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Ich könnte mir vorstellen, Berufskommunikatoren haben einen bestimmten Alptraum, der sich nachts schweißgebadet hochschrecken lässt – und SAP macht ihn jetzt wahr. Erst ruft der Produktmanager an. Dann der Senior Executive Marketing EMEA. Der Chief Communications Officer ist aber ganz anderer Meinung und der Assi des CEO auch. Dann meldet sich die Sekretärin vom Country-Manager und lässt ausrichten, es müsse noch was geändert werden, was könne sie aber nicht sagen, weil ihr Chef jetzt erstmal eine Woche auf Dienstreise ist.

Ungefähr nach dem 20. Verbesserungsanliegen (oder besser -befehl) hält dann der Notarzt vor der Tür und lässt den Pressesprecher des SAP-Partners in die Geschlossene einweisen, weil der nur noch hysterisch lacht.

„PR-Regeln für Partner“ lautet der Titel eines Schreibens, das die SAP Deutschland AG & Co. KG heute an Partnerunternehmen geschickt hat. Der Inhalt lässt wenig Interpretationsspielraum: Alle Pressemitteilungen von Partnern müssen künftig einen mehrstufigen Genehmigungsprozess in der Badener PR-Zentrale durchlaufen. In dem Schreiben, das der COMPUTERWOCHE vorliegt, heißt es wörtlich: „Jede Meldung, in der der Firmenname von SAP, der/die Namen von SAP-Tochtergesellschaften, SAP-Lösungen, Produkten, Dienstleistungen oder Partnerschaften genannt wird, muss von der zuständigen SAP-Pressestelle, dem zuständigen Ansprechpartner im SAP-Partnermarketing und dem SAP-Partnermanagement (Strategic Alliance Network) beziehungsweise dem für das genannte Produkt, die genannte Initiative oder Technologie direkt verantwortlichen Mitarbeiter sowie unter Umständen von der SAP-Rechtsabteilung geprüft und genehmigt werden.“

Zur Prüfung werden ausschließlich Texte angenommen, die in elektronischer Form als Word-Attachment eingehen. Die Firmenpolitik der SAP sieht ferner vor, „dass keine SAP-Zitate zur Verwendung in Pressemitteilungen von SAP-Partnern zur Verfügung gestellt werden.“ Die Walldorfer behalten sich außerdem vor, Korrekturen sowie redaktionelle Änderungen vorzunehmen.

Für Partner entfällt damit auch die Möglichkeit, die Presse zeitnah zu informieren: „Partner sollten für die Prüfung und Genehmigung einer Mitteilung durch SAP durchschnittlich fünf Werktage einkalkulieren“, heißt es in dem Regelwerk. In manchen Fällen müsse dieser Zeitraum verlängert werden, da „die Dauer des Genehmigungsprozesses von der Verfügbarkeit der für die Prüfung zuständigen SAP-Mitarbeiter und der Detailliertheit des Gegenstands oder Inhalts der Pressemitteilung abhängt.“

Wer sich solch einen Humbug ausdenkt, hat entweder
– seine Lehre im Liegenschaftsamt Löffingen gemacht
– oder hat einen Bruder, der sich auf die psychiatrische Behandlung schwerstgestörter Berufskommunikatoren spezialisiert
– oder er hat einfach keinen Bock, dass etwas über ihn in der Zeitung steht.

(Gefunden bei Frau Lanu)


Kommentare


Alphager 16. November 2005 um 17:39

Gib mal nen Kommentar zur „Open-Source ist sozialistischer Dreck“ vs „Open-Source ist unser Freund“ Schizophrenie vom SAP-Vorstand ab.

Wie sieht es ein Berufs-Kommunikator wie du ?

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Martin Hiegl 16. November 2005 um 19:38

Als Word-Anhang ^^
Da hat SAP wohl vergessen, für was Email gedacht ist – nein, Dateitransfer ist nicht der Sinn hinter Email.
Ich glaube nicht, dass diese Regelung lange bestehen bleibt. Damit pinkeln sie sich ja quasi ans eigene Bein. Höchstens sie wollen, dass in der Presse wenig bis gar nichts von ihnen steht, was aber auch nicht geschäftsfördernd sein kann.

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Gerold Braun 17. November 2005 um 12:41

Wer sich solch einen Humbug ausdenkt, hat entweder

oder der wurde von höherer Stelle gefragt: Was machen eigentlich all diese Fuzzies in der Presseabteilung?

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Andreas W. Quiring 17. November 2005 um 14:09

Mir tun die SAP-Partner (häufig kleine und mittelständische Betriebe) leid, die ihre oft bescheidenen Mittel dazu nutzen, um via PR ein wenig auf ihr Unternehmen aufmerksam zu machen. Für so ein Unternehmen kommt diese Regelung faktisch ein PR-Verbot gleich. Denn man braucht schon ziemlich gute Nerven, um so einen Abstimmungsmarathon halbwegs gesund zu überstehen. Und wenn man es dann endlich geschafft hat, ist die Meldung wahrscheinlich nicht mehr aktuell.

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kaltmamsell 17. November 2005 um 16:36

Vermutlich ist das einfach nur eine Anforderung der ISO-Zertifizierung.
(Da wenn man mal anfinge, über Sinn und Zweck zu diskutieren…)

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pmf 20. November 2005 um 16:22

Nur die Spitze des Eisbergs! Das vorliegende Schreiben der SAP ist sehr amüsant, aber nicht neu. Diese Art der Zensur gab es in Walldorf schon länger und betrifft nicht nur lizenzierte Partner sonder auch eingetragene SAP-Vereine ? somit kein Grund zur Aufregung! Warum aber der bekannte Status, an den sich auch fast jeder gehalten hat, jetzt in Form eines unnötigen Briefes öffentlich wurde? Wir sehen hier wahrscheinlich einen SAP-internen Machtkampf. Diese Indiskretionen aus der SAP-Community sind unnötig und naturgemäß schnell wieder vergessen ? es gibt wichtigeres. Intern aber, kosten sie meistens einen oder mehrere Köpfe: Wetten werden angenommen, wer den neuen Positionskampf zwischen Walldorf, New York und Palo Alto für sich entscheidet.

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Besserwisser 20. November 2005 um 19:32

Es gibt schlimmeres. Wer mit der FIFA zusammenarbeitet, muss die Pressemitteilung bei EM.TV zwei Wochen vorher einreichen, damit die dann Unmengen von TMs einbauen und aus dem deutschen Wort „Fußballweltmeisterschaft“ das FIFA-Wort „Fussballweltmeisterschaft(TM)“ machen, denn nur diese Variante ist geschützt.

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Kai Lehmann 21. November 2005 um 14:58

Ich kann SAP verstehen: Die Arbeiten doch sicherlich mit zig (hunderten) Unternehmen zusammen. Wenn jeder kleine Betrieb alles, das er möchte, im Namen von SAP verbreiten kann, dann sind den Berufskommunikatoren bei SAP schnell schlaflose Nächte bereitet.

Sind wir mal ehrlich: SAP findet auch ohne den Ehrgeiz des Mittelstands in die Presse.

Letztlich wollten die ja auch nur verhindern, mit schlechten Pressemeldungen, die gar nicht von ihnen stammen, in diesem Blog zu landen.

Ok, das Ziel haben sie irgendwie verfehlt 😉

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37sechsBlog 7. März 2006 um 21:38

Kein Chefredakteur, keine Anzeigenabteilung und auch kein Rundfunkrat, der irgendwie Druck auf den Blogger ausüben könnte. Und das von den Postings betroffene Unternehmen (in diesem Fall die SAP AG) muss ohnmächtig zusehen und darauf hoffen, dass die …

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Benjamin 8. Oktober 2008 um 13:43

Da ist man ja regelrecht dankbar für die derzeitige Krise an der Börse, die ja nun auch SAP ganz schön dick erwischt hat. Vielleicht nutzen die Verantwortlichen ihre Energie dann mal dafür, den Kurs wieder zu heben anstatt sich solch einen Quatsch auszudenken!

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Dennis 28. Mai 2009 um 8:49

Kann auch nicht verstehen, warum man sich um so einen Unsinn kümmert, anstatt endlich mal mehr Einsatz in die Anwendung zu setzen. Irgend wann wird SAP das richtig zu spüren bekommen. Vielleicht konnte die Krise aber ihren Teil dazu beitragen, dass endlich mal etwas mehr daran gearbeitet wird.

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