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Man darf gespannt sein, wieviele Medien nun wieder von einer Dotcom-Blase schreiben und reden werden. Und natürlich liegt der Vergleich nahe mit jener Zeit vor 10 Jahren, hört man vom scheinbar irren Deal, den Goldman Sachs gestern Nacht abgeschlossen hat: 450 Millionen Dollar gibt die Investment-Bank an das Social Network – bei einer Bewertung von aberwitzigen 50 Millarden Dollar (sehr schön hat Webciety diese Summe visualisiert).

Das klingt schwer geistesgestört. Tatsächlich aber könnte es ein prima Geschäft für Goldman werden – wenn auch zum Schaden sehr risikoliebender Anleger.

(Foto: Shutterstock)

Denn das gesamte Geschäft ist weitaus komplizierter (was beispielsweise ein Medium wie Spiegel Online anscheinend nicht erörtern mag, nicht einmal das Handelsblatt geht auf die Details ein). Im Kern geht es Goldman darum, gleich mehrfach die Kasse klingeln zu lassen.

1. Die Bank gründet ein neues Investmentvehikel, über das ihre Kunden bei Facebook investieren können. In diesem Moment bietet sie Großkunden mit Hang zu Risiko und Gier die scheinbar großartige Möglichkeit, bei Facebook einzusteigen, bevor das Netz an die Börse geht. Dafür kassiert die Bank hübsche Provisionen. Da diese neue Gesellschaft als nur ein Teilhaber gewertet werden soll, muss Facebook selbst seine Bilanzen nicht offen legen. Dies ist in den USA Pflicht ab 499 Anteilseignern.

2. Mit dem Investment hat Goldman sich wohl die Führerschaft beim Facebook-Börsengang erkauft. Dieser ist, egal wie er ausfällt, ein ordentliches Geschäft. Denn auch wenn der kalkulierte Börsenwert nicht bei 50 Milliarden Dollar liegt: Es wird so oder so ein dicker Börsengang.

3. Dann sind da ja noch die Großkunden, die bereits in Facebook investiert sind. Ihre Anteile werden umgewandelt oder verkauft – auch hier fallen einige Gebühren an.

Goldman kann es nicht ganz egal sein, würde Facebook mit einem Mal deutlich geringer bewertet. Doch letztlich ist die platte Rechnung: Wieviel lässt sich mit dem IPO von Facebook verdienen?

Diesen Verdienst muss natürlich irgendwer zahlen. Einerseits ist dies Facebook – doch die Zuckerberge wissen, dass sie irgendwann nicht um einen Börsengang rumkommen, somit also eine Konsortialbank sowieso nötig ist. Andererseits sind dies die Anleger beim Börsengang, klar. Ganz gehörig aber werden auch jene zahlen, die in das neue Investment-Vehikel Geld stecken.

Deshalb also ist die Behauptung: „Facebook wird mit 50 Milliarden Dollar bewertet“ richtig – und auch wieder falsch. Präziser wäre wohl: „Goldman kauft sich Facebook-Börsengang mit überhöhter Bewertung“.

Obwohl: Ist sie tatsächlich überhöht?

Nicht ganz so schlimm, wie man glauben möchte. Wobei das nun folgende schwer spekulativ ist – denn nur Goldman und die anderen Investoren kennen die wahren Zahlen.

Nehmen wir mal als Gradmesser den Customer Lifetime Value, den Wert eines Kunden über seine Zeit des Kunde-Seins. Bei 50 Mrd. Bewertung ist jeder aktuelle Nutzer 80 Dollar wert. Fünf Jahre sind für einen solchen Lebenszyklus recht normal. Verteilen wir dies (und zinsen der Einfachheit halber künftige Einnahmen nicht ab – was in der Regel aber gemacht wird), sind dies 16 Dollar Umsatz pro Jahr und Kunde.

Im Jahr 2010 hat Facebook nach Informationen von Mashable rund 2 Milliarden Dollar umgesetzt. Und das mit am Ende 620 Millionen Kunden (diese Zahl erfragte Morgan-Stanley-Analystin Mary Meeker für ihre Rede beim Web 2.0 Summit). Seien wir für 2011 mal sehr euphorisch und nehmen eine Verdopplung des Umsatzes an. Danach wird es ruhiger, 2012 bis 2014 kommt jeweils eine Milliarde mehr rein. Somit kommen wir auf 24 Mrd. insgesamt. Nun wird es schwierig: Wie stark kann Facebook noch wachsen? Bliebe die Zahl der Nutzer konstant, ergäbe sich ohne eine interne Abzinsung künftiger Einnahmen (was in der Regel aber vorgenommen wird) ein Wert pro Kunde von fast 39 Dollar, wüchse die Zahl schnell auf eine Milliarde wären wir bei 24 Dollar. Das ist noch ein weiter Weg bis 80 – aber nicht so weit, wie man reflexhaft denken könnte.

Seien wir ein wenig euphorischer. Was, wenn Facebook so extrem weiterwächst? Wenn sich die Umsätze weiter nahezu verdoppeln? Wenn wir im Jahr 2014, bei sinkenden Umsatzzuwächsen, von einem Unternehmen von der Größe Googles heute reden? Dann kommen wir auf Gesamtumsätze von 53 Mrd. Dollar. Und das würde jeden heutigen Kunden mit 85 Dollar bewerten. Ups.

Wie geschrieben: Da sind unzählige Eventualitäten und Spekulationen drin. Doch wer glaubt, die 50 Mrd.-Bewertung sei völliger Humbug, der sollte nochmal nachdenken. Tatsächlich ist sie der Glaube an ein zweites Google – und die Hoffnung, damit als Bank ordentliche Einnahmen reinzuholen.

Allerdings ist bei dieser Bewertung auch klar: Für die normalen Anleger wird am Tag des Börsengangs nicht mehr viel übrig bleiben. Facebook wird mit einem sehr hohen Kurs an den Markt gehen – und nur eine richtig große, bisher nicht bekannte Einnahmequelle könnte dafür sorgen, dass der Kurs danach noch kräftig nach oben geht.

Nachtrag vom 4.1.: Quod erat demonstrandum…

Wobei zur Rettung der Autoren gesagt sei, dass die Berichterstattung im hinteren Bereich insgesamt ausgewogener ist. Aber beim Handelsblatt ist es inzwischen Methode, ein Thema „Bild“-artig auf Sensation zu trimmen.


Kommentare


Moritz 3. Januar 2011 um 21:31

Man sollte nicht vergessen, dass Facebook noch auf einer Reihe von Monetarisierungsmöglichkeiten sitzt, die bislang noch kaum aufgerollt wurden. Facebook Places und Deals z.B. haben mächtig Potential, um über targeted advertising hinaus noch ganz neue Umsatzquellen zu erschließen – und als Gatekeeper des Internet für sehr, sehr viele Kunden muss das noch lange nicht das Ende vom Lied sein.

Daher, auch wenn die Bewertung iHv 50 Mrd USD zunächst hoch erscheint und eine Menge Zukunftserwartungen einpreist (was Kapitalmärkte aber immer tun), so ist sie doch nicht unrealistisch, sondern lässt tatsächlich auch noch Fantasiespielraum für die dann sicherlich wirklich bald wieder eintretende „bubble 3.0“, wenn erst unser aller Eltern anfangen, wieder Internet-Aktien zu kaufen.

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Jens Best 3. Januar 2011 um 22:28

Wenn die „Gottesmacht des Kapitalismus“ 500 Mio. investiert, wird es schwieriger für zivile Open Source Lösungen wie Diaspora oder andere.

Sollte es einem nicht/wenig-kommerziellen Projekt gelingen einen gewissen Anfangserfolg zu erlangen, wird die kapitalistische Propaganda gegen dieses hochgefahren werden, um die Investitionen in die kommerzielle, privatsphären-auflösende facebook-Version zu schützen.

Langsam wird es wirklich spannend im Web. Die „Blase“ war nur Kindergarten.

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Detlef Borchers 3. Januar 2011 um 23:47

Ich finde es noch interessanter, dass selbst Thomas Knüwer
sich nicht traut, die Rolle von DST und Tencent aus China dahinter
anzusprechen: http://de.wikipedia.org/wiki/Mail.ru_Group und
http://www.nytimes.com/2009/05/27/technology/internet/27facebook.html?_r=2&ref=technology

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Frank Krings 4. Januar 2011 um 0:26

Mir erscheint der Einsatz auch nicht zu hoch. Die Einnahme-Modelle z.B. über eine eigene Facebook-Währung (momentan nur bei Social Games existent) sind ja noch lange nicht ausgereizt. Siehe @Moritz: Facebook Places könnte durch Deals mit den passenden Shops noch viel Geld einnehmen. Wenn durch FB sozial vermitteltes Konsumverhalten bei den Konsumgüter-Produzenten für mehr Umsätze sorgt – dann wird auch FB in Zukunft davon etwas haben. Das „Social Net“ mit FB hat ganz neue Verwertungsmöglichkeiten. Da wird sich Google AdSense noch umgucken..:)

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Julian 4. Januar 2011 um 0:41

Facebook ist ein sehr komplexes Gebilde und ich denke, alles steht und fällt mit der durchaus ungesunden Symbiose mit den Social Games.
Zum einen sind Facebook Credits, so sie denn verbindlich gemacht werden, ein ungeheurer Wachstumsmotor. Zum anderen wird ein Großteil des FB-Werbemarktes von Social Games beherrscht. Das allerdings ist kein Perpetuum Mobile. Zum einen wird der Markt konsolidieren. Schon jetzt ist es nahezu unmöglich, ohne bestehende Userbasis in den Markt vorzudringen, ohne signifikante Investition noch an Spieler zu kommen. Zum anderen ist und bleibt die Frage, ob Zynga, Playfish und Playdom (sowie die wenigen Erfolgreichen auf den hinteren Plätzen) bereit sind, auf lange Sicht diese krasse Abhängigkeit von FB aufrecht zu erhalten. Das Geplänkel des vergangenen Jahres zwischen Zynga und Facebook ist da nur ein Vorgeschmack und man wird gespannt sein, wie das ausgeht und vor allem, was es für die Umsatzzahlen von Facebook bedeutet.

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Goldman Sachs baut mit Facebook an der nächsten Blase: 50 Mrd. US$ als Bewertung nicht gerechtfertigt « Blick Log 4. Januar 2011 um 1:37

[…] gestern durch das Netz und die Wirtschaftspresse (die beste Darstellung in deutschsprachigen Medien stammt allerdings von Indiskretion Ehrensache). Diese Bewertung ist abgeleitet aus Preisen, die private Anleger auf den quasi inoffiziellen […]

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Thomas Knüwer 4. Januar 2011 um 8:04

@Detlef Borchers: Trauen? Warum sollte ich mich nicht trauen. In das von Ihnen genannte Duo gehört natürlich auch noch der südafrikanische Medienkonzern Naspers.

Nur: Was hat das mit der Art des Börsengangs und der Bewertung zu tun? Ändert das etwas?

Ich glaube nicht. Tatsächlich ist DST ein stiller Gigant geworden, unbeachtet gerade von deutschen Medien. Aber derzeit gibt es kein Indiz dafür, dass DST-Chef Millner etwas anderes mit seinen Investments machen will, als Geld zu verdienen. Insofern hat dies nichts mit meinem Blog-Artikel zu tun.

Sollten Sie außerhalb von Verschwörungstheorien aber andere Anzeichen haben – her damit!

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Martin Steiger 4. Januar 2011 um 10:50

Dies ist in den USA Pflicht ab 499 Anteilseignern.

Minimale Korrektur: AFAIK ab 500 und nicht ab 499 Anteilseignern (10-K und 10-Q filings gemäss ’34 Act).

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Carl 4. Januar 2011 um 10:57

Mit QE2 macht nahezu jeder Deal Sinn. Oder Bonds jemand?? Das SPV ist ein Ponzi. Nun zu den 2 Mrd Rev. Sind die echt? Und wenn, ist der cut von FB so um 25%, wenn überhaupt. Zu Werbung auf FB: billigst zu haben. 620 Profiles? Nun, irgendwo war zu lesen, 30% sind falsch. Meines ist falsch. Wer sind die ganzen Leute mit Fragezeichen-Gesichtern? Wird die IPO erfolgreich? Aber natürlich. Und deswegen wird FB dann einer der schönsten Short Trades werden. Hat es jemals eine Company gegeben, die vor der IPO eine so schlechte Presse hatte. Wieviel Class Action Suits wird FB abzuwehren haben, wenn erst mal richtiges Geld zu holen ist? Also rein und zeichnen. Du bist es wert.

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Carl 4. Januar 2011 um 10:58

sorry, ich meinte 620 Millionen Profiles.

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Gonzo 4. Januar 2011 um 11:20

@Jens Best

>>>> schwieriger (wird’s) für zivile Open Source Lösungen wie Diaspora

Das kommt darauf an, wie stark zivile Lösungen die Prinzipien von Facebook kopieren.

Was ist ein wertvolles soziales Netzwerk? Wertvoll = „Börsenwert“? Wertvoll = „Produktiv“?

Für mich ist Facebook nicht wertvoll, sondern:
– die Community von Wikipedia
– die Community, die Linux entwickelt hat
– die Community, die OpenStreetMap baut

Man kann jetzt über Definitionen streiten. Aber hat schon jemand abschließend definiert, was ein soziales Netzwerk ist? Soviel ich weiß treffen sich die OpenStreetMapper gerne mal zu gemeinsamen Wanderungen für’s Geotagging.

Übrigens: gerade gestern drei Fake-Accounts bei Facebook eingerichtet. Wie groß ist eigentlich der Customer Lifetime Value von Fake-Accounts? Hat man das schon ausgerechnet?

Das sind nur ein paar kleine polemische Anmerkungen. Muss man jetzt nicht darüber diskutieren 🙂

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Baldiger Börsengang: Würdet ihr Facebook-Aktien kaufen? » netzwertig.com 4. Januar 2011 um 12:56

[…] überhaupt die Gelegenheit erhalten werden, bei Facebook einzusteigen, kann ich nicht beurteilen (Thomas Knüwer rechnet mit einem hohen Einstiegspreis). Sollte der IPO-Preis pro Aktie auf heutigem Google- oder Apple-Niveau liegen, also im […]

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Christian 4. Januar 2011 um 13:46

Altes Kaufmannsprinzip: etwas für x kaufen und hoffen das man einen
Deppen findet der x+y dafür bezahlt. Sicher es gab schon einige
Geldblasen in der Vergangenheit, aber wenn ich mich richtig erinnere
sind die ersten Investoren immer ganz gut aus ihrem Invest herausgekommen…. der frühe Vogel fängt den Wurm 🙂
und den letzten beißen bekanntlich die Hunde.

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Christoph Kappes 4. Januar 2011 um 14:59

Die Bewertung ist völlig normal und okay: 50 Mio sind ein Viertel der Börsenkapitalisierung von Google. Sobald Facebook den gleichen Umsatz/Visitor erzielt wie Google (knapp 20 USD statt heute gut 2 USD), past auch die Bewertung. Das sind nämlich Pi mal Auge 1 Milliarde Nutzer mal 20 USD = 2/3 des heutigen Jahresumsatzes von Google.
Und der ARPU ist möglich, siehe Anzahl Werbeplätze, Aufenthaltsdauer, Umsatzströme (zB Credits, eCommerce-Affiliate…), zumal dank Social Graph und expliziter Interessen das Targeting besser funktionieren sollte als bei Google.
Alles easy going 🙂

PS: Am Ende spricht die Matrix russisch mit uns, s. Detlev oben. Da freut man sich doch, wenn es vorher noch zu einem Börsengang in den USA kommt 😉

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Christoph Kappes 4. Januar 2011 um 15:02

Korrektur: 50 Milliarden, natürlich.

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Armin 4. Januar 2011 um 15:38

In einem vorherigen Eintrag hatte jemand eine Facebook-Nutzer-Statistik verlinkt nach der jeder der sich mindestens einmal im Monat einloggt als aktiv gezaehlt wird. Genauere Zahlen kenne ich nicht, aber ich vermute mal ganz stark dass ein sehr sehr grosser Anteil der Benutzer in die Kategorie „loggt sich 1-5 Mal im Monat ein“ gehoert (von den ganzen Fake, doppelt und aehnlichen Profilen mal ganz zu schweigen).

Und jetzt wollt Ihr mir ernsthaft erzaehlen mit solchen Nutzer laesst sich eine Umsatzsteigerung erzielen wie dort ueberall prognostiziert wird? Yeah, right….

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Markus Breuer 4. Januar 2011 um 16:47

Das Goldman Sachs mit dem Deal Geld verdient, ist nicht unwahrscheinlich (wenn auch nicht sicher – es ist ein Risiko-Investment). Wie beschrieben, ist dieser Deal aber deutlich komplexer als eine simple Finanzbeteiligung an einem Wirtschaftsunternehmen.

Aus den Eckdaten dieser Transaktion zu schließen „Facebook hat jetzt einen Wert von 50 Milliarden USD“ ist allerdings gewagt – oder ein Missverständnis.

Eine solide Unternehmensbewertung orientiert sich im allgemeinen an eine Betrachtung (tatsächlich einer Prognose) des Free Cashflow – also dem, was man dem Unternehmen an Geld entnehmen könnte (nicht muss), um einen Rückfluß für die investierten Mittel zu bekommen. Der wird für die künftigen Jahre diskontiert (abgezinst), addiert und voila, man erhält eine Zahl, die zumindest als Orientierung für den tatsächlichen Wert dienen kann. Eine solche Bewertung ist nicht „konservativ“. Die Erwartungen an den Cashflow der kommenden Jahre können ja durchaus optimistisch sein. Was man aber nicht vergessen darf, ist, dass Wachstum nicht linear, und sicherlich erst recht nicht exponentiell, verlaufen muss. Facebook hatte in 2010 angeblich einen UMSATZ von 2 Milliarden. Das Unternehmen veröffentlicht keine Zahlen. Es darf aber als gesichert angenommen werden, dass es KEINEN positiven Cashflow gibt. Ansonsten gäbe es keine Notwendigkeit für eine Finanzierungsrunde nach der Anderen. 🙂

Um eine Bewertung von 50 Milliarden zu rechtfertigen, müsste Facebook in den nächsten 5 Jahre, was ein üblicher Zeitraum für die Ermittlung von Unternehmensbewertungen ist, einen „free cashflow“ von mehr als 50 Milliarden generieren, was bei einer Umsatzrendite von 25% – 50% (Apple/Google-Liga) ein Umsatz von 100 – 200 Milliarden wäre! Da ein Großteil dieses Umsatzes durch den Verlauf der Wachstumskurve am Ende der Zeit erzielt werden muss, sprechen wir über Jahresumsätze in der Region von > 50 Milliarden in 2015 wäre. Wir reden also über ein Umsatzwachstum von ca. 100% per Anno.

Ich bin kein Wahrsager und will ein solches Wachstum nicht kategorisch ausschließen. Ich denke aber, dass es nicht leicht ist, 100% Wachstum über 5 Jahre durchzuhalten.

Das sind, wie gesagt, die schlichten kaufmännischen Eckdaten. Natürlich kann man sich mit Kunstgriffen wie Customer Lifetime Value etc. jede Bewertung schön rechnen. Das hatten wir alles schon einmal. 🙂 Tatsächlich sind die Bewertungen aus der ersten Internet-Blase exakt so begründet worden. Leider trafen dann weder die Erlöserwartungen hinter den Account-Zahlen ein, noch ließen sich die Wachstumsraten der ersten ein bis drei Jahre extrapolieren.

Welchen „Lifetime Value“ ein Facebook Account hat, weiß heute niemand. Wie viele dieser Accounts tatsächlich aktiv sind, in welcher Intensität. mit welchem Erlöspotential weiß auch niemand – außer vielleicht in einigen Fällen das Facebook-Management.

Fazit: Eine „Bewertung“ von Facebook bei 50 Milliarden ist sehr, sehr, sehr spekulativ. Viele von denjenigen, die heute zu diesen Konditionen einsteigen, gehen vermutlich eher davon aus, ihre Anteile im Rahmen einer noch einige Zeit laufenden spekulativen Blase noch teurer verkaufen zu können (mit der Konsequenz einer noch höheren „Bewertung“ für das Unternehmen) – bevor die Blase platzt. Das ist eine legitime Investment-Strategie – aber eben auch eine hochriskante.

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Ulrich Voß 4. Januar 2011 um 23:01

Facebook kann viel Geld verdienen. Viel viel Geld.

Vor 10 Jahren gab es einen Haufen Nutzer, die nur im Portal des jeweiligen Anbieters surften. Bei AOL ging es nicht anders, aber auch zu Yahoo erinnere ich mich noch an den klassischen Spruch „und endlich nach 5 Jahren hat meine Frau gemerkt, dass das Internet mehr als Yahoo ist“. Es gibt eine große Tendenz bei vielen Anwendern eine Seite fest anzusteuern und dann alles dort zu machen. Die machen dann eben nicht Mail hier und Suche dort, Kurznachrichten bei Twitter, Chat wieder woanders und Spiele noch woanders; sie machen einfach alles bei Facebook.

Dieses Potenzial zieht Facebook noch gar nicht richtig. Da ist noch viel mehr drin bis hin zu einem Facebook-Handy. Auf kein Gerät passt Facebook logischer als auf das Handy. Nahezu alles, was die Leute auf dem Handy machen, machen sie im Web auf Facebook. Aber mal zurück zu dem, was Facebook schon heute macht: Spiele werden bei Facebook gespielt und man kann darin Sachen kaufen. Das sind Geschäfte, bei denen schnell ein paar Milliarden Umsatz entstehen und davon gehen 30% an Facebook. Facebook ist also mehr als „nur“ Werbung.

Ich weiss nicht, ob Google dagegen eine Chance hat. Google macht für den größten Teil der Leute Suche und sonst nichts. Der große Vorteil für Google: Die Suche ist der mit Abstand am besten zu monetarisierende Vorgang im Web. (Die Kooperation von Facebook und Bing könnte durchaus Potenzial haben). Der zweite Vorteil von Google: Android hebt ab und bindet vielleicht einen großen weiteren Teil der Android-Nutzer an Google und zwar für mehr als Suche (Mail, Chat, Calendar, Docs, Latitude, …).

Allerdings ist Facebook bei dieser Bindung potenziell viel stärker als Google. Google ist bei Social Networking bisher gescheitert und Apple übrigens auch.

Anders gesagt: Es ist meiner Meinung nach für Facebook einfacher, in Bereiche wie Handies und Suche hineinzuwachsen als für Apple oder Google in den Bereich Social Network.

Trotzdem sind die 50 Milliarden Dollar, die ich aber wie Thomas Knüwer als strategischen Preis sehe, die nur eine Investmentbank sinnvollerweise bezahlen kann, ein steiler Preis. Ich würde trotzdem nicht ausschließen, dass der mal realistisch wird.

Google hat ein KGV von 20 und ist etwa das vierfache wert. Google ist damit heute in etwa auf der Höhe des Gewinnwachstums bewertet. Die Aktie war auch jahrelang zu teuer (haben alle gesagt). Trotzdem ist die Bewertung heute durchaus in Ordnung. Als Google stürmisch gewachsen ist, war das KGV bei 100. Weil das Wachstum dann auch kam, ist das KGV heute halt nur noch bei 20. Warum soll Facebook nicht auch 2011 500 Millionen Gewinn machen (bei 4 Mrd. Umsatz) und dann mit einem KGV von 100 bewertet werden?

Das Problem bei Facebook ist offensichtlich: Die Anzahl der Nutzer lässt sich nicht beliebig steigern. Aber das brauchte Google auch nicht. Es kann auch reichen, die Benutzerzahlen nur noch leicht zu steigern, aus dem Benutzer aber mehr Geld zu ziehen. Da sehe ich bei Facebook durchaus Chancen, auch wenn das nicht einfach ist. Wie schwierig das ist zeigt der Vergleich mit Microsoft: Die machen in etwa so viel Verlust wie Umsatz im Online-Geschäft …

Da niemand die Rendite von Facebook kennt, ist natürlich jedes noch so lange Posting nur reine Spekulation. (Spaß macht das Spekulieren trotzdem).

Eine Bubble 3.0 haben wir übrigens erst, wenn jedes doofe soziale Netzwerk genau wie Facebook bewertet wird. Denn in der ersten Bubble war ja nicht das Problem, dass Google zu hoch bewertet war (die kamen ja auch später an die Börse), sondern jede x-beliebige Klitsche. Letzteres ist Facebook aber auf keinen Fall …

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Facebook: Wieviel ist das kommunikative Betriebssystem des Netzwerkzeitalters wert? « Social Banking 2.0 – Der Kunde übernimmt die Regie 5. Januar 2011 um 9:25

[…] hat das Thema längst auch die Blogosphäre erreicht.
Indiskretion Ehrensache hat mal durchgerechnet, wie man auf einen
solchen Betrag kommen könnte. Dirk Elsner vom […]

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georg 5. Januar 2011 um 20:15

@Markus Breuer: Bei der DCF liegt der Großteil des
Unternehmenswertes bekanntlich im Terminal Value 😉

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Baldiger Börsengang: Würdet ihr Facebook-Aktien kaufen? | Aus der Praxis für die Praxis 6. Januar 2011 um 16:20

[…] überhaupt die Gelegenheit erhalten werden, bei Facebook einzusteigen, kann ich nicht beurteilen (Thomas Knüwer rechnet mit einem hohen Einstiegspreis). Sollte der IPO-Preis pro Aktie auf heutigem Google- oder Apple-Niveau liegen, also im […]

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Zahl der aktiven Facebook-Nutzer in Deutschland (via @HorizontNet) | primus inter pares 7. Januar 2011 um 17:33

[…] der Debatte, ob die Bewertung von Facebook mit 50 Milliarden US-Dollar angemessen ist oder nicht, wächst das Netzwerk weiter. Im letzten Monat zwar nicht ganz so stark, betrachtet […]

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Facebook-Kursexplosion und Satire von Jon Stewart: The Anti-Social Network « Blick Log 9. Januar 2011 um 10:52

[…] darüber, ob die Bewertung gerechtfertigt ist (beispielhaft dafür sind die Beiträge auf Indiskretion Ehrensache, Netzwertig, Social Banking, und dem Blick Log mit den jeweiligen Kommentaren dazu). Egghat sucht […]

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schweizweit.net | Wochenrückblick 03|11 17. Januar 2011 um 13:06

[…] Warum 50 Milliarden Dollar für Facebook nur halber Irrsinn sind […]

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Zahl der aktiven Facebook-Nutzer in Deutschland (via @HorizontNet) | Primus Inter Pares 1. Juli 2015 um 9:39

[…] der Debatte, ob die Bewertung von Facebook mit 50 Milliarden US-Dollar angemessen ist oder nicht, wächst das Netzwerk weiter. Im letzten Monat zwar nicht ganz so stark, betrachtet […]

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