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Von wem stammen die folgenden Sätze?

„Mittlerweile haben wir rund 3.000 Mitgliedschaften zusätzlich verkauft. Das ist ein ordentlicher Umsatz, den in Deutschland nicht viele mit Online-Journalismus machen.“

„Man muss zwischen dem Branchentalk, also dem was in den Twitter-Filterbubbles debattiert wird, und dem, was tatsächlich passiert unterscheiden. Die 18.000 Menschen, die uns unterstützen, kommen aus den unterschiedlichsten Bereichen und sind in der Masse nicht die, die sich in den sozialen Netzwerken beschweren.“

Wer sich eingehender mit Medien beschäftigt, kennt den Duktus und die Argumentation – von Print-Verlagen, die mit aller Macht Paid Content durchsetzen wollen. Und wenn dann jemand einwirft, dass es schwer werden könnte, darüber ein Angebot zu finanzieren, oder wer die Qualität des Dargebotenen kritisiert, der muss sich vorwerfen lassen zu einer ominösen Gemeinde oder Filterblase zu gehören.

krautreporter

Nur: In diesem Fall kommen die Aussagen aus einer ganz anderen, eigentlich deutlich digitaleren Richtung: Krautreporter-Geschäftsführer Sebastian Esser und -Chefredakteur Alexander von Streit. Sie gaben dem Branchendienst Meedia ein Interview, das so derart an Erbrechtmedienhäuser erinnert, dass es den Leser gruselt – gleichzeitig aber eines der größten Probleme der Krautreporter offenlegt.

In den vergangenen Monaten hatte ich immer wieder mal Anlauf genommen, etwas über das crowdgefundete Journalismusprojekt zu schreiben. Jedes Mal aber nahm ich wieder Abstand, weil irgendwo irgendwer wieder einwarf, dass die Krautreporter doch Welpenschutz genössen, sich erst finden müssten, noch immer am Anfang stehen.

Doch wie lang soll dieser Anfang dauern?

Wir erreichen nun den Punkt, da die Crowd-Investoren angeschrieben werden, um sie um den Abschluss regulärer Abos zu bitten. Spätestens jetzt sollten wir wissen, wofür das Projekt steht. Doch eigentlich wissen wir vor allem, wofür es nicht steht. Zum Beispiel für Weiterentwicklung oder Fortschritte.

Denn die Kritikpunkte zur Zeit des ersten Geldsammelns bestehen für mich exakt so weiter. Die Bugwelle, mit der die Krautreporter heranrauschten, war gewaltig. Dies sorgte schon damals für reichlich Kritik. Zu keinem Moment entstand der Eindruck, die Verantwortlichen nähmen sich dieser durchaus fundierten Kritik an, begriffen sie im Sinne des alten Spruchs „Kritik ist Liebe“.

Stattdessen reagierten sie indigniert bis pissig. Noch gestern begegnete mir solch eine Reaktion bei einem Journalisten, den ich für einen der besten in Deutschland halte: Jens Weinreich. Einen fundiert-kritischen Blog-Artikel von Christian Jakubetz kommentierte Weinreich so:

Nur Supi-Dupi-Journalisten dürfen also Supi-Dupi-Journalisten kritisieren. One does not simply criticise a Krautreporter, um es mit einem „Herr der Ringe“-Meme zu sagen.

Bemerkenswert ist dabei, dass Esser und von Streit im Meedia-Interview sogar zu Geschichtsklitterung greifen:

„Esser: Ich habe nie versprochen, den Online-Journalismus zu reparieren oder zu retten. So ein Satz ist nie gefallen. Wer wollte so ein Versprechen auch einhalten? Es handelt sich ganz offensichtlich um eine Projektion. Wenn man nochmal liest, welches Problem wir beschrieben haben, dann stimmt die Diagnose unverändert: Die Werbefinanzierung von Journalismus verändert ihn im Netz zum schlechteren. Wir haben versprochen, es anders zu machen. Und das haben wir getan.

Von Streit: Das hat sich wirklich arg hochgeschaukelt. Wir haben tatsächlich gesagt: Der Online-Journalismus ist kaputt. Der letzte Satz dieser etwas längeren Passage war dann: Wir bekommen das wieder hin. Die Erwartungshaltung mit der viele Leute in die Unterstützung und Beobachtung des Krautreporter-Projektes gegangen sind, ist einfach extrem hoch. Wir werden meistens nicht an dem Tatsächlichen, sondern an der Erwartungshaltung gemessen.“

Nun, schauen wir uns doch an, was damals zu lesen war:

Krautreporter2

Der Satz ist nie gefallen? Es ging um die Werbefinanzierung? Vielleicht ist dies eine subjektive Wahrnehmung – aber ich lese diese Passage komplett anders. Und anscheinend bin ich ja nicht der einzige. Denn dieser kühne Satz mit dem kaputten Onlinejournalismus ist den Krautreportern schon damals um die Ohren gehauen worden. Zu keinem Zeitpunkt kam einer der Verantwortlichen auf die Idee zu sagen: „Ok, ok, wir haben uns vergallopiert – lasst uns nochmal neu reinkommen in unsere Beziehung.“

Auch die graue Vermengung von Sparker und Krautreporter wurde nie so richtig offen gelegt. Jene Plattform programmierte den wenig freudvollen Auftritt der Krautreporter zwar kostenlos, fungierte danach aber als technischer Dienstleister. Das wäre unbedenklich, wenn nicht Krautreporter-Geschäftsführer Sebastian Esser gleichzeitig einer der zwei Geschäftsführer von Sparker wäre. Wie hätten die kritischen Krautreporter-Reporter wohl darüber berichtet, wenn es nicht um sie ginge?

Ständig schwang in der Geschichte des Projektes Arroganz mit. Man mache alles richtig, man müsse Verständnis haben, Kritiker seien nur Nörgler und Neider. Das hat sich bedauerlicherweise bis heute nicht geändert. So sagt der von mir hoch geschätzte Alexander von Streit im Meedia-Interview: „Wir werden… an den Erwartungen gemessen.“

JA, WORAN ZUR HÖLLE DENN SONST?

Zur Messung einer Leistung bedarf es einer Messgröße. Für die Messung einer qualitativen Leistung gibt es keine objektiven Maßstäbe. Also entsteht Enttäuschung oder Begeisterung aus der Differenz von Erwartung und wahrgenommener Qualität. Wenn von Streit dies nun kritisiert, benimmt er sich wie ein Restaurantbesitzer, der ein Menü auf Sterne-Niveau ankündigt, Tiefkühlkost auftischt und sich dann beschwert, wenn seine Gäste das nicht so dolle finden.

Wobei er natürlich in einem Punkt Recht hat: Es ist eine massive Fehlwahrnehmung entstanden, denen die Krautreporter allerdings auch nie entgegen getreten sind (vielleicht, weil sie half, Geld einzusammeln). Denn in ihren ersten Missionstexten hat die Seite nie den Eindruck vermittelt hochgradig investigativ zu sein. Wer sich die Texte heute durchliest, stößt auf Sätze wie: „Wir möchten Erklärjournalismus groß machen, der interessant, aber nicht hechelnd die Welt Stück für Stück in Ruhe erklärt.“ Tatsächlich ist es (wenn ich es richtig sehe) nicht gelungen, auch nur Story zu veröffentlichen, die in das Feld des Investigativjournalismus fällt.

Gestern wurde der Grimme Online Award verliehen. Es ist schon bezeichnend, dass die Krautreporter es nicht auf die Nominiertenliste eines Preises geschafft haben, der einerseits journalistische Qualität unterstützt, andererseits bereit ist, sympathische Projekte zu unterstützen, selbst wenn sie nicht überbordende Geldmittel haben. Im Gegensatz zu den Krautreportern wurde das gemeinnützige Recherchebüro Correctiv für seine fantastische Recherchereise zum Abschuss des Flugs MH17 ausgezeichnet. Genau solch ein Stück ist den Krautreportern in diesen neun Monaten nicht einmal ansatzweise gelungen. Das war vielleicht auch nicht das Ziel, doch hatten viele in der Medienbranche dies erhofft und erwartet.

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Aber was gab es nun? Vor allem lange Artikel.

Thematisch war eine substanzielle Zahl dabei, die tatsächlich an anderem Ort noch nie aufgeschrieben wurden. Bei einigen war dies nicht verständlich, bei anderen schon. Allein: Es waren auch zu viele, die sehr, sehr beliebig daher kamen. Um ein Beispiel zu bringen: Einen Arzt zur gesellschaftlichen Debatte über Fettleibigkeit zu interviewen, gehört nicht zu den kreativen Meisterleistungen. Ebenso wenig wie der morgendliche Newsletter: Drei Nachrichtenthemen herauszugreifen und dann auf bevorzugt große Nachrichtenseiten zu verlinken – dafür braucht es keine Krautreporter.

Die allermeisten dieser Geschichten waren noch dazu zu lang. Es ist nicht den Krautreportern vorzuwerfen, dass es insgesamt zu wenige Autoren in Deutschland gibt (und ich fürchte: ihre Zahl sinkt eher), die in der Lage sind, eine lange Reportage so aufzubauen, dass der Leser durch eine emotionale Berg- und Talfahrt geschickt wird, an einer Geschichte mitleidet und am Ende das Gefühl hat, seine Zeit sinnvoll investiert zu haben.

Vorzuwerfen ist ihnen aber, dass sie nie den Versuch unternommen haben, mit Erzählformen zu experimentieren. Bilder, Videos, Töne – all das gibt es schon. Wo aber war der mutige Versuche, Dinge anders zu machen.

Noch einmal Grimme Online: Ausgezeichnet wurde gestern der Schweizer Journalistenschüler Daniel Barben für „Mamour, mon amour“. Ganz reduziert und ohne Möglichkeit des Vorspulens erzählt er die Liebesgeschichte einer Schweizerin und einem Senegalesen ohne gültige Papier. Man muss das nicht mögen: Doch es ist radikal anders. Solch ein Stadium haben die Krautreporter nie erreicht.

Seien wir ehrlich: Der Normalzustand der Krautreporter war gepflegtes Mittelmaß. Nicht mehr, nicht weniger. Und vielleicht deshalb tauchten Artikel der Seite im von den Machern so verächtlich als Filterblase titulierten Social Web nur selten auf. In meinen Streams auf Facebook und Twitter wurden keine Krautreportagen weitergereicht, auf Rivva tauchten sie ebenfalls kaum auf. All dies ist ein Zeichen, dass die Artikel nicht die Qualität mitbrachten, um von Menschen impulsiv geteilt zu werden. Nur ganz selten wollte man eine der Storys jemand vor die Nase halten und mit leicht zittriger Stimme sagen: „Hast Du das gelesen? Musst Du lesen!“

Dass es trotzdem gelungen ist, 3.000 Abos zu verkaufen, ist ein Erfolg. Und vielleicht bin ich auch nicht die Zielgruppe. Genauer: Ich bin ganz sicher nicht die Zielgruppe, denn wahrscheinlich werde ich nun ebenfalls als Nörgler bezeichnet. Nur bin ich eben auch Kunde von Krautreporter und einer der Crowd-Geldgeber. Und deshalb nehme ich mir heraus zu sagen: Das Projekt Krautreporter scheitert nach meiner Meinung an einem Mangel an Selbstreflexion und Kritikfähigkeit.

Wenn mich Esser dann in der angekündigten Mail fragt, ob ich ein Abo abschließen möchte, werde ich dankend ablehnen.


Kommentare


Horst 19. Juni 2015 um 11:02

Weitestgehende Zustimmung. Bei dem Treffen in den Redaktionsräumen war allerdings von „Man mache alles richtig, man müsse Verständnis haben, Kritiker seien nur Nörgler und Neider.“ nichts zu spüren. Da wurden offen auch Fehlentwicklungen angesprochen und eingeräumt. Schade, dass diese Offenheit anscheinend nicht nach „draußen“ kommuniziert wurde.

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somaro 19. Juni 2015 um 12:42

Wenn man sich ansieht, wieviele Kommentare der Krautreporter-Artikel bei Stefan Niggemeier hervorruft – alle negativ und das diese Leute ihr Abo nicht verlängern. 102 Kommentare, ich glaube so viele hatte ein Artikel von Mr. Niggemeier noch nie.

Es ist schade, als ich vor ein paar Tagen die Kritik von Mr. Jakubetz gelesen habe, musste ich erstmal schlucken, dass Mr. Niggemeier ihn als Freund löschte, weil er es wagte, dass Projekt zu kritisieren.

Und wenn man den Artikel von Mr. Niggemeier liest, er hat nichts dazugelernt. Er schiebt es auf die Software, gibt zwar zu, dass es keine gemeinsame Vision war, die alle zusammengehalten hat – aber Selbstkritik? Zu sagen, dass man planlos war und genau so offen war, wie ist die BILD und Spiegel immer sind? Nein.

Danke für diesen Artikel, Mr. Knüwer.
Ihre Formulierungen drücken aus, was wahrscheinlich alle denken. Bis auf die überheblichen Krautreporter.

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van Niedrigwasser 19. Juni 2015 um 14:59

Abseits der ganzen Debatte über die Qualität der Artikel, die Bedienung der Website und was sonst noch nicht ganz optimal lief, wäre mal interessant zu wissen, wie bei Krautreporter das 1. Jahr berechnet wird. War damit die Zeit ab der erfolgreichen Finanzierungsrunde gemeint oder erst ab dem tatsächlichen Start?

Grund für die Frage:

Auf Facebook fragte Carla Wolf am 11. Mai:

„Kann es sein, dass Ihr auf der Website viel weniger Beiträge postet als früher?“

Darauf gab es die Antwort der Krautreporter:

„Liebe Carla, wir veröffentlichen momentan aus finanziellen und qualitativen Gründen nur 1-2 Texte pro Tag. Aber das kann sich ganz bald wieder ändern. Danke für dein Verständnis! LG Thanh“

Qualitative Gründe kann ich ja noch nachvollziehen, aber schon ab Mitte Mai ein finanzieller Engpass? Das wäre nur dann halbwegs nachvollziehbar, wenn das „1. Jahr“ ab Juni 2014 gerechnet worden wäre. Dann hätte man sich bei der Kalkulation des Finanzbedarfs „nur“ um knapp einen Monat vertan.

Wenn mit 1. Jahr aber erst ab Oktober – also dem offiziellen Start – gemeint ist, dann hätte man schon nach fast einem halben Jahr deutlich mehr Kohle verbrannt als vorgesehen. Und das wäre ziemlich problematisch – erst recht, wenn man jetzt die Mitglieder bittet, noch mehr Geld nachzuschießen.

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Patrick 19. Juni 2015 um 15:25

Schöner Artikel. Ich finde die Idee der Krautreporter gut. Sie muss aber an der Selbstverliebtheit der Macher scheitern.

Warum soll werbefinanzierter Journalismus nicht unabhämgig sein? Alleine diese Frage stelle ich mir immer wieder. Werbung finanziert Journalismus in Deutschland und in anderen Ländern bereits über eine lange Zeit. Mir ist dabei noch keine FAZ oder kein SPIEGEL aufgefallen der sich hätte kaufen lassen. Die Schere im Kopf durch Anzeigenkunden? Ich habe einmal Verlagskaufmann gelernt und eines der ersten Dinge die uns mitgegebn worden ist, ist die Unabhängigkeit der Redaktion.

Ich habe mierlebt wie große lokale Anzeigenkunden, ebenso wie nationale Anzeigenkunden, versucht haben bei Themen die ihnen nicht so passten etwas sanften Druck auszüben. Ich habe Anzeigenleiter mit Tränen in den Augen gesehen, weil Aufträge storniert worden sind.

Mich stört die arrogante Haltung hinter der Aussage. Nur wenn wir nicht werbefinanziert sind, dann sind wir gut. Alles andere im Internet ist schlecht. Schlecht ist der Journalismus im Internet nur deshalb, weil die Preise am Ar*** sind und deshalb die Refinanzierung der Webangebote immer schwieriger wird, nicht weil irgendjemand wegen seiner Anzeige Einfluss nehmen möchte. Bezahlschranken brauchen wir nicht, wenn die Preise für Internetwerbung eine vernünftige Basis hätten. Die Krux ist die Messbarkeit. Branding ist doch eigentlich kein Thema bei Internetwerbung. Am Ende geht es um Performance, um KPI wie CPOs oder CPS (Cost per Order oder Sales). Mediaagenturen die sich von Kunden immer weiter in den Honoraren nach unten verhandeln lassen, verhandeln die Verlage auch immer weiter nach unten.

Jetzt soll ich also eine Mitgleidschaft für ein Onlineportal abschließen und hoffen niemand würde von den Mitgleidern Einfluss nehmen? Wenn ich Mitgleid wäre und kräftig spenden würde, dann würde ich mir mehr Einfluss erhoffen als mit jeder Anzeigenschaltung. Deshalb sind die Krautreporter ein netter Versuch, aber keiner der sich durchsetzen wird.

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Patrick 19. Juni 2015 um 15:28

Gut, ich habe zu früh auf senden gedrückt, ihr dürft daher meine Buchstabendreher und Tippfehler behalten… Sorry

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somaro 19. Juni 2015 um 17:15

@Patrick
Sie haben beim Spiegel noch keine werbefinanzierten Artikel gefunden? Dann lesen Sie den wohl nicht.

Bei der FAZ ist das klar, dass ist die ABSOLUT EINZIGE Zeitung in Deutschland, die sich durch die Abonnements finanziert und nicht im Einzelverkauf verfügbar ist. Im Gegensatz zu den anderen Medien, die alle irgendwelchen reichen Familien gehören, kann es sich die FAZ nicht leisten für ein paar Tausend extra die Abonemmenten zu vergraulen.

Was ja aber leider nicht heisst, dass die FAZ besonders ausgewogen oder intelligent berichten würde…

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Daarin 19. Juni 2015 um 17:29

@Patrick: Aber dadurch dass die Preise im Keller sind, sind die Online-Redaktionen doch gerade erpressbar geworden.
Dann gibt es immer mehr Firmen die keine Werbung mehr machen sondern PR, also die dafür sorgen dass über sie berichtet wird. Warum macht man das als Medienunternehmen eigentlich mit? Im Prinzip verschenkt man da doch die Werbeleistung und senkt sie eigentlich auch noch, denn offen gesagt möchte ich in der Zeitung, egal ob Online oder Offline, nichts davon hören, dass gerade wieder irgendein gaaaanz tolles Festival irgendwo ist.

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Patrick 19. Juni 2015 um 17:52

@somaro: Also, ein werbefinanzierter Artikel wird mit dem Wort -Anzeige-, meist oben rechts, in Printtiteln gekennzeichnet. So würde es auch der Spiegel machen, bzw. macht es der Spiegel. Ihre Aussage zur FAZ ist schlicht falsch. Ca. 80% der verkauften Auflage der FAZ sind, laut IVW Meldung 1.Quartal 2014, Abostücke, der Rest ist Einzelverkauf oder sonstiger Verkauf.

Dies ist übrigens bei fast allen Abozeitungen in Deutschland so. Einzig die EV-Titel wie BILD und AZ haben natürlich ein anderes Verhältnis.

Die FAZ könnte es sich aufgrund ihrer Eigentümerstruktur noch am ehesten leisten, denn sie gehört einer Stiftung die ihre Gelder, laut Satzung, auch wieder in Zeitungen/Journalismus reinvestieren muss. Also keine Ausschüttung an irgendwelche Familien vornimmt.

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stefan niggemeier 19. Juni 2015 um 18:36

Ich müsste da einigem widersprechen, will aber nur auf einen Punkt hinweisen: Die Passage zum Thema „Der Online-Journalismus ist kaputt…“ Du zeigst dankenswerterweise das komplette Zitat im Original, und meinst trotzdem, dass Alexander und Sebastian „Geschichtsklitterung“ betreiben, wenn sie darauf hinweisen, dass es um Werbefinanzierung ging und nicht darum den Online-Journalismus zu „retten“ oder zu „reparieren“. Aber genau das kann man doch dem Screenshot entnehmen. Da steht, plakativ, dass der Online-Journalismus kaputt ist, und dann im Detail, was wir damit meinen (problematische Folgen der Werbefinanzierung vor allem, mehrere Beispiele). Dann steht da, plakativ, das wir das wieder hinkriegen, und dann, wie wir das meinen: Dass wir versuchen wollen, anders zu arbeiten, nicht in diese Versuchungen zu tappen, die die Werbefinanzierung mit sich bringt, eine Alternative zu sein.

Ich verstehe nicht, wie man selbst im Angesicht des konkreten, ausführlichen Zitates immer noch nicht sehen kann, wie das gemeint war. Als ob wir gemeint hätten, dass wir „den“ Online-Journalismus „retten“! Nein, das haben wir nicht gesagt und nicht gemeint. Wir haben gemeint, wir kriegen das wieder hin, eine alternative Logik zu entwickeln, dank der Finanzierung.

Nun haben die heftigen Reaktionen gezeigt, dass die Formulierung nicht geschickt war, das lässt sich schlecht bestreiten. Aber: Die Kritik an „Krautreporter“ hängt sich ein Jahr danach immer noch an diesen Formulierungen (und übertriebenen Umformulierungen davon) auf? Im Ernst?

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Thomas Knüwer 20. Juni 2015 um 8:04

@Stefan: Natürlich hängt es sich daran auf. Denn wie solche Maßstäbe entstehen schrieb ich oben. Oder um es im Konzern- und Beratersprech zu sagen: Es gibt Defizite im Erwartungsmanagement. Zu keinem Zeitpunkt wurde ein neuer Bewertungsmaßstab kommuniziert oder weiter erklärt, was Krautreporter sein will. Selbst detaillierte Kritik wurde abgetan. Deshalb steht in der Öffentlichkeit weiter dieser alte Maßstab. Und das darf niemand überraschen.

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somaro 19. Juni 2015 um 20:09

@Patrick
Sagen Sie mal, werden Sie für diesen Blödsinn bezahlt oder glauben Sie das wirklich? Mit Anzeige gekennzeichnet… klar, wenn die Redaktion das für sinnvoll hält. Ich werde jetzt nicht jeden einzelnen Fall auflisten, sondern verweise mal auf Mr. Niggemeier und das Bildblog, welche die „aggressivsten“ Formen der Werbung in Artikeln beschrieben haben.

Auf die Gedanken, dass eine Zeitung das nicht tut – Artikel an Werbekunden zu verkaufen – darauf muss man auch erstmal kommen. Ich weiss nicht in, welcher Welt der Gedanke normal ist. Wahrscheinlich in der gleichen Welt, in der geglaubt wird, die ÖR wären unabhängig und der Spiegel wäre ein aufklärerisches Magazin.

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Shut up and take my money | 20. Juni 2015 um 3:22

[…] zum Thema Krautreporter auch bei Thomas Knüwer, Marcus Schuler und Felix Schwenzel. Zur Frage von Wartezeiten für Bezahlangebote auch hier im […]

Antworten

Patrick 20. Juni 2015 um 5:47

@Somaro, ich habe, schätze ich mal, mehr Stunden in Anzeigenabteilungen verbracht als sie und neige eher dazu selbst erlebtes und selbst gelebtes wiederzugeben, anstatt mich von wilden Theorien leiten zu lassen. Ihre Auslassungen zum Thema FAZ sind dafür ein gutes Beispiel.

Wir kommen vom Kern ab. Würde ich dafür bezahlt, was ich hier schreibe, dann würde ich es natürlich mit „Anzeige“ kennzeichnen.

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Frau Meike 20. Juni 2015 um 12:45

Danke, Thomas, ich finde mich da in vielem wieder. Die Geschichte um KR hat mir, seitdem das Crwodfunding gestartet ist, mehrfach Momente bereitet, in denen ich mich schmerzerfüllt zusammengekrümmt habe.

An den lahmen Inhalten, die zu einem Großteil nur Inhaltsattrappen sind, habe ich mich früher schon geäußert. Ich bin nach wie vor fassungslos darüber, wie Linklisten und Newsletter von den KR-Chefs immer noch als DIE journalistische Revolution abgefeiert werden. Alle 20 Sekunden erfinden die eine neue Linkliste, Wochenpost, Morgenpost, Monatspost, Medienmenü, Lieblingsreportagen, meine Güte. Dieses Linksammlungsgetöse wäre mir selbst bei einem privaten Blog, für den ich keine Puseratze ausgebe, zu wenig Inhalt.

Was ich aber für die wirkliche Katastrophe halte, ist die Sache mit der Technik. Ich weiß nicht, woher Du die Info hast, dass die Website gratis programmiert wurde, ich habe gehört, die soll allein über 100.000€ vom Startkapital gefressen haben. Diese Website war von Anfang an ein Disaster, wichtige Communityfunktionen waren gar nicht vorhanden, die Plattform war voller funktionaler Fehler, das unsägliche Auto-Laden folgender Artikel machte es nahezu unmöglich, Kommentarstränge aufzurufen (die man einzeln aufrufen musste, um zu sehen, ob es Neues in den Diskussionen gibt). Es war einfach von vorne bis hinten ein pain in the ass, Geschichten auch nur zu lesen, vom Diskutieren will ich gar nicht reden. Zeit, eine inhaltliche Linie zu finden, hätte ich KR immer eingeräumt, aber eine fehlerhafte Seite, die zum Teil gar nicht zu bedienen ist, verzeihe ich nicht. Meine Zeit ist zu kostbar, minutenlang hin und her zu scrollen, bis ich endlich zufällig die richtige Kommentarstelle finde.

In meinem Begründungskanon, nicht zu zahlen, macht die Plattform locker 60% aus, trägt also die Hauptschuld. Nach meinem Wissen hat Sebastian die Entscheidung einer Neuprogrammierung gegen alle Widerstände nahezu allein durchgedrückt. Und ich finde es unfassbar, dass er zu keinem Zeitpunkt die Verantwortung für diesen Bockmist übernommen hat. Jemandem, der so mit eigenen Fehlentscheidungen umgeht, vertraue ich kein Geld an (auch wenn das natürlich zu diesem arroganten Teflonauftreten passt, an dem jeder noch so begründete Kritikpunkt abperlt). Selbstkritik, Fehlereinsicht? Sucht man vergebens.

(Entschuldige den Sermon, aber ich bin sauer.)

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Als satter Gast am Buffet der Krautreporter | InKladde 22. Juni 2015 um 21:54

[…] die Texte zu lesen. Das hat sicherlich mit der Umsetzung zu tun, und ich schließe mich einfach der Kritik von Thomas Knüwer an, die ich in Vielem teile, um das alles hier nicht noch einmal ausbreiten zu […]

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Leseempfehlung vom 23. June 2015 | off the record 23. Juni 2015 um 16:00

[…] One does not simply criticise Krautreporter […]

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Das Dilemma der Krautreporter und die fehlende Gelassenheit – sportinsider 23. Juni 2015 um 20:12

[…] angekündigten Projekt. Thomas Knüwer, ehemaliger Handelsblatt Journalist, titelt auf seinem Blog One does not simply criticise Krautreporter und pfeift zu Recht auf den von einigen eingeforderten Welpenschutz. Auch Don Alphonso nimmt sich […]

Antworten

Sind die Krautreporter zu retten? 29. Juni 2015 um 14:38

[…] geht, kursieren jedoch  in der Branchen-Blase derzeit manche Bekennerschreiben: Pro und Contra. Interessant war dabei die Frage, die in einem kleinen Twitter-Dialog aufgeworfen […]

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Warum ich (noch?) nicht bei Perspective Daily mitgemacht habe | Laute irrt 12. Februar 2016 um 15:23

[…] Journalismus, wie herkömmliche Medien. Wer mehr über die Kritikpunkte lesen will: Da haben andere schon viel darüber […]

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