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Gerade twittert der geschätzte Ibo Evsan:

[blackbirdpie url=“http://twitter.com/Ibo/status/29825553984913408″]

Ich weiß nicht, ob dies ein Zitat oder seine Meinung ist – es ist eine mutige Aussage am heutigen Tag. Denn über Nacht wurde eine neue Werbeform auf Facebook bekannt. Und die könnte einen ähnlichen Wirbel auslösen wie im Jahr 2007 Facebook Beacon. Erinnern wir uns (Gott, 2007 scheint schon Äonen entfernt zu sein): Damals konnten Unternehmen, die mit Facebook kooperierten, die Käufe von Nutzern in ihrem Haus als Werbung nutzen. Wer zum Beispiel bei Amazon die Bibel erwarb, dessen Freunden konnte Amazon genau dies mitteilen – was neben der Privatsphäre-Frage das Thema Geschenke recht unschön gestaltete.

Und nun ein neuer Dienst – der fatal an Beacon erinnert.

Künftig soll jede Interaktion eines Facebook-Nutzers mit einem Unternehmen als Anzeige buchbar sein. „Thomas Knüwer gefällt Mario Batali“ – das könnte schon bald als Werbefeld auftauchen. Der Werbekunde kann dabei sogar in Form von Cost-per-action zahlen oder auf Deutsch: Erst wenn jemand durch diese Anzeige neuer Markenfan auf Facebook wird fallen Kosten an – Unternehmen werden das lieben.

Und ehrlich gesagt: Damit hätte ich kein Problem. Das Liken ist eine sehr flüchtige Form der Zuneigung – und ob ich eine Marke oder ein Produkt mag, das dürfen gern andere erfahren. Ich glaube auch, diese Haltung werden viele andere teilen.

Problematisch aber wird es bei anderen Anzeigen. Auch Facebook-Apps können so beworben werden. Die Teilnahme an Gewinnspielen würde somit öffentlich. Damit könnten Nutzer schon mehr Probleme haben.

Was aber nicht hinnehmbar ist – und vermutlich die nächste Nutzer-Protestwelle auslösen wird, ist die Verbindung von Werbung und Facebook Places. Dieser Dienst versucht den Erfolg von Foursquare zu kopieren: Der Nutzer checkt sich mit der Navigation seines Handys an einem Ort ein und teilt dies seinen Kontakten mit. Während Foursquare aber spielerische und auch ökonomische Anreize bietet (Sonderangebote, zum Beispiel), fehlt dies bei Places. Entsprechende Funktionen sind in der Entwicklung, aber noch nicht öffentlich. Derzeit nutzt keiner meiner engeren Kontakte Places.

Das wird auch wohl so bleiben. Denn die Lokalisierung ist etwas, was viele eben nur mit ihren Kontakten teilen möchten – und nicht mit der Welt. Wenn Facebook daraus nun Anzeigen macht – ohne die Möglichkeit, dies abzuschalten – dürften die Kunden wohl wieder einmal sauer werden. Die Haltung der Verbraucherschützer ist ohnehin klar – aber da geht es ja mehr um PR.

Im Jahr 2007 tobten viele Stürme um das Leuchtfeuer Beacon, die Wutnutzer machten mobil. Facebook reagierte: Der Dienst ging offline, man entschuldigte sich und versprach es besser zu machen. Das klingt verwerflich, tatsächlich aber ist diese Reaktion ja vorbildlich. Die wenigsten Unternehmen entschuldigen sich für Fehlverhalten und korrigieren nach Kundenprotesten ihr Verhalten. Obwohl jedes von ihnen täglich abwägen muss zwischen den Interessen der Kunden und den eigenen, wirtschaftlichen Interessen (ohne deren Berücksichtigung es ja nun mal keinen einzigen Arbeitsplatz und kein Produkt gäbe).

Was bei Facebook aber sauer aufstößt ist die Absehbarkeit mancher harscher Vorgehensweisen. Es war klar, dass Beacon nicht geliebt werden würde. Und es ist auch klar, dass die Verbindung von Werbung und Places für viele nicht akzeptabel sein wird. Ist es Arroganz, die Facebook treibt? Chuzpe? Der Glaube, damit durchzukommen? Oder ist man so sehr in einer digitalen Welt gefangen, dass die Abstraktionsfähigkeit verschwunden ist, sich den Rest der Gesellschaft da draußen vorzustellen?

Derzeit gibt es wenig, was Facebook aufhalten könnte. Doch betrachtet man die Geschichte von Social Networks, so stößt man eben auf klare Gründe, warum einige davon marginalisiert wurden – oder ganz verschwanden. Selten hatte das etwas mit Moden oder Vorlieben zu tun.

Immer aber mit Managementfehlern.


Kommentare


Petersen 25. Januar 2011 um 11:08

Die Check-Ins im Rahmen mit Ads werden doch nur meinen Freunden gezeigt, für die der Check-In ohne sichtbar wäre.
Und ich weiß aus diversen Quellen, dass Places von einer x-fachen Nutzerschaft verwendet wird als Foursquare – sowohl international als auch in Deutschland.

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Thomas Knüwer 25. Januar 2011 um 11:13

Spannende Frage mit den Places. Was sind denn Ihre Quellen?

Meine vierstellige Zahl von Kontakten hat ungefähr 50 Places-Nutzer, die sehr selten einchecken. Bei Foursquare filtere ich sehr stark meine Kontakte aus. Die aber checken sich mehrfach täglich ein.

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Usul 25. Januar 2011 um 11:27

Vielleicht fährt Facebook eine ähnliche Salami-Taktik wie Politikerkreise: Erstmal mit einer Maximalforderung ankommen, dann etwas zurück rudern und etwas durchbekommen, was zwar nicht der Maximalforderung entspricht, aber für sich genommen, wenn man gleich damit angetreten wäre, nicht akzeptiert worden wäre.

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Petersen 25. Januar 2011 um 13:18

Ich habe Auswertungen von Facebook erhalten, dass die Plattform in Deutschland über 2,1 Mio. Weekly Actives für Places hat (von 4,1 Mio. Mobile Weekly Actives), Stand Januar 2011. Ich glaube nicht, dass 4SQ in Deutschland auf diese Nutzerzahlen kommt, habe allerdings auch keine aktuellen Daten von Foursquare finden können.
Ich glaube nicht, dass man aus seinem eigenen Freundeskreis auf die Gesamtnutzerschaft schließen kann.

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Till Achinger 25. Januar 2011 um 14:05

„Lokalisierung ist etwas, was viele eben nur mit ihren Kontakten teilen möchten – und nicht mit der Welt.“ – Stimme völlig zu. Und anscheinend hat das selbst FB begriffen. Aus dem oben verlinkten AdAge-Artikel:
„The settings that exist for users to control whose feeds they see and who sees their feed also apply to the sponsored stories.“
Und weiter:
„The way that the product is today, a check-in post will show up in the ad feed exactly as the user wrote it. So if a user checks into Starbucks with a „I hate this place, but it’s the only coffee around“ then that’s exactly what the „ad“ turns out to be.“
In dieser Form bin ich damit einverstanden.

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Petersen 25. Januar 2011 um 15:23

+1 @Till

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Onlinewerbung – ein Dauertrauerspiel | webciety 10. Februar 2011 um 16:30

[…] stellt das Unternehmen immer wieder neue Werbeformen vor, zuletzt eine Mechanik, die aus den Aktivitäten der Freunde mehr oder weniger automatisiert Anzeigen generiert und deshalb wie beim letzten, ähnlichen Versuch von 2007 („Beacon“) in der […]

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