Der Westen nach dem Relaunch – so dürfte er aussehen

Der Westen, das übergreifende Online-Angebot der Waz-Gruppe, erhält immer reichlich Aufmerksamkeit. Das lag zunächst daran, dass die „Waz“ in einem Anfall nicht wiederkehrenden Mutes einst Katharina Borchert zur Chefredakteurin gemacht hat. Sie ging mit viel Schwung an den Start, Der Westen gruppierte die zuvor irrelevanten Online-Auftritte des Ruhr-Zeitungskonzerns zu einem respektablen Angebot. Funktionierte alles, gingen alle Erwartungen in Erfüllung? Nö. Aber es waren die ersten Schritte auf dem Weg gen digitales Zeitalter.

Nun ist Borchert bei Spiegel Online – und das Interesse am Westen reißt nicht ab. Denn nun giert es der Medienszene danach, was ohne sie passieren wird. Noch dazu unter der Führung von „Waz“-Print-Chef Ulrich Reitz, einem Journalisten mit unterdurchschnittlicher Online-Affinität.

Anfang dieser Woche – vermutlich heute Abend – wird Der Westen sich ein neues Kleid überwerfen. Relaunchen nennt das der Erkenschwicker. Zuvor brodelte die Gerüchteküche schon ein wenig. Nun können wir das Köcheln ein wenig runterfahren: Denn nach dem folgenden Klick können Sie Einblick nehmen in das – nach meinen Informationen – neue Design von Der Westen:So sieht’s also künftig aus im Westen:

Auffällig sind bei der Startseite zwei Punkte. Erstens erinnert das dominante, sich selbst austauschende Foto an Bild.de. Solche Hingucker (und damit meine ich nicht nur die Bikini-Schönheit im Screenshot) sind Hingucker und verleiten oft zum Klick.

Zum anderen sind da die neuen Nachrichtenspalten – eine für lokale Meldungen, eine für non-lokale. In der aktuellen Phase enthalten die Seiten alle noch Fülltext. Diese Anordnung dient mutmaßlich der Steigerung der Klickzahlen aus der Homepage heraus. Je mehr Meldungen der Leser auf Seite 1 sieht, desto mehr Klickmöglichkeiten bieten sich. Oder wie es Der-Westen-CVD Andreas Fettig dem „Journalist“ sagte: „So haben wir die Möglichkeit, die fünf wichtigsten Themen des Tages auf engem Raum zu präsentieren.“ Außerdem soll eine überregionale Meldung nicht mehr regionale verdrängen. Das finde ich merkwürdig: Letztlich ist das doch eine redaktionelle Entscheidung, was nun prominent platziert wird.

Eine Reihe Online-Nachrichtenseiten kennt das Problem aus dem Westen: Die Leser schauen sich nur die erste Seite an und klicken von dort auf Nachrichten. Alles was an Navigation nach der Homepage kommt, befindet sich nicht im Auge des Betrachters. So entsteht ein aus meiner Sicht ungesunder Trend: Nachrichtenseiten pflastern ihre Homepage mit mehr und mehr Schlagzeilen – und mutieren zum Dschungel. Dem versucht Der Westen zu entgehen, indem (zumindest in dieser Phase) Fotos konsequent nur in jenem Rotationsanreißer oben stattfinden. Eine Lösung, die ich zuvor so noch nirgends gesehen habe. Einerseits könnte die Denke dahinter richtig sein – andererseits wird so aber die Startseite recht unappetitlich, zumindest nach meinem Geschmack.

In den hinteren Bereichen tut sich dann nicht ganz so viel, zumindest wenn sich bis zum Relaunch-Start nicht noch etwas ändert. Die schon immer dominante Nüchternheit ist auch weiter das bestimmende Element. Mir persönlich war das seit dem Ur-Start schon immer etwas kühl – aber das ist reine Geschmackssache. Durch den Wechsel zwischen neuer Startseite und vorhandenen hinteren Seiten kommt bei mir ein leichtes Gefühl der Unausgewogenheit auf.

Tja, und sonst? Ändert sich auf den ersten Blick nicht fürchterlich viel. Das Wort Relaunch wirkt für mich deshalb ein wenig übertrieben, es ist in der raketentstufigen Terminologie eher ein Rebrush, eine Anpassung des Vorhandenen. Vielleicht aber steckt ja irgendwo noch etwas Spektakuläres, das mir entgangen ist.

Fazit: Aus meiner Sicht möchte Der Westen seine Klickzahlen durch eine Neusortierung der Startseite optimieren. Das könnte funktionieren, geht aber auf Kosten der Optik. Wie wichtig die den Lesern ist, wird sich dann weisen.

Zum Schluss aber noch die üblichen Schmunzler. Solch eine Relaunch-Zeit ist stressig für alle Beteiligten. Und deshalb lässt man gerne Dampf ab mit besonders absurden Füllertexten und Insidermeldungen. Mir sind dabei zwei aufgefallen: