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In meiner frühen Teenager-Zeit war es ein Statussymbol, Dienstags bis um 22.30 aufbleiben zu dürfen. Denn um 21.45 begann „Dallas“. Man kann sich heute kaum noch vorstellen, dass diese Seifenoper mit ihrem biederen Erzählrhythmus eine derartige Faszination ausübte. Doch war sie in den 80ern eben die vielleicht einzige TV-Serie, in der es galt, einen definitiv Bösen sympathisch zu finden: JR, gespielt von Larry Hagman.

1994 dann interviewte ich Hagman. Bauer Ewald vom Prickingshof hatte ihn einfliegen lassen. Das klingt skurril und war es auch: Jener Ewald hatte aus dem dümpelnden Bauernhof seiner Schwiegereltern (danke für den Hinweis!) einen Schau-Landwirtschaft gemacht, die auch heute, nach seinem Tod, die Kaffeefahrtenbusse anzieht wie Flutlicht Insekten – eine ganz eigene Geschichte. Seine Methoden waren, nun ja, manifestierte Bauernschläue, weshalb der WDR ihn einmal als „JR des Münsterlandes“ bezeichnet hatte.

Nun gönnte sich der JR des Münsterlandes zum 65. Geburtstag JR aus Dallas. Und natürlich rauschten die Fan-Busse aus ganz Deutschland heran. Zu dieser Zeit studierte ich und arbeitete bei Unfunk mit, dem damaligen Uni-Radio (das tatsächlich ein Programm im Bürgerfunk von Antenne Münster) war. Und wir hatten die schräge Idee: Warum nicht JR interviewen? Hatte zwar nichts mit Hochschule zu tun – aber egal.

Ich glaube, heute würde diese Interviewanfrage abgeschmettert. Damals aber nicht. Es gab eine Bestätigung, eine Zeit, eine Akkreditierung (ich glaube, in Form eines selbstgebastelten Button). Hagman wurde per Hubschrauber eingeflogen, weißer Anzeug, weißer Cowboy-Hut, über der Schulter baumelte eine Satteltasche mit den Initialen „JR“. Viel zu sehen bekam das Volk nicht. Im offenen Wagen wurde er durch die Menge gefahren, dann ging es ins große VIP-Zelt.

Am Nachmittag dann Interviews im 10-Minuten-Takt. Vielleicht war es eine Pflichtübung. Doch im Gegensatz zu anderen Glamour-Interviewpartnern, die ich traf, ließ Hagman einen das nicht merken. Er war gut gelaunt, charmant, schlagfertig – es war ein kurzer, großer Spaß.

Am Freitag ist Hagman seiner Krebserkrankung erlegen. Es ging ein Unterschätzter: Einer, der einerseits seichte Stoffe verkörperte, sich andererseits aber nicht der Mediengesellschaft unterordnete. Er war links, machte keinen Hehl aus seiner Zuneigung zu bewusstseinserweiternden Substanze und engagierte sich für soziale Zwecke. Mit seiner Haltung und seinem Auftreten war er ein Vorbild und echter Typ.

RIP, Larry Hagman


Kommentare


Hajo 25. November 2012 um 14:41

Wikipedia und prickings-hof.de geben an, es sei der Hof der Schwiegereltern.

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Thomas Knüwer 25. November 2012 um 15:52

Danke für den Hinweis!

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Peter David Anderson 26. November 2012 um 21:18

R.I.P

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