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Angela Merkel winkt. Natürlich in apricot gewandet, was jede Feuchtigkeitsdurchdringung deutlich sichtbar macht. Schweißflecken, zum Beispiel. Eigentlich kein großes Ding, wenn sich daran nicht die manchmal ungenügende Ausbildung von Journalisten festmachen ließe.

Ich spekuliere jetzt einfach mal: In der Internet-Redaktion des Bayerischen Rundfunks sitzen junge Kräfte, die versuchen über die Online-Redaktion nach oben zu kommen. Das ist nichts ungewöhnliches, oft ist das Web in der Tat ein gutes Sprungbrett zu den klassischen Medien (und dorthin zieht es, aller Neue-Medien-Euphorie und schlechter Alte-Medien-Zahlen zum Trotz, noch immer die meisten).

Eine dieser jungen Kräfte also bekam den Auftrag, aus den einlaufenden Agenturfotos eine Bildergalerie der Promis bei den Wagner-Festspielen in Bayreuth zu zimmern.

Das beste Foto von Angela Merkel war jenes, das sich auch auf der Seite 1 der „Süddeutschen Zeitung“ findet: Kanzlerin-in-spe mit Abendkleid und Ehemann, winkend. Doch was ist das? Merkel schwitzt. Oder hat geschwitzt. Auf jeden Fall zeichnet sich ein apricotfarbener Fleck unter der Achsel ab.

Vermuten wir also, dass es sich um eine weibliche Jungkraft des BR handelt, Männern wäre so was vermutlich egal. Sie aber greift zum Fotobearbeitungsprogramm ihres Vertrauens (oder besser des Vertrauens der BR-IT-Abteilung) und retuschiert. Ist doch kein Verbrechen, oder?

Hätte sie eine ordentliche Ausbildung in Medienrecht genossen, wüsste sie aber, dass jedes Foto, das bearbeitet wird, entsprechend gekennzeichnet werden muss. Hätte sie außerdem darüber nachgedacht, dass sich gerade solche lächerlichen Kleinigkeiten im Netz schnell rumsprechen, hätte sie vielleicht noch ihren Vorgesetzten gefragt.

So aber stellte sie die schwitzfleckfreie Merkel in die Bildergalerie und landete über Spiegel Online auf  in den Weiten des Netzes. Und sogar der Deutsche Journalisten-Verband nahm sich ihrer Arbeit an.

Nachtrag: Schnell sind sie zumindest beim BR. Das retuschierte Foto wurde noch am gleichen Tag entfernt, meldet Heise.


Kommentare


FoolDC 27. Juli 2005 um 15:07

Ich muss dem Kollegen widersprechen: Die Federkraft des Onlinejournalismus in Richtung Old Media ist begrenzt. Das liegt nicht zuletzt an der in klassischen Redaktionsstuben immer noch herrschenden Arroganz gegenüber dem neumodischen Scheiß, den wir hier so machen.

Wer mich eines besseren belehren möchte, kriegt auch gerne meine Kontaktdaten.

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tknuewer 27. Juli 2005 um 15:19

Hier im Haus zumindest gibt es einige, die von Online Richtung Print gegangen sind…

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Don Alphonso 27. Juli 2005 um 15:51

Nirgendwo werden Stoiber-O-Töne schöner geputzt als beim BR. Ich habe es in meiner Zeit als Landtagsreporter oft genug erlebt, dass man ihn gebeten hat, das nochmal zu sagen. Ohne Schnitt kann man den praktisch nicht quoten, was man leicht erkennen kann, wenn man mal beim TV-Stoiber die Augen schliesst.

Der gesamte BR hat gegenüber den rechten Parteien das Rückgrat eines gekochten Gummibärchens.

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FoolDC 27. Juli 2005 um 15:56

Das glaube ich gerne. Die Perspektive mag auch inzwischen für Printverlage und deren Online-Ableger stimmen, obwohl ich da auch schon andere Erfahrungen gemacht habe (die sind zugebenermaßen auch schon ein paar Jahre her). Schwieriger ist es mit den inzwischen auch nicht mehr so seltenen reinen Online-Medien, die keine dicke Verlagsmutti haben.

Gerade bei Diskussionen wie dieser konnte ich wiederholt feststellen, dass diese Medien von den Onlinern der Printverlage nur begrenzt wahrgenommen oder gar als zur Sippe gehörend betrachtet werden.

Und dass das oft angeführte Argument des qualitativen Unterschieds nicht immer greift, zeigt ja Merkels von den Online-Bayern (öffentlich rechtlich!) retuschierter Schweißfleck.

Vielleicht eine Praktikantin mit Anja-Tanja-Ambitionen und Grundkenntnissen in Photoshop?

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