Wenn es darum geht, ungeliebte Arbeit zu umgehen, kämpft mancher besonders hart. Auch in der kleinen PR-Agentur am Rande der Stadt.
Herr S. ist ein ungeliebter Kunde in der kleinen PR-Agentur am Rande der Stadt. Das liegt daran, dass er ein Internet-Angebot betreibt, von dem niemand weiß, warum man es anklicken sollte: einen Web-Katalog. Dort können sich Unternehmen eintragen und dann dürfen sie gefunden werden.
Dumm ist nur, das nur wenige Firmen dafür Geld bezahlen wollen, bei einer Internet-Seite gefunden zu werden, bei der niemand sucht. Deshalb wird die Seite ein klein wenig aufgepumpt, zum Beispiel mit einem Verweisen auf die Gold Flash-Cheerleader („Die GoldFlash Cheerleader sind ein Team von 5 bis 30 Jahren, männlich und weiblich, die viel Spass haben und auch zu buchen sind.“), in denen die Tochter von Herrn S. tanzt, oder auf den Bastelladen von Herrn S. Mutter.
Der Chef allerdings hat privat einiges Geld in das Angebot gesteckt. Und deshalb wird PR gemacht. Basta. Entweder von Junior Consultant Tanja-Anja oder von Senior Consultant Lars, sagt der Chef: „Jeder von Euch macht jetzt mal eine Probe-Pressemitteilung.“
Lars ist klar: Wenn er sich jetzt Mühe gibt, dann hat er einen nervigen und überkandidelten Kunden mehr – und deutlich weniger Zeit für die Abende mit Praktikantin Julia. Also gilt es strategisch vorzugehen: So gut schreiben, dass der Chef nicht meckert – aber so schlecht, dass Tanja-Anja den Job bekommt. Lars macht sich eine Liste:
1. Möglichst viele unnötige Anglizismen einbauen.
2. Das Portal mit Google vergleichen, obwohl es nicht mal 60 Einträge gibt.
3. Totale Nonsense-Sätze fabrizieren.
Es wird eine lange Nacht für Lars, aber das sind spätere, angenehmere lange Nächte wert. Würde ihn jetzt jemand sehen, den Kopf in die rechte Hand gestützt und merkwürdige Vokabeln murmeln, vielleicht würde er bald abgeholt und es ginge von der kleinen PR-Agentur am Rande der Stadt flux in die große Psychatrie am Rande der Stadt: „Look and feel… Claim… reamortisieren… Launch… Ranking… Goody… Invest…“ Langsam, irgendwann in gegen JB-Kerner-Abspannzeit, formen sich Worte zu Sätzen: „die Userfreundlichkeit dem Claim anpassen… mit dem Portal eine Lücke im Internet schließen…“
Es ist drei Uhr morgens, als die letzten Sahnehäubchen fehlen: Überschrift und ein Ausstieg der so blöd ist, dass es kracht. In die Überschrift muss Google, ist klar. Und hinten? Natürlich ein Satz wie die Werbung für einen Schuhladen in Ottmarsbocholt-Kattenvenne, „muss man sich merken“, seufzt Lars.
Geschafft! Erschöpft sinkt der Senior Consultant zusammen, die wenigen Reststunden der Nacht verbringt er auf dem Sofa der kleinen Agentur.
So gegen zehn wird Lars müder Körper erschüttert von einem wuchtigen Schlag der Macht auf die Schulter. Es ist der Chef: „Superarbeit! Sie haben den Job! Tanja-Anja hat nur 08/15-Kram abgeliefert. Aber wie Sie das Portal beschreiben, als spiele es in der Top-Liga – Spitze!“ Und laut liest er Lars Text vor:
Kampfansage an Google & Co.
Verbesserte Funktionen und neues Look & Feel
Bardowick, Flintbek; Der Webkatalog delter.de hat seine Suchfunktionalitäten und sein ?Look & Feel“ der stetig wachsenden Nachfrage angepasst. Nachdem man beim Launch im Februar noch auf eine klassische Darstellung gesetzt hatte, ist nun die Userfreundlichkeit weiter dem Claim angepasst worden. ?Schnell finden was man sucht.“
Außerdem kann man sich jetzt auch kostenlos registrieren lassen. Aber auch die Möglichkeit seinen Platz im Ranking zu ersteigern oder schlicht zu kaufen, ist inzwischen integriert. Gleich auf der Indexseite kann die Suche unterteilt werden. Regionales oder kategorienbezogenes Suchen wird so noch leichter, effizienter und damit für den User erfolgreicher. Auch die Unterteilung in den einzelnen Bereichen ist stark verbessert worden. So wird grundsätzlich nach 60 Einträgen die jeweilige Kategorie weiter verfeinert und damit die Darstellung und Position des Eintrags deutlich verbessert.
?Wir bieten dem User endlich die Chance, ohne viele Klicks die gewünschte Information zu bekommen.“ Frank Gade, Gründer und einer der beiden Geschäftsführer von delter.de, ist sich sicher, dass mit seinem Portal eine Lücke im Internet geschlossen werden konnte. ?Google ist jedem ein Begriff, aber die Suchergebnisse und Werbemöglichkeiten sind nicht optimal. Bei uns kommen die User schneller und genauer zu den gewünschten Informationen.“
Auch für Werbungtreibende ist delter.de ein idealer Partner. Schon für 6,99? pro Monat kann auf dem Portal geworben werden. Bei weit mehr als 1800 Usern pro Tag, ein Invest das sich schnell reamortisiert.
Um dem User noch ein weiteres Goody zu bieten, wurde der Bereich ?Schnäppchen“ aufs Portal gebracht. Hier können kostenlos Dienstleistungen und Produkte angeboten werden. Erst bei einer erfolgreichen Vermittlung fällt eine geringe Gebühr für den Verkäufer an. delter.de erweitert permanent seine Möglichkeiten und Nutzungsmöglichkeiten für die User.
?Schnell finden was man sucht.“ Ein Slogan den man sich merken sollte?
Weitere Abenteuer der kleinen PR-Agentur am Rande der Stadt:
Kurz vor Mitternacht
Koffeein-Schock
Mai-Ausflug
Frühlingsgefühle
Wahlkampf
Marcelinho
Kommentare
Christoph Maier 9. Juni 2005 um 13:35
Oh Gott, über delter.de bin ich auch in OpenBC gestolpert. Die beiden dahinterstehenden Herren sind schmerzfrei, was die Eigenvermarktung betrifft: https://www.openbc.com/cgi-bin/forum.fpl?op=showarticles&id=526031&articleid=526031
Klar, jeder hat mal klein und erfolglos angefangen. Aber die allermeisten sind es auch geblieben…
Frank Gade 13. Juni 2005 um 10:00
Nett geschrieben! Wir werden ja sehen!
Ralf Zmölnig 14. Juli 2005 um 16:30
Seiten wie Delter sind wie Lichtschmutz, keiner sieht wie sehr sie das Netz verstopfen und von den wesentlich Dingen ablenken. Und zugehörige Pressemeldungen tragen nur dazu bei, dass die Aufmerksamkeit bei den Empfängern für ernstfafte Themen weiter sinkt. Und richtig übel wirde es mir, wenn ich lese „…Bereich Schnäppchen aufs Portal gebracht“. Wow, eine Innovation wie ich sie bis heute noch keine 49Trilliarden mal im Netz gesehen oder gefunden habe.
Hoppe Hoppe Reiter, wenn Delter kommt dann schreit er!
Axel 9. September 2005 um 19:15
Ich hielt die Presse-Meldung im Text ja für ein Meisterstück der Prosa – aber die ist ja echt… Da haben die www.die-seebaeren.de den Empfängern wirklich einen Bären aufgebunden…