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Selten war der Start eines deutschen Produktes in den vergangenen Jahren so skurril wie der des Wetab. Da drängelten sich die Journalisten wie verhungerte Welpen um die Frolic-Schüssel bei der ersten Pressekonferenz. Schnell stellte sich heraus: Das dort präsentierte Gerät war nicht mal ansatzweise funktionsfähig. Die Begründer des Ipad-Konkurrenten, die Firmen Neofonie und 4tiitoo, begründeten das mit Schwierigkeiten beim Zoll: das echte Gerät sei hängen geblieben.

Eine zweite Präsentation befriedete dann manche, so die Tester der „Financial Times Deutschland“. Warum, das ist mir bis heute ein Rätsel. Denn als ich am Rande der Next-Konferenz das Wetab – zwischenzeitlich musste der Name Wepad auf Drängen Apples gekippt werden – das erste Mal sah, konnte ich nicht mal ansatzweise begreifen, wie irgendjemand das Gerät für massenmarkttauglich halten konnte.

Selbst zu dieser Zeit, Mitte Mai, durfte nur der etwas weltfremd erscheinende Neofonie-Chef Helmut Hoffer von Ankershoffen das Gerät vorführen – nicht seine Mitarbeiter. Und Ankershoffen versteht keinen Spaß. Auch nicht, als der freie Journalist Richard Gutjahr ihm einen Deal – und eine tolle Chance für PR – anbietet:

Auf Facebook hatte sich inzwischen eine Fan-Gruppe von heute über 23.000 Interessenten gebildet. Die stellten die ganzen Monate über munter Fragen und diskutierten – oft genug in derbem Ton. Von den Wetab-Machern aber war zu der Zeit wenig zu hören.

Nun sind sie wieder da.

Das Wetab wurde vorgestellt, eine Woche ist es noch bis zum Verkaufsstart. Und wer sieht wie Richard Gutjahr höfliche Worte findet für ein Gerät, das in diesem Video mit seiner Funktionsuntüchtigkeit wirkt wie eine Ipad-Parodie, der ahnt: Das wird lustig, kommende Woche.

Vielleicht ist es typisch deutsch, wenn Journalisten allein wegen der Hardware-Ausstattung glauben, ein gutes Gerät zu bekommen. Tatsächlich aber sind Software und Nutzerfreundlichkeit viel wichtiger. Und da gibt es beim Wetab – nichts. Ein Betriebssystem, das bis gestern noch nicht fertig war, Programme, die nicht auf das Gerät abgestimmt wurden – wer dieses Ding Rivalen für Apples Ipad sieht, der glaubt auch, dass Bijoux Brigitte ein Rivale für Tiffanys ist.

Anscheinend ist eine erhebliche Menge Vorbestellungen eingegangen. Gutjahr rät schon mal, den Karton schonend zu behandeln – des Rückversands wegen. Und ich frage mich, angesichts der bisherigen Rhetorik Hoffer von Ankershoffens, ob es in der Neofonie-Zentrale so zugehen wird wie in jener legendärer Tierhandlung:

This is an Ex-Ipad-rival.


Kommentare


Wolff Horbach 14. September 2010 um 18:20

Vor zwei Wochen hab ich mich noch über sie sogenannten „iPad-Killer“ erregt. Ich bin nicht so vermessen, zu glauben, dass mein Beitrag etwas an der Berichterstattung geändert hätte. Aber mit Genugtuung habe ich zur Kenntnis genommen, dass in den letzten Tagen doch sehr viel häufiger der Begriff „iPad-Konkurrent“ oder „iPad-Rivale“ verwendet wird statt „iPad-Killer“.

Allmählich scheint doch einigen zu dämmern, dass das mit dem „Killen“ doch nicht so einfach wird. Und dass martialische Rhetorik nicht weiterhilft, sondern nur erstklassige Produkte und eine vorzügliche User Experience. WeTab kann ja schon mal bei 1&1 nachfragen, wie sie die Smartpads entsorgt haben.

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Kommt jetzt das neofonetische Wetab-Zeitalter? « Ich sag mal 14. September 2010 um 19:58

[…] Einen wichtigen Einwand hat auch Thomas Knüwer und trifft damit ins Schwarze. Vielleicht sei es typisch deutsch, wenn Journalisten allein wegen der Hardware-Ausstattung glauben, ein gutes Gerät zu bekommen. „Tatsächlich aber sind Software und Nutzerfreundlichkeit viel wichtiger. Und da gibt es beim Wetab – nichts. Ein Betriebssystem, das bis gestern noch nicht fertig war, Programme, die nicht auf das Gerät abgestimmt wurden – wer dieses Ding Rivalen für Apples Ipad sieht, der glaubt auch, dass Bijoux Brigitte ein Rivale für Tiffanys ist“, so Knüwer. […]

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Wolfgang Aistermann 14. September 2010 um 20:29

Mit dem WeTab ist es ein bißchen wie mit dem Transrapid, finde ich. Man möchte der Unternehmung Erfolg wünschen.

Das WeTab: eine umweltfreundliche, flüsterleise, zukunftsweisende technologische Entwicklung: also ein iPad ohne Nutzerbevormundung, eine offene Plattform für Verlage ohne Ramschverträge, eine restriktionsfreie, transparente Systemarchitektur für Entwickler.

Schade, dass es scheinbar nichts damit werden wird.

Trotzdem verfolge ich den weiteren Verlauf des WeTab Abenteuers mit großem Interesse. Allerdings frage ich mich, wie es wohl den dazugehörigen Entwicklern ergeht. In fast jedem Video mit Helmut Hoffer von Ankershoffen fällt zwangsläufig ein Satz wie „das ist noch eine Vorversion“ „das haben wir zum Verkaufsstart behoben“. Wieviele „criticals“ und wie viele “ showstopper“ mögen wohl einem Programmierer in seiner Tasklist entgegen springen, wenn er morgens seinen PC hochfährt? Und wie viele neue Lämpchen werden ihn da anblinken, wenn das Gerät erst einmal bei tausenden Nutzern in Gebrauch ist…

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Erster Blick auf das WebTab « stohl.de 15. September 2010 um 4:39

[…] Also das war dann wohl nix vom deutschen iPad-Killer: Lebendig wie ein Norwegian Blue. […]

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Die digitalen Technik-Trends: Social Media im Herzen 15. September 2010 um 11:16

[…] nicht mehr wichtig, Apple und Flipboard schon. Hier liegt auch aus meiner Sicht der Fehler in der Wahrnehmung des deutschen Wetab (das tatsächlich viele positive Kritiken bekommt): Nicht die Hardware ist interessant, sondern das […]

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Ari 15. September 2010 um 12:17

Portierung von üblichen mausbedienbar Menüs auf ein Tablet *facepalm*

Also nachdem was ich im Video gesehen hab, was man auch von anderen Testern/Anschauern liest usw. wird es in Sachen Usability eine große Enttäuschung. Ein Tablet ist eben kein PC nur als Handgerät, es sind andere Oberflächengestaltungen nötig.
Der Rest ist auch nicht gerade motivierend, schlechtes Handling, Features die noch nicht gehen und so weiter. Das wetab ist (und war) auf meiner Tabletwunschliste gestrichen. Mal sehen wann das erste „richtige“ Tablet das Freiheit und Benutzbarkeit vereint rauskommt.

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Bernd Lange 16. September 2010 um 12:21

Ich hoffe da auf den ExoPC, der ja Ende des Monats endlich kommen soll – allerdings in Kanada. Hat wohl dieselbe (!) Hardware wie das Wetab, aber schöne Ideen zum User-Interface und läuft auf Win-7. Nur die Akkulaufzeit von 4 Stunden wäre mir zu wenig. Schaun mer mal.

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Mark S 16. September 2010 um 21:12

Erstaunlich, wie viele Meinungen es zu einem Gerät gibt, dass bisher kaum jemand in der Hand gehabt hat. Wie wäre es denn, wenn wir mal das offizielle Erscheinen abwarten und die dann real vorliegenden Geräte bewerten?

Ich bin jedenfalls sehr gespannt auf das WeTab und wünsche ihm alles Gute – genauso wie den angekündigten Android-Tabletts. Und war da nicht noch HP mit einem WebOS-Tablett?

In Sachen Technik bin ich bisher immer gut gefahren, indem ich geduldig auf die zweite Generation eines neuen Systems gewartet habe. Mit einem Surftablett werde ich es genauso halten. Welches System auch immer sich etabliert – egal, Hauptsache es ist nicht von Apple.

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Was mit Medien und mir 17. September 2010 um 14:03

[…] und seine merkwürdigen Äußerungen in Sachen Online-Werbung, über den neuen DPA-Newsroom, das Wetab, und mit Kai Pahl von Allesaussersport über Sky in […]

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WeTab release. Die Stunde der Wahrheit naht. | WeTab Blog 19. September 2010 um 21:38

[…] Ein schöner Vergleich zwischen WeTab und iPad wartet bei Richard Gutjahr auf Euch und auch Herr Knüwer ist nicht so richtig in […]

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Sascha Pallenberg 25. September 2010 um 10:42

bitte nich boese sein, aber was da gezeigt wird hatte nicht ansatzweise was mit den versionen zu tun, die ich mehrfach in der letzten woche in den haenden hielt. alleine auf dem idf ware ein gutes dutzend wetabs zum ausprobieren am start und kollegen von laptopmag, notebooks.com etc, zeigten sich durch die bank weg positiv angetan.

apple oberfanboy und technik-noob gutjahr als beispiel heranzuziehen ist leider alles andere als sinnvoll. da kannste auch den papst zu hetero-pornos befragen.

interessant ist uebrigens, dass ausnahmslos fachfremde und leute drueber kommentieren, die weder die hw-plattform, noch das os kennen, geschweige denn beides jemals zusammen in der hand hielten.

gutjahr nur ansatzweise in die richtung eines journalisten zu schieben… das was er macht kann nur realsatire sein, zumindest hoffe ich das mal 😉

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Pro 5. Oktober 2010 um 19:21

„interessant ist uebrigens, dass ausnahmslos fachfremde und leute drueber kommentieren, die weder die hw-plattform, noch das os kennen, geschweige denn beides jemals zusammen in der hand hielten.“

Mir scheint eher, dass du fachfremd bist.
Denn wenn man vom Fach ist, weiss man, was beim WeTab rauskommen musste – da die Infos sowohl zur Soft- als auch Hardware bekannt waren. Da brauchst du auch nicht mit der Apple-Fanboy-Keule zu kommen.

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