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Kalle Schwensen möchte seinen ehemaligen Spitznamen nicht mehr genannt wissen. Und deshalb schickt er abmahnende Anwälte umher, die sich die Weblog-Szene vornehmen. Dies ist zum einen ein Kratzen an der Meinungs- und Pressefreiheit, zum anderen aber auch sehr, sehr kontraproduktiv. Wäre ich Hamburgs Justizsenator, würde ich mir schon seit längerem Sorgen um das Landgericht HH machen. Denn dieses ist seit längerem bekannt als Hort der altvorderen Mediengesellschaft, hier werden Urteile gefällt, die anderenorts ständig gekippt werden. Und das kann nicht gut sein für das Image einer Stadt.

So entschied nun das Landgericht, dass Kalle Schwensen nicht mehr bei seinem Spitznamen genannt werden darf. Der Name Schwensen wird den meisten nichts sagen, doch bezeichneten ihn viele Medien früher mit einem Spitzenamen, der hier auf Basis einer juristischen Entscheidung auch nicht mehr genannt werden darf.

Schwensen also lässt abmahnen. Serienmäßig. Betroffen sind bisher MC Winkel, Frau Pleitegeiger, das AP-Project, und Neunzehn72. Da jedesmal die Abmahngebühren fällig werden, kommt eine hübsche Summe zusammen. Und das legt den Verdacht nahe, dass es hier weniger um den guten Ruf geht, denn um das Generieren von Anwaltsumsätzen. Denn natürlich entsteht ein Effekt, den selbst ein Kleinkind erkennen würde: Der Name Kalle Schwensen, darauf wette ich einen Negerkuss, der vorher nur in der Hamburger Szene bekannt war, ist nun stärker mit seinem alten Spitznamen konnotiert als je zuvor.


Kommentare


Rainersacht 30. Juli 2007 um 17:27

Als von der dortigen Kosten-, äh, Rechtsprechung ausgesprochen teuer Betroffener würde ich die Meinung nicht teilen, dass die Richter der \“Medienkammer\“ des LG HH zur altvorderen Mediengesellschaft zählen, sondern dass die allesamt eine ziemlich dezidierte Meinung zur Meinungsfreiheit vertreten, die anscheinend darauf hinausläuft, dass eine Meinung über einen mehr oder weniger prominenten Zeitgenossen zu äußern den Meinungsäußernden teuer zu stehen kommen soll, wenn denn der Prominente mit der über ihn geäußerten Ansicht nicht einverstanden ist.

Mir scheint aus eigener Anschauung, dass die dortigen Entscheidungen hauptsächlich der Höhe des Streitwerts dienen und damit den Umsätzen der klagenden Anwälte. Bisweilen läuft das darauf hinaus, das ein Blogger durch die mit einem exorbitanten Streitwert verbundenen Kosten per Saldo mundtot schikaniert wird. Dafür können die Richter natürlich nichts.

Eines der Opfer, der Herr Schälicke, der schon mal ins Gefängnis ging anstatt zu zahlen, dokumentiert die Fälle dieser Kammer haarklein und durchaus pointiert auf seiner Website: www.buskeismus.de – lesenswert!

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Jörg Friedrich 30. Juli 2007 um 17:36

Naja, das Nennen eines solchen Spitznamens ist ja wohl keine \“Meinung\“ und wenn es doch eine Meinung wäre, dann würde ich sie auf jeden Fall auch verbieten.

Mit einem Namen wie dem hier verwendeten betietelt zu werden halte ich für eine Verletzung der Würde des betroffenen, und dagegen kann er zu Recht vorgehen. Das hat doch mit Meinungsfreiheit nichts zu tun!

Das Abmahn-Unwesen ist sicherlich zu verurteilen, aber dieser Fall eignet sich sicherlich überhaupt nicht als Beispiel.

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Rainersacht 30. Juli 2007 um 18:35

Jörg: Da geb ich dir Recht. Auch wenn ich mich zu erinnern meine, dass sich der betreffende Betroffene vor etlichen Jahren mit diesem Spitznamen quasi vermarktet hat…

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Arne Klempert 30. Juli 2007 um 18:50

@Jörg: Es kommt darauf an. Es macht nämlich durchaus einen Unterschied, ob man jemanden mit einem solchen Spitznamen bezeichnet oder ob man darauf hinweist, dass andere ihn so bezeichnen oder bezeichnet haben.

Wenn letzteres nicht mehr möglich sein sollte, dann könnten wir hier nicht einmal mehr darüber diskutieren, ob und in welchem Kontext die Verwendung des Spitznamens nun angemessen ist. Und das hat dann sehr wohl etwas mit Meinungsfreiheit zu tun.

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XiongShui 30. Juli 2007 um 20:04

Vor allem in diesem Fall ist es ja auch so, daß die Ex- Kiez- Größe sich selbst mit diesem Spitznamen jahrzehntelang vermarktet hat und das er sich in den Medien auch gern so nannte/ nennen ließ. So kommt es, daß er mit seinem Spitznamen \“prominent\“ wurde, seinen Geburtsnamen aber so gut wie niemand kennt (was sich in den letzten Tagen drastisch geändert hat).

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Rolf Schälike 30. Juli 2007 um 20:55

Bei einem Verfahren war ich dabei. Die TAZ hatte verloren. Darüber habe ich berichtet.

Interessant ist auch der Anwalt von Herrn Schwensen. Dieser Anwalt hat auch Herrn Prof. Fanke verbieten lassen, über Jan Ulrich zu behaupten, er hätte 30.000 Euro für Doping ausgegeben.

Viele Mandanten dieses Anwalts sind sehr umstritten.

Ob Herr Schwesen gut beraten war, gegen seinen Spitznahmen vorzugehen. In einem anderen Blog meint Herr Schwensen, der Spitzname sei rassistisch.

Der Anwalt vertritt ehemalige DDR-Akteure. Schwer vorzustellen, dass es dem Anwalt lediglich um die Ehre des Herrn Schwensen geht.

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Rolf Schälike 31. Juli 2007 um 9:54

Was den Anwalt und Prof. Franke betrifft, habe ich in meinen Berichten nachgeschaut. In dem Dopingfall Jan Ullrich war es ein anderer Anwalt. Schwensens Anwalt hat den Trainer Springstein gegen die TAZ und andere Doping- und Stasifälle vertreten.
Entschuldigung Herr Dr. S.K.

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Jörg Friedrich 31. Juli 2007 um 13:23

Wenn ich die Recherchen z.B. von Stefan Niggemeier richtig verstehe, hat Schwensen den Namen nie selbst verwendet, er hat die Verwendung allenfalls geduldet. Seit 2005 spätestens duldet er sie nicht mehr. Da das Urteil bereits aus disem Jahr ist, kann man davon ausgehen, dass ihm schon länger nicht recht ist, dass er bei diesem Spitznamen genannt wird.

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bbox 1. August 2007 um 10:37

naja, gedultest ist gut. im musikvideo von 5 sterne deluxe \“dein herz schlägt schneller\“, ist er auch aufgetreten. auszug aus den lyrics:

\“Alter, hier kommt die Band
die bald so bekannt ist wie ***** ***** auf´m Kiez.
Hamburg das ist richtig.\“

wirkt für mich nicht wie eine duldung, sondern eher, als wenn er 1998 noch ganz gut mit seinem image klar kam.

und wie weit geht denn diese \“kehrtwende\“? darf das musikvideo nicht mehr gespielt, die platte nciht mehr vertrieben werden?

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