Stellen wir uns vor, T-Online, Alice und wie sie alle heißen, würden bei ARD und ZDF anrufen. Und zur Zahlung auffordern, da sie ansonsten die Durchleitung all der schönen, neuen Internet-Angebote verhindern würden. Manches Spielchen in der Wirtschaft ist zu vorhersehbar, dass es ein wenig langweilt. So war durchaus absehbar, dass irgendwann die Anbieter von Datenleitungen versuchen würden, die Neutralität der Netze zu attackieren, sprich: Geld für die Durchleitung gewisser Angebote zu verlangen.
In England ist es nun so weit. Dort erweist sich die BBC als erheblich Online-affiner als die deutschen Gegenstücke ARD und ZDF. Während die sich an ihre von Gebühren mitfinanzierten Inhalte klammern wie Leo DiCaprio in „Titanic“ ans Stücksken Holz, gibt sich die alte Tante BBC erheblich offener.
Dies resultiert logischerweise in steigenden Klickzahlen, vor allem auch für Videos. Und das Übertragen von Videos frisst Leitungskapazitäten. Ergebnis: Einige Online-Zugangsanbieter wie Tiscali, Carphone Warehouse und British Telecom wollen von der BBC Geld, weil ja ihre armen Leitungen so überlastet würden.
Die öffentlich-rechtlich subventionierten Privatsender in Germany können sich auf Ähnliches schon mal einrichten in ihrem aktuellen Expansionsdrang. Und alle, die auf Seiten eines freien Internets stehen, sollen sich schon mal formieren, um diesem Unsinn Einhalt zu gebieten. Wenn die Leitungen tatsächlich nicht reichen, gehört es zur normalen Geschäftstätigkeit, in mehr Kapazität zu investieren.
Kommentare
Gangarth 13. August 2007 um 17:39
Es ist eine Frechheit, dass die Provider jetzt doppelt abkassieren wollen.
Meiner Meinung nach dürfte es nicht zu Engpässen kommen dürfen, da sie den Endnutzern ja eine Flatrate mit einer bestimmten Geschwindigkeit verkaufen. Das Datenaufkommen, was also ein einzelner User verursachen kann muss auch aufgefangen werden können, da die Provider ansonsten eine Mogelpackung verkaufen.
Ich habe auch schon vermehrt von Personen gehört, denen ihr Internetvertrag gekündigt wurde, weil sie zu viel Datenaufkommen hatten und das bei einer Faltrate.
Die Provider sollten lieber mal ihre Netze ausbauen und an die kommenden Anforderungen anpassen. Denn das Internet-TV kommen wird ist ganz klar.
Lukas 13. August 2007 um 17:40
Das ist ja brillant. Wieso verklagt der Bund als Betreiber der Autobahnen nicht einfach mal die Automobilindustrie wegen der ganzen Staus? Und was ist mit den Leitungen, durch die unser täglich Abwasser fließt? Da tun sich ja Marktlücken auf für Juristen …
*Ähem* Was für ein völlig bescheuerter Plan.
Alphager 13. August 2007 um 17:49
Gangarth: Die Provider kassieren bereits doppelt:
EInmal für alles, was die BBC sendet und einmal für alles, was der Benutzer empfängt.
Die wollen jetzt noch ein drittes Mal die Hand aufhalten.
Armin 13. August 2007 um 20:39
Ist ja nicht so dass die ISPs nur bei der BBC vorstellig werden, das betrifft die Privaten (i.e. Sky und Konsorten) genauso. Die bieten ja entweder jetzt schon oder in Zukunft aehnliche Dienste an, wobei deren Anteil am Gesamtaufkommen noch steigen wird und damit das der BBC sinken wird.
Was dann natuerlich auch bedeutet dass die Diskussion in Deutschland sich nicht auf ARD und ZDF beschraenken duerfte sondern ebenfalls die Privaten einbeziehen muesste.
Ach ja, aber das nur am Rande: Das ganze gilt nicht nur fuer England, sondern auch (und vielleicht teilweise gerade) fuer Schottland und Wales.
qnr 13. August 2007 um 20:50
Seit ich das vorhin bei Slashdot gelesen habe frage ich mich, wieviel Koks man wohl konsumieren muss, um sich als Urheber einer solchen Forderung (und der dazugehörigen Drohung, den von der BBC verursachten Datenstrom zu manipulieren) nicht in Grund und Boden zu schämen.
Marcel 13. August 2007 um 22:18
In Japan bekommst du schon seit Jahren für einen Bruchteil an Euros im vergleich zu uns, eine über 100.000 DSL Leitung mit Flatrate.
Dort werde Filme in Echtzeit online Ausgestrahlt, die sich Milionen von Usern täglich ansehen. Viele haben dort gar kein Fernseher mehr!
Wenn Ihr mich fragt ist in Deutschland so einiges überteuert!
Matthias 13. August 2007 um 23:28
Zugegeben – die Masche ist wirklich dreist.
So einfach, wie es allerdings hier in den Kommentaren teilweise dargestellt wird, in Deutschland die DSL – Infrastruktur durch überschaubare Investitionen zu verbessern ist es aber leider gar nicht. Ich verweise dazu auf den Artikel \“DSL: Wie Provider das Leitungsspektrum ausreizen\“ in der c\’t Nr 14 (2007) ab Seite 208, da werden die strukturellen Probleme hierzulande üblicher DSL Leitungen und technische Perspektiven, wie aus den existierenden Leitungen noch mehr an Leistung herausgeholt werden könnte, schön besprochen. Denn das \“Die Provider sollten lieber mal ihre Netze ausbauen\“ (Gangarth) ist dank weit verbreiteter Kupferleitungen nicht so einfach und erst recht nicht billig- genaugenommen sogar teuer, dass es sich für Unternehmen im harten Preiskampf um billigere DSL Anschlüsse selten rechnet. Soweit ich weiß, werden die sehr schnellen Leitungen in Asien auch vorwiegend von staatlicher Seite gebaut.
Alexander Koenitz 14. August 2007 um 1:10
ein bisschen unangebracht ist das bashing von ard und zdf in diesen artikel. die sender wollen schon expandieren – aber herr doetz vom vprt, die zeitungsverleger und andere bremsen lobben noch kraeftig dagegen.
Sven 14. August 2007 um 11:58
Warum soll auf dem \“Datenmarkt\“ nicht gehen, was auf dem Gas- und Strommarkt schon ewig Gang und Gäbe ist? (wer Sarkasmus findet darf ihn behalten)
Ben Utzer 14. August 2007 um 13:55
Im Gas und Energiebereich ist diese Gebühr aber auch Staatlich gewollt, zumindest sind die Versorger gezwungen kein Mischkalkulation zu machen, sondern eine getrennte für jeden Bereich und dann auch getrennt abzurechnen… usw…
Twinsen 14. August 2007 um 14:36
***Hier stand ein werblich wirkender Link.***
Ich würde schon sagen, dass ein Ausbau der Netze möglich wäre. Sicher wäre es einfacher, wenn man das ganze technisch von Anfang an etwas vernünftiger angegangen wäre, und nicht Kupfer raus, Glasfaser rein, Glasfaser raus, Kupfer rein und demnächst wieder Kupfer raus, Glasfaser rein …
Es grüßt,
Twinsen
Frederic Schneider 14. August 2007 um 23:09
Ich frage mich, mit welcher rechtlichen handhabe die BBC zur Zahlung aufgefordert wird.
Harald 15. August 2007 um 17:13
Es glaubt doch niemand der etwas von der Materie versteht ernsthaft, dass Telekom & Co. genügend Leitungskapazität in der veralteten Infrastruktur insbesondere auf der berühmten \“Letzten Meile\“ haben (häufig noch immer ein alter Klingeldraht aus dem Keller zu Telefondose), um wirklich die Werbeversprechen einzulösen und allen Flatrate Kunden gleichzeitig Downloads rund um die Uhr mit 6000 bis 16.000 kbit/sec zu ermöglichen. Da sich bei praktisch allen momentan flächendeckend verfügbaren Zugangstechnologien immer mehrere Anwender die maximale Leitungskapazität teilen und sie dadurch in der Praxis für jeden einzelnen sinkt, findet im Hintergrund ständig ein sogenannten \“Traffic Shaping\“ statt, um allen Kunden Zugang zu geben und dennoch größere Downloads wie sie bei Videos und Videostreams notwendig sind zu ermöglichen. Aber eben nur vorübergehend und nicht rund um die Uhr bei maximaler Leistung. Da könnte man auch glauben Banken hätten wirklich genug Geld im Safe um alle Sparguthaben und Kredite gleichzeitig in bar auszahlen zu können.