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Wenn ich schreibe, dass Journalisten in Deutschland stark analog geprägt sind und in weiten Teilen wenig bis gar kein Gefühl für digitale Themen haben, werde ich häufig kritisiert.

Nun muss ich mich wohl entschuldigen. Denn offensichtlich dürfen Journalisten gar nicht auf Facebook sein. Es wird ihnen von einer höheren Macht verwehrt, sie können nichts dafür – und sie sind abgeschnitten von Informationen, die sie dringend benötigen.

djv logoAuf diese nicht hinnehmbare Situation, ich möchte gar von einer Medienkrise schreiben, weist uns die Branchengewerkschaft DJV (in Worten: Deutscher Journalistenverband) hin, wofür wir ihr unendlich dankbar sein müssen.

Ja, dankbar. Jenem Verband, der gerade Michael Konken als Chef verlor, Online-Skeptiker und glühender Verfechter des Leistungsschutzrechtes, jenen unermüdlichen Kämpfer gegen Blogger. Wie sehr der DJV um das Wohl seiner Mitglieder besorgt ist, zeigte auch die Wahl des neuen Vorsitzenden, die nicht linear und simpel erfolgte, sondern zur Bekämpfung von Krankheiten wie Alzheimer in einen Verfahren, das die Hirne der Mitglieder trainierte. Ja, es sind konservative, tradierte Werte, die der DJV pflegt, wie zum Beispiel das Recht des Älteren und das Patriarchat, wie jüngst das Medienmagazin „Zapp“ verkannte. 

Jener DJV also hat uns  darauf hingewiesen, dass Facebook offensichtlich Journalisten nicht gestattet, auf der Plattform aktiv zu sein. In einem Textstück im DJV-Blog beschäftigt sich der Verband in einem mühevoll verfassten und 1.191 Zeichen langen Artikel mit dem Facebook-Auftritt der Bundesregierung. Das wohl durchdachte und tief schürfende Essay von DJV-Pressesprecher Hendrik Zörner  endet mit den Worten:

„Was aber nicht in Ordnung ist: Offenbar verbreitet Seibert über den Facebook-Account Bilder und Nachrichten, die er den Medien verwehrt. Das muss sich schnellstens ändern, denn der Mann ist nicht nur PR-Manager, sondern auch der oberste Informationsvermittler der Bundesregierung.“

Es ist ein Skandal, dass den Medien verwehrt wird, was Regierungssprecher Steffen Seibert auf Facebook tut. Es wird Zeit, das Facebook-Verbot für Journalisten aufzuheben!

Oder hab ich da was falsch verstanden?


Kommentare


Thomas Wiegold 16. November 2015 um 14:13

Es ist noch viel schlimmer! Seit Jahrzehnten verbreitet die jeweilige Regierung Informationen in eigenen Printprodukten! Schon immer gab es gedruckte Broschüren – und offenbar wurden darüber Informationen und Bilder verbreitet, die der Presse verwehrt wurden!

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Michaela 16. November 2015 um 17:36

Statt immer nur Bätschi-Bätschi zu rufen, kann man ja schon ernsthaft kritisieren, dass die Bundesregierung bestimmte Nachrichten exklusiv auf Facebook bringt. Institutionen und Regierungen sollten so etwas nicht tun, sondern die Inhalte auch auf ihren Seiten bringen. Neben Zugangsargumenten und der Frage nach Unterstützung von Gated Communities, stellt sich für eine Regierung auch die Frage nach der Archivierbarkeit: Wenn Facebook die MySpace-Grätsche macht, dann sind die Inhalte ggf nicht mehr verfügbar.

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Thomas Knüwer 17. November 2015 um 9:52

@Michaela: Ähm…, nur um das noch mal klar zu schreiben: Die Facebook-Seite ist öffentlich und ohne Account lesbar. Folgerichtig könnte man auch kritisieren, dass die Bundesregierung auf ihren Homeapges Informationen liefert, die sie nicht zuvor per Fax an eine Elite (lies: Journalisten) exklusiv verschickt hat.

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Tim 17. November 2015 um 11:06

DJ-what?

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sportinsider 17. November 2015 um 20:43

Das ist eine sehr kleinkarierte Sicht der Journalistengewerkschaft. Dabei bin ich nun wahrlich kein Freund von Ex-ZDF Moderator Seibert und seiner Chefin, der protestantischen Pfarrerstochter Merkel. Aber der DJV, schön wie Thomas Knüwer an die Online Skepsis, dem Kampf für das Leistungsschutzrecht und die Ablehnung von Bloggern von Michael Konken erinnert. Der DJV scheint mir nicht mehr zeitgemäß zu sein. Die Facebook Posse um die Seibert Informationspolitik ist da nur ein weiteres Puzzle.

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Lesenswerte Links – Kalenderwoche 47 in 2015 > Vermischtes > Lesenswerte Links 2015 20. November 2015 um 8:01

[…] Deutscher Journalisten Verband beklagt: Journalisten dürfen kein Facebook haben, schreibt Thomas. […]

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