verlagen geht es so dreckig wie den großen, in diesen Tagen. Doch bedarf es eben noch eines Stupsers, um sie in den Abgrund zu schicken – uum Beispiel einer Preisänderung bei DPA. Auf die drängt die „Waz“ ebenfalls.

Zitat „Financial Times Deutschland“:
„Die beiden WAZ-Geschäftsführer Bodo Hombach und Christian Nienhaus übten darüber hinaus scharfe Kritik an der DPA-Struktur: Solidarität könne hier nicht heißen, „dass große Zeitungen viel bezahlen, obwohl sie über eigene Korrespondenten verfügen und nur wenig DPA-Material nutzen, während kleine Zeitungen, die ihren Mantelteil mit DPA bestreiten, weniger zahlen“, sagte Hombach.“

Dies ist nicht nur eine Aufkündigung der Solidarität in Sachen DPA – dies ist eine handfeste Kriegserklärung. Sollte die Agentur einknicken und ihr Preismodell ändern, verschiebt sich die Bilanz vieler, kleiner Zeitungen dramatisch. So mancher Verlagsbesitzer würde dann vielleicht über einen Verkauf nachdenken.

Und wenn das nicht passiert? Dann wird Bodo Hombach wohl sicher noch den einen oder anderen Stupser parat haben, bis die Objekte der Begierde von der Klippe springen.


Kommentare


Ponscho 30. Januar 2009 um 18:41

Ist ja interessant. Was mich jetzt aber wirklich noch interessiert: wie ist das gemeint, dass große Zeitungen viel bezahlen? Eigentlich ist das doch ganz natürlich. Bei Software-Lizenten ist das doch auch so! Verkaufe ich eine Lizenz an einen Konzern, kann ich wesentlich mehr verlangen, als wenn ich an eine kleine Firma bzw. an eine einzelne Person verkaufe. Warum sollte das bei Agentur-Nachrichten anders sein? Bezahlen große Zeitungskonzerne etwa pro Leser mehr oder wie darf ich mir das Preismodell vorstellen? Ohne diese Information kann man nicht beurteilen, ob der Hombach Recht hat oder nicht.

Antworten

Rainersacht 30. Januar 2009 um 18:41

Sehr richtige Analyse! So ist er halt, der Sozen-Bodo. War nie anders.

Antworten

Kai 30. Januar 2009 um 22:09

Mit der gleichen Argumentation könnte eine Werbeagentur verlangen, bei einer großen überregionalen Zeitung die selben Anzeigenpreise zu bezahlen wie bei einem kleinen Regionalblatt. Schließlich scheints ja egal zu sein, wieviele Leser der Content (hierunter seinen DPA-Meldungen und Werbung zusammengefasst) erreicht. Dann wäre Reichweite aus Zeitungssicht auf einmal egal.

Antworten

Alex 30. Januar 2009 um 23:29

Wie hat die WAZ eigentlich ihr Quasi-Monopol im Ruhrpott und Teilen von NRW erlangt? Es gibt ja sonst keine so dichtbesiedelte Region in Deutschland fast ohne Konkurrenz.

Antworten

Jens 31. Januar 2009 um 0:12

@Alex:
Durch gute lokale und regionale Berichterstattung konnte sich die WAZ einen guten Ruf in der Region erwerben. Die anderen Zeitungen der WAZ-Mediengruppe im Ruhrgebiet und den nahen Randregionen (NRZ, WP, WR) wurden dann irgendwann geschluckt und aufgrund des bisherigen WAZ-Modells (unabhängige Titel bei Nutzung von Synergieeffekten im Vertrieb usw.) konnte die WAZ-Gruppe damit sehr gut leben.

Ich sehe da jetzt aber langsam aber sicher ein Abgleiten von – denn wenn die WAZ wirklich ihre journalistische Kompetenz als \“Autorenzeitung\“ gewinnen will, dabei aber das lokale Element vernachlässigt, dann kommt es halt zu größeren Kündigungswellen. Man muss nur mal die WAZ fragen wieviele Leute im sogenannten \“Vest\“ (ca. Kreis Recklinghausen) die WAZ abbestellt haben.

Antworten

anonym 31. Januar 2009 um 8:33

\“Angrenzende Gebiete\“? Ich tippe mal auf Lensing-Wolff (Dortmund) und Bauer (Kreis Recklinghausen) = noch mehr WAZ-Einheitsbrei im Ruhrgebiet…

Antworten

Chat Atkins 31. Januar 2009 um 12:41

Und dann, wenn alles geklappt hat: Last Spam Standing …?

Antworten

derherold 31. Januar 2009 um 15:25

\“…dass diese versucht, kleine Tageszeitungsverlage sturmreif zu schießen…\“ Dafür mußte man warten, bis Hombach am Ruder ist ?

@Jens, vllt. einfach mal bei alten Kämpen – bpsw. von der NRZ – nachfragen, wie die WAZ die eine oder andere Zeitung \“schlucken\“ konnte. 😉

Antworten

robin meyer-lucht 3. Februar 2009 um 15:20

Tja, also irgendwie funktioniert der Trackback in diesem Blog nicht so ganz. Also nachträglich Trackback per Hand.

http://carta.info/4662/hombach-waz-dpa-presse-konsolidierung/

\“Thomas Knüwer spricht folgerichtig von einer “handfesten Kriegserklärung”. Die WAZ versuchte, “kleine Tageszeitungsverlage sturmreif zu schießen”. Mit DPA-Kündigung solle die nächste Konsolidierungswelle im Tageszeitungswesen eingeleitet werden.\“

Antworten

Patrick Kurth 5. Februar 2009 um 23:55

Tja, und wie ist nun die Tatsache zu werten, dass die WAZ-Mediengruppe zum Ende letzten Jahres dpa gekündigt hat?

Antworten

Du hast eine Frage oder eine Meinung zum Artikel? Teile sie mit uns!

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

*
*