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Fassen wir mal kurz zusammen: Konstantin Neven DuMont wird Social-Media-Editor bei Axel Springer, Zynga kauft Warner Music, der EuGH verbietet LOL-Cats. Wow, WOw, WOW? Nein, natürlich, April, April, April.

Schon meckern eine Reihe Menschen in meiner Twitter-Timeline über Aprilscherze, dass sie die nicht bräuchten und dieser Tag der nervigste des Jahres wäre.

Gestern lieferte ich mir eine kleine Twitter-Konversation mit der „Münsterschen Zeitung„, die verkündete, garantiert keine April-Scherze zu machen. So schrieben die „MZ“ler: „Als ob #Aprilscherze noch zeitgemäß wären. Die Wirklichkeit ist doch häufig schon absurd genug.“

(Schmuckbild: Begrüßung eines neuen Kunden vor der Firmenzentrale von kpunktnull)

Nun begann dieses Blog ja auch mit der Klage über sterbende Traditionen. Und deshalb bin ich persönlich ganz anderer Meinung. Ich finde Aprilscherze zeitlos und – so sie gut gemacht sind – unterhaltsam. Allerdings scheint für manche Redaktionen der 1. April so zu sein wie Weihnachten: Überraschend kehrt diese Festivität in jedem Jahr am gleichen Tag zurück. Und nun muss was drüber gemacht werden.

Das ist schade. Denn mit einigem Grübeln können sogar Journalisten schaffen, was sonst so schwer ist: lustig sein.

Über DuMont, zum Beispiel, habe ich herzlich geschmunzelt. Oder über die Ankündigung der Huffington Post, eine Paywall für Mitarbeiter der „New York Times“ zu errichten. Leider trauen sich viele Redaktionen aber auch nicht, Menschen tatsächlich in den April zu schicken. Also, so richtig logistisch. Weil man sich Ärger zuziehen könnte.

Vor langer, langer Zeit, in der Lokalredaktion Senden der „Westfälischen Nachrichten“ war das anders. Wir planten mit ausreichend Vorlauf. Und platt sollte es auch nicht sein. Am besten sollten sich Menschen, zumindest ein paar wenige, irgendwo versammeln.

Im ersten Jahr, als ich bei diesem Projekt beteiligt war, klappte das ziemlich gut. Zu jener Zeit gab es im Münsterland viel Gerangel um das Projekt Preußen-Park. Der von mir ebenfalls geliebte SC Preußen Münster sollte ein neues Stadion bekommen. Die Otto-Tochter ECE sollte es bauen und erhielt im Gegenzug das angrenzende Grundstück um dort ein Einkaufszentrum zu errichten und zu betreiben. In jener Zeit, es dürfte so 1993 gewesen sein, kochte die Diskussion gerade richtig hoch.

Unsere Idee: Alle Beteiligten haben die Schnauz voll – der Preußen-Park kommt nach Senden, die Fans pendeln die 20 Kilometer. Um das glaubwürdig zu machen, kam der Club selbst an Bord: Vor einem Spiel fotografierte ich zwei Spieler mit Senden-Stadtplan. Und es werde eine Informationsveranstaltung am 1. April im Rathaus geben.

Eines aber hatten die Redakteurinnen der „WN“ übersehen. Jener 1. April fiel auf einen Karfreitag. Die Zeitung erschien zwar, es kam eine Dienstanweisung, wegen des Feiertags keine Aprilscherze zu produzieren. Mit einer Sondergenehmigung kam dann der einzige Scherz aus Senden. Und er zog: Zum angegebenen Termin erschienen tatsächlich ein, zwei Hand voll Menschen am Rathaus – und wurden mit Freikarten für die Preußen entschädigt.

Der eigentlich Brüller folgte aber am Dienstag nach Ostern. Als ich in die Redaktion kam, saßen meine Redakteurinnen haltlos kichernd am Schreibtisch und fragte, ob ich schon die Nachrichten des zuständigen Lokalsenders Radio Kiepenkerl gehört habe. Nö, hatte ich nicht: Den ganzen Vormittag meldete Kiepenkerl als Top-Meldung, der Preußen-Park komme nach Senden. Nachrecherchiert hatten sie nicht: Weder die Gemeinde noch der SC Preußen hatten einen Anruf bekommen.

Im Jahr darauf lernte ich die harte Wahrheit, dass Eltern Scherze auf Kosten der Karriereträume ihres Nachwuchses eher so unterdurchschnittlich lustig finden. Diesmal verkündeten wir, den Dreh einer neuen ZDF-Serie im Schloss Senden – und suchten dafür Kinder als Nebedarsteller. Blöde Idee. Wie ich feststellte, als die anwesende Erziehungsberechtigten die Äußerung „April, April“ mit Zetern und Mordioen begleiteten.

Also: Ich bin ein Freund von Aprilscherzen. Einmal im Jahr darf man rumspinnen, auch als seriöses Medium. Und ich würde mir wünschen, mehr Redaktionen gingen den 1. April mit Planung, Liebe und Akribie an.

Übrigens: Haben Sie schon von Gmail Motion gehört?

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Kommentare


Felix 1. April 2011 um 16:04

Das ist das Hauptproblem: die meisten Aprilscherze von Zeitungen und sonstigen Medien sind so platt, dass sie nicht mal wirklich versuchen, lustig zu sein. Und genau diese Art überflüssiger, weil nicht wirklich durchdachter Scherze sind es, die das ganze Aprilscherzwesen nervig werden lassen. Ich lache gerne über gute Scherze. Aber die gibts kaum.

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TKoch 1. April 2011 um 16:12

Dann finde ich es aber von der MZ nur konsequent ganz auf die Scherze zu verzichten, als sich notgedrungen irgendeinen Mist einfallen zu lassen.

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Aprilscherze 2011 – Eine Übersicht » Aprilscherz, Netz, Kommentar, GoogleWatchBlog, Google, Berlin, Sperrstunde, Tweets » Informelles 1. April 2011 um 16:14

[…] reinfallen, ist das doch witzig. Warum das vermehrt negative Tweets produziert, kann man auch bei Indiskretion Ehrensache nicht verstehen. Die meisten dieser Anti-April-Twitter-User benutzen auch noch extra den Hashtag […]

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Konstantin Neven DuMont 1. April 2011 um 17:15

Hoffentlich ist der 1. April bald vorbei. Über Nachrichten-Enten kann ich heute nicht lachen. Das liegt aber vor allem daran, dass sich die Mobbing-Geschichte hinzieht wie Kaugummi.

http://www.facebook.com/profile.php?id=1797549804#!/profile.php?id=1797549804

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149 1. April 2011 um 17:58

[…] April, freut sich aber, wenn sich Menschen mehr Vorlauf für ihre Scherze lassen, wodurch dann kreativere Ideen zustande kommen. Schön finde ich noch die Idee von unserem Leser Jakob über die […]

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vera 1. April 2011 um 19:33

– und lege ich dir das hier für künftige Twitterzitate ans Herz. Recht haste.

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DAMerrick 1. April 2011 um 19:34

Wenn es dann gut wäre mit den Scherzen wäre das Ok.
Aber heute haben 10 Blogs einen Scherz weiterverbreitet weil sie ihn für wahr hielten, manche fragen mich noch heute wie sie „Opera Gestures“ (Der Scherz von Opera von 2009) aktivieren können und gestern kam eine SPAM Mail bezugnehmen auf einen Scherz von 2005.

Die Scherze verschwinden nicht mehr. Nichts gegen den Fool’s day.
Aber die MZler haben Recht. Die normalen Nachrichten werden so aufgebauchst, die normalen News sind schon absurd genug. Wie, Wann und Woran soll man da den Scherz erkennen?

Und wie bringt man den Leuten bei das es ein Scherz ist ohne den Scherz zu verrrtan zum zu verhindern das sie es ernst meinen und noch 10 Jahre die Story durchs WEb geistert?

Früher war ein Scherz nach spätestens 3days vergessen, heute bleibt er bestehen und wird nach der dritten WEiterleitung als Echt gehalten weil jemand als Quelle „Fool’s Day“ vergessen hat anzugeben.

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Glanzlichter: Ein Kaninchen, eine Lokalzeitung und das Guidomobil — CARTA 1. April 2011 um 20:03

[…] Knüwer Statt April-Scherz: Grübeln über April-Scherze Na ja, die Wahrheit ist auch wirklich absurd […]

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Glanzlichter 59 « … Kaffee bei mir? 1. April 2011 um 20:04

[…] Knüwer Statt April-Scherz: Grübeln über April-Scherze Na ja, die Wahrheit ist auch wirklich absurd […]

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b 1. April 2011 um 22:53

Bei den WN gibt es heute keine Aprilscherze mehr. Weil es – wie du schriebst – über ein langes Wochenende mehrmals daneben gegangen ist – ohne Preußen-Karten als Entschädigung.

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April-Scherz-nicht-lustig-Finder 2. April 2011 um 11:49

@Damerick beschreibt, was in der Wissenschaft schon nicht klappt, obwohl die sogar alle Diplome, Dr-Titel und Prof-Titel und Nobelpreise haben: Funktionierender wirksamer Rückzug von falschem Wissen.

Spinat hat viel Eisen => Kommafehler der Sekretärin. Die Uni kämpft seit über 100 Jahren gegen den Fehler.

Ein Prof hat wohl einen ct-Aprilscherz als Quelle in einer wissenschaftlichen Arbeit benutzt…

Spannender fönde ich selbst-realisierende April-Scherze: Man ruft also so lange die Apple-Telefon-Nummer aus dem „Scherz“ an, bis Steve Jobs endlich den Android-Emulator als App anbietet.
Parrot war auch ein Aprilscherz. Jetzt ist es ein reales funktionierendes Projekt.

In Süddeutschland gibts ja wohl auch noch Mai-Scherze… . Als Antwort derer, die eher körperlich begabt sind und den Aprilscherz erst dann begriffen haben…

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Links anne Ruhr (03.04.2011) » Pottblog 3. April 2011 um 13:15

[…] Ist ja lachhaft: Aprilscherze aus der Metropole Ruhr (idruhr.de) – Siehe auch den Beitrag von Thomas Knüwer über Aprilscherze. […]

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trillian 4. April 2011 um 6:25

Neben dem wirklich gelungenen Aprilscherz eines Bekannten, der uns weiß machen wollte, dass eine Katze in unserem Müllcontainer geworfen hätte, hat sich dieses Jahr das Fernsehen des WDR total vergriffen. Es wurde verlautbart, dass der Song von Lena geklaut sei: Nicht witzig, nicht lustig, nicht unterhaltsam, billig gemacht und ohne Charme.
Hingegen sehr charmant die Meldung eines Blogs (erosa.de), die behaupteten, dass Vibratoren nun auf Rezept erhältlich sind. Mit Zuschuss der Krankenkassen: AOK, BKK oder TKKG. So gehört sich das: Amüsant, charmant, schmerzlos, lustig.

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Aprilscherze und ihre Risiken für Selbständige und Firmen > Marketing, Tipps > Aprilscherz, Scherz, Kunden, Risiko, Beispiele 4. April 2011 um 13:01

[…] weckt und diese dann am Ende mit einem “April, April” enttäuschen muss. (wie z.B. auf indiskretionehrensache.de […]

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Largos 5. April 2011 um 1:21

Ich finde Aprilscherze in den Medien wichtig.
Es ist zwar schade, dass die Scherze häufig einfach schlecht gemacht sind, aber irgendwie dienen sogar diese schlechten und teilweise kaum zu erkennenden Scherze einem Zweck. Sie machen einen aufmerksam darauf, dass man nicht immer alles blind glauben sollte was in den Medien kommt und prinzipiell hinterfragen sollte was man hört.
Außerdem sind die wenigen guten Scherze doch auch immer wieder ein Ausgleich für die Massen an schlechten Scherzen.

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Statt Aprilscherz 1. April 2014 um 10:11

[…] guten zu landen. Denn während es früher ganz einfach war, in der Zeitung zu schreiben, dass ein Stadionbauprojekt in eine Nachbargemeinde wandert, wachsen beim Leser des Jahres 2014 sofort Zweifel, wenn er die Meldung nicht an 300 anderen Orten […]

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Ein paar Worte zum Rücktritt von Schachweltmeister Magnus Carlsen | sportinsider 2. April 2014 um 20:39

[…] guten zu landen. Denn während es früher ganz einfach war, in der Zeitung zu schreiben, dass ein Stadionbauprojekt in eine Nachbargemeinde wandert, wachsen beim Leser des Jahres 2014 sofort Zweifel, wenn er die Meldung nicht an 300 anderen Orten […]

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