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Es gibt nur relativ wenige Juristen, die Journalisten werden. Und das hat seine Gründe. Vielleicht aber sollten Juristen auch nicht Pressesprecher werden. Vorgestern auf der Heimfahrt von Karlsruhe sprach ich mit einigen Anwälten, die ebenfalls bei der Anhörung des Bundesverfassungsgerichtes waren, über schreibende Juristen. Oder besser: Warum es so wenige gibt: Weil die meisten es eben nicht können, das schreiben. Das verständliche Schreiben zumindest.

Bei den Bewerbungstagen für unsere Journalistenschule sind aktuelle Volontäre bei der Auswahl ihrer Nachfolger mit an Bord. Ich erinnere mich noch an eine Runde, bei der ein Jurist einen richtig guten Eindruck hinterließ – bis wir lasen, was er geschrieben hatte. Sicher, neue Volontäre müssen noch nicht perfekte Autoren sein, aber der Text war nicht mehr rettbar.

„Wie sollen wirs auch können?“, fragte einer der Anwälte am Dienstag. Richtig: Wie? Schließlich sind Gesetzestexte, Gesetzeskommentare und Gerichtsschreiben das Grausamste, was Menschen der deutschen Sprache je angetan haben.

Doch nicht nur im Journalismus haben die missgebildeten Rechtsfreunde deshalb einen nicht verschuldeten Nachteil – auch in der Pressearbeit, wie ich beim Blick auf das Lawblog bemerke. Das hat eine Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs bekommen. Überschrift:

„Berücksichtigung des Wegfalls des Eigenbedarfsgrundes nach einer auf Eigenbedarf gestützten Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses“


Kommentare


octavian 13. November 2005 um 1:10

Juristen waren zu allen Zeiten ein billiges Opfer von Überheblichkeiten. Reicht die tatsachenorientierte (?) Feststellung nicht aus, dass es nur wenige Juristen in die hehren Höhen journalistischer Idiosynkratien schaffen? Muss denn aus jedem Bock ein Gärtner werden? Lassen wir doch dem Stande seine Sprache, so, wie wir dem Ochsen seinen Furz belassen. Wäre es vorstellbar, dass sich ein blendender (und blendend sind die meisten) Journalist vor Gericht gerade über das geschliffene Wort um Kopf und Kragen redet? Es wäre nicht das erste Mal. Und: gilt nicht auch beim Zeitung lesen der alte Satz „Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand“?

Wenn man sich (und anderen) partout erklären möchte, warum Juristen keine Journalisten sind, dann frage man die steinreichen Medienanwälte, warum so viele Journalisten tagtäglich zum Hörer greifen, damit Juristen sie aus der Bredoullie holen. Man störe nie, was sich so gut ergänzet!

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tknuewer 14. November 2005 um 9:40

Jedem Stand sei seine Sprache belassen. Juristen sind aber keine Quantenphysiker sondern sollen Nicht-Juristen vor Gericht vertreten. Je komplizierter die Sprache, desto größer die Macht über die Klienten. Eine einfachere Sprache würde also unmittelbar am Status in der Gesellschaft kratzen.

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octavian 21. November 2005 um 13:04

lieber thomas knüwer,

in erster linie sollten juristen vor gericht ihre sache erfolgreich durch fechten – dann ist es auch dem klienten wurscht, in welchem duktus, welcher intonation und semantik dies geschah. ich halte es da mit dem alten philiosophen helmut kohl: „entscheidend ist, was hinten rauskommt!“

in diesem sinne allen einen schönen wochenbeginn
octavian

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mueller 9. Januar 2009 um 9:25

\“Wenn ich mehr Zeit gehabt hätte, wäre mein Brief kürzer geworden.\“ .. das stammt – glaube ich – von Goethe.

… im übrigen prima! Immer drauf auf die Juristen-Kaste, haut sie, wo ihr sie trefft!

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