Der ehemalige Staatskonzern Telekom ist ein einen Skandal verwickelt. Die Post anscheinend auch und genauso die Bahn. Und wie reagiert die öffentlich-rechtlichen Sender? Verstärken sie Redaktionsteams? Recherchieren rund um die Uhr? Sind auf der Jagd nach der nächsten Exklusivmeldung? Nein. Sie planen eine Talkshow. Auch ne Form von Prioritätensetzung, wenn man zu einer Affaire, bei der eine ganze Reihe Zeitungen und Magazine Exklusivinformationen aufgedeckt haben, bisher nichts sonderliches beizutragen hatte. Macht Thomas Leif eigentlich derzeit was anderes, als das Jahrestreffen des Netzwerks Recherche zu organisieren?
Kommentare
Christian 3. Juni 2008 um 22:12
Im Artikel Ihrer Kollegen steht auch, dass das ZDF eine entsprechende Dokumentation vorbereitet. Oder habe ich mich verlesen?
MundM 3. Juni 2008 um 22:16
Lustig fand ich auch die im HB genannten Themen, die für die kommenden Talkshows so geplant sind. Am Puls der Zeit sozusagen…
Lukas 4. Juni 2008 um 1:05
Wo doch gerade zehn Jahre Eschede war: Ich habe überhaupt das Gefühl, dass es früher viel mehr \“Brennpunkte\“ gab.
Onyro 4. Juni 2008 um 12:16
Macht Thomas Knüwer eigentlich derzeit was anderes, als bloß als Wadenbeißer der Verlagslobby in der Kampagne gegen die von ihm gerne so bezeichneten öffentlich-rechtlichen Privatsender zu fungieren? So langsam wird es langweilig.
Soll Frau Illner vielleicht wirklich ihren Rene Obermann interviewen? Wäre das nicht ein genauso offensichtlicher Interessenskonflikt wie die Befragung von Verona Poth zur Insolvenz ihres Ehemans mit vermutlich sehr wenigen neuen Erkenntnissen? Könnte es nicht sein dass längst eine Reihe von Nachrichtenmagazinen bei ARD und ZDF an Geschichten zu den laufenden Unternehmensskandalen arbeiten ohne das gleich öffentlich herauszukrähen? Haben sie das nicht immer wieder getan, wie z.B. bei den Affären rund um Steuerhinterziehung in Lichtenstein, den Lustreisen bei VW, der Vorratsdatenspeicherung, etc. ?
Volker 4. Juni 2008 um 15:32
Das Handelsblatt entwickelt demnächst einen Banner auf der Webseite … \“Herr Knüwer recherchiert gerade\“ … oder so ähnlich.
Damit es auch jeder sofort weiß, an was Herr Knüwer arbeitet… oder vielleicht sollte jeder Journalist nur noch alles twittern … \“Treffe mich gerade mit Informat XYZ, gaaanz heisses Thema\“ … irgend sowas sollte auf jeden Fall demnächst für richtig guten Journalismus stehen …
Sanddorn 4. Juni 2008 um 17:07
Und wie reagiert die _privaten_ Sender? Verstärken sie Redaktionsteams? Recherchieren rund um die Uhr? Sind auf der Jagd nach der nächsten Exklusivmeldung?
Nein. Sie bringen weiter Sendungen über Riesenkräne und Riesenmöpse.
Tim 4. Juni 2008 um 17:43
Nach Meldung von SPON soll Illner ja eine Talkrunde leiten mit dem Titel \“Deutschland einig Spitzelland\“.
Ob jetzt Obermann mit dabei ist oder nicht – interessensfreier Journalismus ist das nicht. Wenn das RTL gemacht hätte, wäre die Aufregung gross.
Thomas Knüwer 5. Juni 2008 um 5:11
@Sanddorn: Was die privaten Sender machen, ist mir zunächst mal egal – denn die haben keinen öffentlich-rechtlichen Auftrag und ziehen keine GEZ-Gebühren ein.
@Tim: Ein kleines Missverständnis muss ich aufklären. Es geht mir hier ja nicht darum, ob es eine Talkshow gibt, oder nicht. Es muss welche geben. Es kann nicht sein, dass Plasberg im Moment, da sich eine der größten Affairen der deutschen Nachkriegsgeschichte entwickeln könnte, über \“Germany\’s Next Topmodel\“ diskutiert.
Mir geht es darum, dass von Seiten der Senderspitzen getan wird, als seien Talkshows das Wichtigste. Dieses Bohai darum ist unerträglich.
Was Illner betrifft: Auch ohne Obermann ist sie voreingenommen und fällt deshalb als einzige Moderatorin raus.
Tim 5. Juni 2008 um 7:39
Dieses Bohei ist aber logisch. Nachrichten, Unternhmen und Ereignisse werden in den Medien immer mehr \“personalisiert\“. Eine Person wird in den Fokus genommen und nicht die Analyse. Ob dies die Berichtertattung im Fäuleton ist (Stars), Unternehmen (\“der Chef\“), oder bei Unglücken (Opfer). Es wird gemenschelt, es wird boulevardisiert. Die Komplexität der Welt wird auf Personen reduziert.
Talk-Shows sind die Königsdisziplin darin. Die gutbezahlten Moderatoren, die in der Regel auch selber wirtschaftlich an der Produktion beteiligt sind, sind die Aushängeschilder der Sendeanstalten. Was diese TV-Schwergewichte behandeln, erhält Aufmerksamkeit in anderen Medien – und hat nach dem Verständnis der Branche \“gesellschaftliche Relevanz\“. Eine aufwändig recherchierte Reportage, in 45 Sendeminuten ausgestrahlt, von einem in der Öffentlichkeit unbekannten Journalisten, ausgestrhalt um 23:30 Uhr, weil der Sendeplatz für solche schwere Koste fehlt – an Ende zählt die Quote.