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Wenn Stromleitungen und -versorgung zusammensacken, sollte die Zeit der Krisenkommunikation gekommen sein. Oder die des eisigen Schweigens. Energiekonzerne sind ein wohlig-warmer Ort. Ein Bekannter von mir arbeitet für solch einen der Großen. Nach seinem ersten Arbeitstag, frisch gewechselt von der darbenden Handelsbranche, jubilierte er beim abendlichen Bier: „Wenn ich gewusst hätte, was ich noch an Sozialleistungen kriege – ich hätte doch nie so hart um mein Gehalt verhandelt!“

In dieser kuscheligen Atmosphäre scheint es schwer zu fallen, einen Notfall in die Imagination einzubauen. Was soll schon schief gehen? Alles ist schön und warm und ruhig.

Bis die Kälte kam. In der Chemiebranche wäre wohl sofort das online gegangen, was man eine Black Site nennt – eine vorbereitete Internet-Seite für den Krisenfall. Mit jeder Menge Informationen und ständig frisch aufbereitet. Die fortschrittlicheren Unternehmen hätten vielleicht sogar auf ein Weblog umgeschwenkt – denn das lässt sich leichter aktualisieren.

Doch bei RWE tut sich – wenig. Der RWE-Krisenstab kündigt an:

„So schnell wie möglich so viele wie möglich wieder mit Strom zu versorgen.“

Eine Information die so nutzwertig und überraschend ist wie eine Gaspreisabrechnung. Nun gehören RWE zwar die Leitungen, aber es gibt ja noch diese Sache mit der, na, sag schon, Liberalisierung. Lassen wir mal kurz weg, dass bei einem so intransparenten und imagelosen Markt wie Strom kaum jemand wechseln mag. Der eine oder andere in Ochtrup oder Steinfurt ist vielleicht nicht bei RWE, sondern bei Eon oder Yellow. Wo sucht er nach Informationen? Wohl eher bei Eon oder Yellow, denn zum Bildungskanon gehört wohl kaum Wissen über Strommastenbesitzstände. Die RWE-Konkurrenz aber brilliert online mit Komplettignoranz des Themas – so weit denkt man nicht in der daunenweichen Welt der Versorger.

Vielleicht ist das Denken der energiegeladenen Berufskommunikatoren aber auch einfach sehr schlicht: kein Strom, kein Internet. Stimmt ja auch. Nur gibts dann eben doch die, die von stromgespeisten Freunden und Verwandten aufgenommen, die in Notunterkünften mit dem Laptop sitzen oder die Nachbarn, die einfach wissen möchten, was los ist.

„Ach, ist doch egal“, sagen die Öffentlichkeitsarbeiter der Knickmasteninhaber, „Merken die schon, wenn wieder das Licht angeht.“

Nachtrag: Man hätte es ja auch über die Lokalradios (die auf dem platten Land tatsächlich eine relativ hohe Bedeutung haben) spielen können…


Kommentare


popster 29. November 2005 um 11:39

Heute morgen sagte jemand im Morgenmagazin der ARD, dass von den für Infrastrukturmaßnahmen zurückgestellten 11 Milliarden Euro (?) gerade mal knapp 2 Milliarden durch die Stromkonzerne reinvestiert wurden. Was passiert denn mit dem Rest? Das nennt man dann wohl „Shareholder Value“. Hauptsache die Rendite stimmt.

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User891274 29. November 2005 um 17:39

heißen die „black sites“ nicht „dark sites“? naja, dunkel ist dunkel. 😉

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Gerold Braun 29. November 2005 um 17:55

„Die fortschrittlicheren Unternehmen hätten vielleicht sogar auf ein Weblog umgeschwenkt ..“
Was für eine Chance: Ein PR-Mensch mit einem der Reparaturtrupps rausgeschickt und mehrmals täglich gebloggt, was da läuft.

Und wenn ich ein Ofenhersteller wäre, dann hätte ich einer der betroffenen Familien einen hingestellt und gleich noch ein kleines Notstrom-Aggegat für der mitgelieferten Laptop ..

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fisch 1. Dezember 2005 um 18:28

ohne strom kein netz oder radio?

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PR Blogger 2. Dezember 2005 um 11:17

Unser Leben braucht Sicherheit. Und die bietet Ihnen RWE Tag für Tag mit ganzer Energie. (RWE) Dieses Versprechen konnte RWE leider im Münsterland nicht ganz einlösen. Heute klingt der erste Satz, der sich auf der RWE-Website an Privatkunden richtet, f…

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Besserwisser08/15 2. Dezember 2005 um 12:23

Erwin, technisch gesehen könnten die Kunden durchaus weglaufen, beispielsweise mit einem kleinen Blockheizkraftwerk im Keller oder ein paar vielen Solarzellen auf dem Dach.

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Christian Franssen 9. Dezember 2005 um 14:20

Technisch wäre es auch möglich, mit dem Strom aus Biogasanlagen und Windkraftanlagen ein Inselnetz aufzubauen, so dass es auf die Hochspannungsleitungen gar nicht mehr ankommt. So weit sind die Anbieter der WIndräder und Biogaskraftwerke längst. Die Steuerung der Anlagen ist bloß nicht darauf eingestellt, das liegt aber wohl eher an den Anschlussbedingungen der Stromnetzbetreiber wie RWE und e.on. Wäre ja auch schlecht fürs Image, wenn RWE sich vorhalten lassen müsste, dass ausgerechnet die böse Windkraft im Münsterland das Netz gerettet hätte…

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Hubert sagen 24. März 2006 um 18:09

Das ist wohl nicht dein ernst. Was machst du wenn die Kühe oder Schweine nicht mehr kacken B.z.w der Kot nicht über Transportbänder zur Biogasanlage befördert wird? Und Wind geht auch nicht immer.
Dann brauchst du den Strom aus der Steckdose.Das heißt eine jederzeite Bereistellung der Energieversorger muß gewährleistet sein auch wenn keine Abgabe erfolgt.Aber Netze und Bereitstellung kosten Geld und das möchte keiner zahlen!!

Außerdem dient die Windkraft vielen doch nur dazu um Abschreibungsobjekte zu produzieren und sie verunstalten die Landschaft.

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