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Diplomatie, Realitätsnähe und Einsicht in logische Argumente gehören nicht zu den Einstellungsvoraussetzungen eines Gewerkschaftsvorsitzenden. Das kann er sich leisten, so lange er von Journalisten schlicht abgefragt wird nach seiner Meinung, auf dass die Aussage deftig und gut kolportierbar sei und die Arbeitgeberseite das Scheingefecht mit ebenso drastischen Worten erwidern kann. Irgendwann setzen sich dann beide Seiten an einen Tisch und tun so, als verhandelten sie die Nacht durch um sich dann auf das zu einigen, was sie vorher ohnehin schon ausklamüsert hatten.

Am kommenden Donnerstag wird das anders. Dann sitze ich auf dem Podium mit dem Michael Konken, dem Vorsitzenden der Journalistengewerkschaft DJV. Und ich habe bereits jetzt Lust ihm mal ein paar kräftige Worte reinzudrücken. Ab welchem Alter lernen Menschen nicht mehr hinzu? Oder ist es keine Frage des Alters, was ich vermute, sondern des Standes? Ab welcher Position also setzt der Glaube ein, man habe die Weisheit der Welt so sehr inhaliert, dass eine Anpassung des Denkens an neue Entwicklungen nicht mehr nötig ist?

Diese Grenze ist schwer definierbar. Sicher aber ist: Wenn man Vorsitzender des DJV ist, scheint eine Änderung der eigenen Meinung nur noch schwer möglich. Das beweist der aktuelle Besitzer dieser Position, Michael Konken.

Regelmäßige Leser erinnern sich: Im November hielt Konken eine Rede auf dem Verbandstag, in der er gegen das Internet wetterte, hinterher aber nicht gegen das Internet gewettert haben will. Und er giftete gegen Weblogs, die nach seiner Meinung in weitesten Teilen keine journalistischen Produkte seien.

Draufhin schrieb ich ihm eine offene E-Mail, auch jede Menge andere Blogs reagierten. Auf jene Mail hat Konken bis heute nicht geantwortet. Er reagierte jedoch in den Kommentaren dieses Blogs mit einer windelweich-kuscheligen Ausweich-Larifari-Antwort auf meine Fragen.

Und – das ist dem DJV definitiv auf die Positiv-Liste zu schreiben – der Verband organisiert eine Diskussionsveranstaltung am kommenden Donnerstag, dem 10.1.08, 19 Uhr, im Automobilforum (Unter den Linden 21).

Dort auf dem Podium sitzen vier Menschen, von denen ich ausgehe, dass sie sich viel Gegensätzliches zu sagen haben werden. Hans-Ulrich Jörges vom „Stern“, Don Alphonso, Konken und ich. Dazu ein paar mutmaßliche Puffer wie Michaela May von N24.

Meine Prognose: Es könnte blutig werden, wenn ich mir das Interview anhöre, das Konken um Uni-Radio Halle gegeben hat. Und nach dem ich reichlich Lust hätte, jetzt schon in den Ring zu steigen. Die vor Unkenntnis strotzenden Aussagen Konkens kulminieren in der Behauptung: „Es gibt keine mündigen Bürger, die in Blogs etwas lesen und dann sagen: Ich recherchiere das mal nach. Wer hat die Zeit dazu?“ Dazu schon mal meine Antwort: Diejenigen, die Leidenschaft für Themen empfinden – also oft nicht die Journalisten.


Kommentare


The Stig 8. Januar 2008 um 13:47

\“… ohne Verletzungen des Persönlichkeitsrechts und ohne Diffamierung…\“, \“…die Standards, die wir im Journalismus seit Jahren kennen…\“, \“…Postulate wie Wahrhaftigkeit…\“ Verstehe ich das richtig, dass Herr Konken bspw. der Bild-Zeitung den Status als jounalistisches Erzeugnis abspricht? Mutig für den Vorsitzenden der Journalistengewerkschaft. Interessanterweise muss gerade ein Blogger (Stefan Niggemeier) der Bild-Zeitung immer wieder nachweisen, dass sie sich nicht an diese Standards hält.

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Gerhard A. Pfeffer 8. Januar 2008 um 14:03

ich bin auch in Berlin und freue mich ebenfalls auf den Dinosaurier Konken. Als Gewerkschaftschef kommt er mir vor wie die britischen Gewerkschaftler der Lokheizer und Bremserhäuschenkurbler, die sich und die ihrigen organisierten, als es längst keine Kohlezüge und Bremser mehr gab.
Michael Konken lernt es nie und ist wahrlich keine Zierde für den DJV – leider unterrichtet er auch noch den Nachwuchs an einer FH.
Wird sicher eine nette Diskussion – im Saal aber trotzdem an Ihrer Seite.
Ihr Gerhard A. Pfeffer, Chefredakteur \“PR-Journal\“

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Sascha Stoltenow 8. Januar 2008 um 14:04

Ich hab´s mir auch angehört und vor allem einen unerfahrenen und nicht wirklich gut vorbereiten Interviewer wahrgenommen. Seine einzige Leistung besteht darin, konsequent nicht auf Gegenfragen zu antworten (wobei ein guter Interviewer das Gespräch so führen würde, dass es gar nicht zu solchen Gegenfragen kommt.) Losgelöst von einigen tatsächlich etwas fragwürdigen Aussagen Konkens in der Vergangenheit betont er meines Erachtens völlig zu Recht die Qualitätsfrage sowie die Frage danach, wie mit Diffamierungen umzugehen ist. Die sind nämlich ungeklärter als jemals zu vor.

Und die zitierte Aussage ist nun wirklich aus dem Zusammenhang gerissen, denn tatsächlich will ich mich darauf verlassen können, wenn ich in einer Qualitätszeitung etwas lese. Aber natürlich recherchiere ich auch nach. Zu Recht, wie u.a. einige \“interessante\“ Beiträge in der SZ zeigen, wobei wir wieder bei der Qualität wären. Und dass die BILD dafür, insbesondere in Bezug auf die Persönlichkeitsrechte, kein leuchtendes Beispiel ist, dürfte auch klar sein.

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Chat Atkins 8. Januar 2008 um 14:27

Hebe dir auch für den Jörges, den Alpha-Kanalwärter, noch ein wenig Schlagkraft auf. Kann man das Ereignis irgendwo \’von fern\‘ verfolgen?

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Christiane 8. Januar 2008 um 14:43

Ich hoffe, das zeichnet jemand auf. Würde mir das wirklich gerne anhören.

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schreibvieh 8. Januar 2008 um 15:26

Gibt es eigentlich auch für Nicht-Journalisten und Nicht-DJV-Mitglieder die Möglichkeit, die Veranstaltung zu besuchen? Braucht es da Karten oder so?

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Thomas Wiegold 8. Januar 2008 um 15:39

Wird sich doch vielleicht einer finden, der Liveblogging macht?
(Nee, ich nicht, um der Frage gleich vorzubeugen 😉 )

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Rainersacht 8. Januar 2008 um 15:47

Au ja, dem Jörges gehört auch schwer eingeschenkt. Wegen allem…

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mikel 8. Januar 2008 um 19:18

Diese seltsamen periodisch auftretenden Podiumsdiskussionen oder Konferenzen, die eigentlich keiner wahrnimmt, außer den Diskutantens selbst und respektiven platonischen Groupies, kommen mir vor wie der pfeifenrauchgeschwägerte internationale Frühschoppen des Werner Höfer früher oder sind das immer eine Art Betriebsversammlung, in der festgelegt wird welcher Journallier Vorsitzender der Betriebskommission für EDV wird oder so?
Ich mein ja nur..
Erklärt doch einmal einem Nichtjournalisten was dieses ewige Hick-Hack eigentlich transzendiert. Man mag es als Nichtkombatatnt eigentlich nicht mehr hören.
Who the Fuck is Konken?

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pixelroiber 8. Januar 2008 um 20:12

würde mir das auch mal anhören. einfach hingehen? oder muss man irgendwas sein?

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Björn Sievers 8. Januar 2008 um 21:44

Bin mir nicht sicher, ob ich \“Puffer\“ sein möchte. Aber ich freu mich auch schon mal.

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Kommentator 8. Januar 2008 um 23:46

@Stig: \“Verstehe ich das richtig, dass Herr Konken bspw. der Bild-Zeitung den Status als jounalistisches Erzeugnis abspricht? Mutig für den Vorsitzenden der Journalistengewerkschaft.\“
Wieso mutig? Ich vermute, Herr Konken ist, wie wir alle, nicht in der Position und in der Lage, dem Machwerk den \“Status als journalistisches Erzeugnis\“ abzusprechen, schlicht weil es offenbar eines ist (obwohl tatsächlich dies als eines der armseligeren Zeugnisse des Berufsstandes an sich).
Die Frage ist aus meiner Sicht eher: Traute er sich das auch in offener Wortschlacht, und wie würde er dies begünden?

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Augenweide 9. Januar 2008 um 10:22

Kann mich den Anfragen zu einer Aufzeichnung bzw. \’Live-Schalte\‘ zur Veranstaltung nur anschließen. Kann leider nicht teilnehmen, würde aber sehr gerne mitverfolgen….

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Thomas Mrazek 9. Januar 2008 um 10:37

\“Die Diskussion ist bereits ausgebucht, kann aber live im Internet unter http://www.djv.de/livestream ab 19.00 Uhr bis zum vorgesehenen Ende gegen 21.00 Uhr verfolgt werden.\“
Pressemitteilung des DJV

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Dennis Knake 9. Januar 2008 um 16:23

Kann man guten Gewissens noch DJV-Mitglied sein, wenn deren Vorsitzender ständig solchen Schmu verbreitet? Es ärgert mich maßlos! 🙁 Wird wirklich Zeit für einen Generationenwechsel…

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corax 9. Januar 2008 um 17:27

kurze berichtigung: radio corax ist ein freies, nichtkommerzielles radio. kein uniradio.

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marcel weiß 9. Januar 2008 um 18:34

Weiteres Futter gegen das Argument \“Journalisten machen immer alles richtig, weil sie Journalisten sind\“ kommt soeben aus frankreich. Was für ein absurder Fall:
http://www.techcrunch.com/2008/01/09/french-press-falls-for-major-facebook-prank/

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Marc | Wissenswerkstatt 10. Januar 2008 um 12:23

Für Argumentationsfutter braucht man nicht nach Frankreich gehen. In einem aktuellen Fall hat sich die gesamte Garde der Wissenschaftsjournalisten blamiert: SZ, Welt, Spiegel und Co. gingen einem britischen Spaßvogel auf den Leim – der behauptete mit einem kuriosen Einradexperiment die Abhängigkeit von Humor und Testosteron nachgewiesen zu haben.

Das war – wie man leicht selbst recherchieren konnte – ein kleiner, subtiler Spaß. Die Herrschaften aus den Redaktionen nahmen es für bare Münze.

Nachzulesen hier: Britischer Wissenschaftshumor

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Burkhard Schröder 10. Januar 2008 um 12:56

\“Die Rede Konkens richtete sich nicht allgemein gegen Blogger, sondern war klassische “Innenpolitik” vor einer Delegiertenversammlung: Konken wollte wiedergewählt werden. Die Anwesenden wussten, worauf Konken anspielte: Auf die Internet-Publikation “Der Stadl” (www.stadl.biz) und auf das einzige DJV-kritische Blog www.recherchegruppe.tk (Burkhard Schröder). Auf recherchegruppe.tk sind seit drei Jahren zahlreiche Skandale und andere DJV-Interna publiziert worden, die unter anderem zur Abwahl des Berliner Landesvorsitzenden des DJV geführt haben. “Der Stadl”, der keinen journalistischen Anspruch erhebt, sondern anonym erscheint, wird mit dem Brandenburger DJV-Vorsitzenden Hans Werner Conen in Verbindung in Verbindung gebracht, der sich mit dem Bundesverband einen erbitterten juristischen Krieg liefert.”
http://www.burks.de/burksblog/2008/01/10/michael-konken-blogs/

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Johan K. 10. Januar 2008 um 18:57

Tja, und der DJV demonstriert seine Internet-Kompetenz dadurch, dass schon zum Begin des Livestreams der Server die Grätsche macht:

Warning: mysql_pconnect() [function.mysql-pconnect]: Too many connections in /opt/typo3_src-3.8.0/t3lib/class.t3lib_db.php on line 831

Pfeifen.

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Christoph Maier 10. Januar 2008 um 19:16

Ich würde die Diskussion gerne live sehen und kann es nicht. Das ist verdammt ärgerlich. Ich wüsste nicht, wann ich mich zuletzt so für den DJV interessiert habe.

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Brenrhad 10. Januar 2008 um 21:01

Sehr interessant ists gewesen. Nun bin ich gespannt, ob auch die \“Etablierten\“ reflektieren.

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Thomas Kurbjuhn 11. Januar 2008 um 8:31

Don Alphonso vertritt sicher sinnvolle Meinungen bezüglich der ausschließlich geld-und karrieregeilen Profijournalisten. Er selbst aber löscht auf seinem Blog legal formulierte politische Meinungen, die ihm nicht gefallen. Er demonstriert hier genau die Intoleranz, die auch die Profijournalisten mit den von don alphonso kritisierten Kontrollfreakvisionen auszeichnet.

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Spritkopf 11. Januar 2008 um 9:29

Herr Kurbjuhn, das mag man ja vielleicht dem Don vorwerfen. Ihnen werfe ich vor, daß Sie diesen Kommentar in jedes mögliche und unmögliche Blog hineinschmieren. Bis jetzt – nur beim groben, morgentlichen Überfliegen – habe ich schon drei gefunden und vermutlich haben Sie sich in Ihrem eigenen Blog auch nochmal kräftig ausgeweint (das Nachschauen habe ich mir jetzt erspart).

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Karl-Heinz Wenzlaff 11. Januar 2008 um 10:49

Hallo Thomas,

Hier eine kurze Rezension der gestrigen Diskussion. Foto ist nicht so doll, aber aus der ersten Reihe.

Herzliche Grüße,
Karl-Heinz

http://www.blogtrainer.de/2008/01/11/konken-und-joerges-trafen-knuewer-und-don-alphonso/#more-293

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Insider 11. Januar 2008 um 14:11

Eine Stunde Serverausfall war sicher ein Zeichen der Kompetenz des DJV Bundesverbandes in Sachen Online.

Konken hatte bislang ja noch nicht einmal gemerkt, dass www.stadl.biz kein Blog ist, sondern eine PDF-Publikation und somit das Internet nur zur Verteilung nutzt. Es handelt sich also nicht um Online Journalismus, sondern um traditionellen Journalismus.

Burkard Schröders Aussage, dass es sich nicht um ein journalistisches Werk handle, kann ich nicht nachvollziehen. Der Schreibstil ist in vielen Bereiche ähnlich zur Polemik der frühen Spiegel-Artikel. Wer die Darsteller beim DJV kennt, der weiß auch, dass es sich bei www.Stadl.biz um gut recherchierte Beiträge handelt.

Der hessische Landesvorsitzende wurde einmal gefragt, warum man nichts gegen den Stadl machen könne und antwortete: \“Weil es leider stimmt\“

Konken mag den Stadl und damit den gesamten Online Journalismus nicht, da man ihn und seinen Verband durch die anonyme Veröffentlichung von Tatsachen beschädigt hat und er bis heute keine Beweise für die Urheberschaft gefunden hat.

Daher forderte er auch in der Diskussion (zusammen mit Jörges) das Ende der Anonymität von Artikeln und Kommentaren. Ein Unding für einen Vorsitzenden eines Journalistenverbandes. Er müßte gerade die Anonymität und den Informantenschutz als Grundfeste des Journalismus verteidigen. Warum kämpfen wir in der www.vorratsdatenspeicherung.de gegen Schäuble und seinen Überwachungs- und Präventionsstaat?

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Thomas Knüwer 11. Januar 2008 um 14:21

Also den Stadl auf eine Ebene zu heben mit dem alten \“Spiegel\“, ist dann doch wohl eine Minderheitenmeinung. Elegante Beleidigung ist eine hohe Kunst. Eine Kunst, die der \“Spiegel\“ einst beherrschte, der Stadl definitiv nicht. Ich halte den Stil dieser Seite für eklig und platt.

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