Der Kanzler hat Journalisten zu Staatsmanipulatoren erhoben. Zu viel der Bösewichtsehre. Selbst an einfachen Dingen scheitern manche fest angestellten Medienmenschen nämlich. An Weblogs zum Beispiel.
Derzeit wagen sich viele gedruckte Blätter nach Klein-Bloggersdorf, wie die deutsche Weblog-Szene sich selbst nennt. Das ist gut, denn jeder der bloggt, hilft dieser neuen Publikationsform. Leider sind die meisten Weblogs von Redakteuren grauenvoll langweilig. Weshalb sie mutmaßlich nicht so ganz oft gelesen werden. Was wieder die Schreiber entmutigt. Das wieder sorgt für weniger Beiträge, was die Leserzahl noch weiter drückt. Davon handelt auch ein aktueller Artikel auf Heise.de (vielen Dank für die warmen Worte).
Die privaten Blogger lästern sich deshalb schon die Finger heiß, zum Beispiel über "Stern", "Tagesspiegel", "Zeit" oder "Süddeutsche". Und sie haben Recht: Leider sind die meisten dieser Blogs tatsächlich zum Gähnen. Nur: Warum?
Eine mögliche Erklärung liefert vielleicht ein Eintrag aus dem "Süddeutsche"-Blog Schwafelkosmos:
Man? Wer? Und warum? Blogs sind nicht "quick and dirty". Manche, ja. Aber es reicht einfach mal, sich ein wenig umzusurfen. Die melancholischen Gedankenverschwurbelungen von Frau Modeste sind nicht quick geschrieben. Herrn Alphonsos Renovierungserlebnisse sind zwar dirty aber auch nicht mal eben dahin gerotzt. Und solche visionierten Vor-Elefantenrundendiskussionen schütteln sich auch nicht mal eben aus dem Handgelenk.
Wer also glaubt, Weblogs seien nur schnell und dreckig, wer sich sogar unter den Druck setzt, unbedingt schnell und dreckig schreiben zu müssen, der wird scheitern. Vielleicht klappt es besser mit einer Besinnung auf die Wurzeln: Irgendwann sind die meisten Journalisten Journalisten geworden, die schreibenden zumindest, weil sie gerne geschrieben haben. Warum also in einem Weblog nicht einfach schreiben, was man gerne schreibt? Statt zu schreiben, was man zu schreiben müssen glaubt?
PS: Heute gab’s noch ein Lob. Und über das hab ich mich tierisch gefreut.
Nachtrag vom 21.9.: Dass man als Journalist auch von Anfang an einen starken Weblog-Auftritt hinlegen kann, beweist ABC-Reporter Jake Tapper.
Kommentare
Claudia 20. September 2005 um 20:52
Ja, das hat er wirklich fein geschrieben, der Sven.
Das Lob meine ich.
(Ich wußte gar nicht, dass sich Journalisten so vor dem Bloggen fürchten … )
ix 20. September 2005 um 21:00
das lob ist mir extrem leicht gefallen.
und der satz mit der besinnung auf die wurzeln bleibt hängen. was beispielsweise der herr sixtus (oder der her martenstein) auf seiner blogtour gemacht hat ist ein gang zurück an die wurzeln und das was ich von journalisten erwarte: witzig, angestrengt enspannt, nah dran, ehrlich, von neugier getrieben, mir blickwinkel öffnend die ich sonst nicht lese oder wahrnehme schreiben. eigentlich, sollte man denken, ganz einfach.