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Oft genug heißt es, ich würde zu scharf rangehen. Menschen zu hart angreifen.

Aber, Entschuldigung, was bleibt einem anderes übrig? Im Jahr 2010. In der Ex-Technologienation Deutschland? Deren Entscheider keine Lust haben auf das digitale Zeitalter? Die innovative Unternehmen in strikter Wirtschaftsfeindlichkeit unter Generalverdacht stellen? Und dabei selbst zutiefst inkompetent sind?

So wie jüngst, als ich mit dem Datenschutzbeauftragten des Landes Nordrhein-Westfalen, Ulrich Lepper, bei WDR2 zu Gast war. Herr Lepper ist ein ganz netter, älterer Herr. Parteibuch: CDU. Lange war er im Innenministerium tätig, dann kippte die Regierung, ein Pöstchen musste gefunden werden – nun ist er Datenschutzbeauftragter. Und hat keine Ahnung vom Thema. Er sei ja erst ein halbes Jahr im Amt, sagte er. Ein halbes Jahr. Das ist die Zeit, da in der freien Wirtschaft die Probezeit endet. Dort wäre er rausgeflogen.

Und nun Thilo Weichert, Inhaber des gleichen Amtes in Schleswig-Holstein. 2008 schon brachte er hanebüchene Argumente gegen Google vor. Inzwischen ist der frustriert. Die Deutschen hätten es nicht besser verdient, dass ihre Daten ungeschützt seien – sie benutzten ja Google. Das sagte er in einer Diskussion mit Jeff Jarvis in Berlin (Jarvis Bericht darüber finden Sie hier):

Gleichzeitig aber findet er es ganz toll, wenn man nur mit vorheriger Ausweis-Kennung ins Internet kommt. Freie Wirtschaft nein – Stasi-Überwachungsmethoden (ja, ich benutze diese Wortwahl sehr bewusst – die Stasi hätte sich über solche Möglichkeiten herzlich gefreut) ja.

Menschen wie Thilo Weichert sind der Grund, warum ich so wütend schreibe. Weil sie die Menschen nicht schützen, sondern unwissenden Unsinn herausplappern, der die tatsächliche Datenschutzdiskussion be- und verhindert.


Kommentare


Markus 14. September 2010 um 21:24

Bist Du Dir bei der Aussage „Gleichzeitig aber findet er es ganz toll, wenn man nur mit vorheriger Ausweis-Kennung ins Internet kommt. “ sicher? Passt natürlich prima, aber ich glaube, Du hast da sein kurzes Plädoyer für den ePass auf der Veranstaltung falsch verstanden. Damit meinte er (meiner Erinnerung nach) nicht, dass man nur mit vorheriger Ausweis-kennung ins Netz kommen soll.

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Philipp 14. September 2010 um 22:49

Und ich möchte mich, als meistens nur stiller Leser, genau für diesen wütenderen Stil jetzt mal bedanken. Ich finde den immer wieder sehr, sehr angemessen.

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jo 15. September 2010 um 2:54

Ok, ich wundere mich nicht, dass obiges Zitat aus dem Zusammenhang gerissen wurde. Es ist eine dankbarer Vorlage. Die Apologeten der totalen Öffentlichkeit machen in diesem Zusammenhang ohnehin keine Gefangenen.

Was mich wundert, Thomas, dass du da immer häufiger wie dem Herrn Pawlow sein Hund mitspielst. Tatsächlich sagte Weichert keine zwei Sätze später, dass das Problem nicht die Dummheit der Menschen sei, sondern die fehlende Transparenz bei Google.

Wenn jemand in vollem Bewußtsein Google nutze, so Weichert, sei das für ihn kein Problem. Wenn es aber bereits am Problembewußtsein fehle, d.h. die meisten Menschen nicht einmal im Ansatz wissen, welche Daten von ihnen im Netz gespeichert werden (Es soll ja sogar Netzversteher geben, die in diesem Zusammenhang gerne von eine „Kontrollverlust“ reden), hingegen durchaus. Ich kann verstehen, dass man als hauptberuflicher Datenschützer da irgendwann graue Haare bekommt und verzweifelt.

Ob man in diesem Zusammenhang von Dummheit sprechen sollte, ist eine andere Sache. Andererseits, der Begriff des „Internetausdruckers“, den die selbsternannte Netzelite gern zur Abgrenzung benutzt, ist auch nicht netter.

Wie wäre zur Abwechslung mal mit ein wenig Miteinander, so langsam werden die Schwanzvergleiche (sorry, aber bei Jarvis kommt ja auch nur heiße Luft. Also, inhaltlich …) peinlich?

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Stephan Hansen-Oest 15. September 2010 um 5:42

Sorry, aber so sehr ich den Inhalt hier sonst schätze, ist das meiner Meinung nach eher ein Schnellschuss in die falsche Richtung. Und dann auch nicht mit der Qualität recherchiert, die ich von dir aus anderen Artikeln hier kenne. Ich sage jetzt einfach mal „du“, weil es dort, wo ich lebe (dänische Grenze) als skandinavisch üblich durchgeht.

Ich kenne die Auffassung von Thilo Weichert zum neuen Personalausweis und seine Auffassung zu Google wohl ganz gut. Zumindest maße ich mir das an. Als beim Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) anerkannter Sachverständiger für IT-Produkte (rechtlich) verfolge ich das, was das ULD und Weichert umtreibt und beschäftigt, recht genau. Ich bemühe mich dabei stets, beide Seiten zu verstehen.

Der Artikel von Jeff Jarvis „Oh, those Germans“ ist meiner Meinung ein Beispiel dafür, wie eine Person eine Diskussion und Teile der Inhalte ganz offensichtlich nicht versteht. Nein, nicht nur das, er pickt sich einen Teil der Kommunikation heraus und verzerrt ihn dadurch, indem er ihn aus dem Kontext reißt.

Da spielst du jetzt leider auch mit und springst auf den Zug auf. Schade.

Denn:
1. Sicher gibt es Argumente gegen den neuen Personalausweis. Aber er wird auch von vielen „Datenschützern“ begrüßt, weil er Möglichkeiten einer digitalen Signatur bietet. Und das ist ein Thema, an dem Datenschützer seit Jahren eng beteiligt sind. Denn, es ist kein schlechtes Thema. Jeff Jarvis macht daraus etwas ganz anderes. Und dabei kommt es nicht darauf an, wer nun den Nazi-Vergleich ins Spiel gebracht hat oder nicht. Jarvis hat das Thema schlichtweg nicht verstanden. Und er schreibt in seinem Artikel „Oh, thos Germans“ zum Ausweis-Thema einfach nur „Bullshit“ – und zwar armseligen mit unsäglichen Nazi-Vergleichs-Getue, um die Diskussion gleich in einer „merkwürdige“ (im wahrsten Sinne des Wortes) Richtung zu lenken.

2. Thema Google: Unabhängig davon, dass du die Aussage ebenfalls aus dem Kontext gerissen darstellst.
Weißt du, wie Google sich gegenüber Anfragen von Datenschutzbeauftragten verhalten hat? Nachdem was ich gehört habe, hat Google sich nicht gerade kooperativ und schon gar nicht von der Schokoladenseite gezeigt.
Und wenn Weichert sagt, dass Google das schlechteste Beispiel für Openness, Transparency und Kooperation ist, so weiß er – davon bin ich überzeugt – aus eigener Erfahrung im Umgang mit Google zu sprechen. Jeff Jarvis weiß davon aber offensichtlich nichts. Er ist einen anderen Umgang mit Google gewöhnt.

Nein, ich finde nicht, dass Google grundsätzlich „evil“ ist. Ja, ich nutze viele (nicht alle) der Google Services und finde die ausgezeichnet. Ich nutze die Services aber bewusst und in dem Wissen, dass Google so Dinge über mich erfährt und speichert. Viele Nutzer wissen aber überhaupt nicht, was Google alles so macht, und ich kann Ihnen deswegen nicht einmal einen Vorwurf machen. Dass Weichert es als dumm bezeichnet, wenn die Leute das nicht wissen wollen (Ja, das hat er gesagt), nun ja…das kann ich nicht befürworten. Es mag seine Meinung sein, und ich denke, dass er sich da unglücklich ausgedrückt hat. Andererseits finde ich es gut, wenn jemand die Traute hat, seine Meinung zu sagen, und – das darf man auch sagen – er hat begründet, warum er das so sieht.

Wenn du nun aber schreibst, dass Weichert es toll findet, „wenn man nur mit vorheriger Ausweis-Kennung ins Internet kommt“, dann tust du ihm meiner Meinung nach Unrecht. Ich habe mir die Diskussion in der Aufzeichnung angehört. Ich habe diese Aussage von Weichert nicht finden können. Vielleicht habe ich das aber auch nicht mitbekommen.
Weichert hält Teile des neuen Personalausweises für gut, der die elektronische Signatur betrifft. Und ich kenne – mit Verlaub – derzeit keinen Datenschützer, der diese Funktionalität allein wirklich schlecht finden würde. Seit Jahren wird versucht auf der Basis von elektronischen Signaturen z.B. Vertraulichkeit durch Verschlüsselung und Authentizität hinzubekommen. Alle Versuche von Signaturkarten etc. sind gescheitert, und nur bezogen darauf ist der neue Personalausweise eine Möglichkeit, aber keine Pflicht. Und du wirst meiner Meinung nach schwerlich behaupten können, dass Weichert das anders gesagt hat. Wenn doch, dann nenn‘ mir gerne die Stelle in der Aufzeichnung, in der ich das nachhören kann.

Wenn die Aussage aber nicht von Weichert geäußert wurde, dann wäre es guter Stil, das hier richtig zu stellen. Du stellst Weichert hier in ein Licht, in das er nicht gehört. Weichert hat ganz maßgeblich – wie sein Vorgänger Dr. Helmut Bäumler – dafür gesorgt, dass Datenschutz weltweit moderner wird, also z.B. in die Technik mitgedacht wird. Er steht für einen modernen Datenschutz jenseits von verstaubten Schreibtischen mit Bürokraten und einem Verständnis, dass Datenschutz vornehmlich „Aufsicht“ ist.

Ich kann verstehen, wenn du die „Dummheits“-Äußerung nicht in Ordnung findest. Und ja, da bin ich bei dir. Aber die übrigen Aussagen zu Weichert in deinem Beitrag sind leider nicht von der Qualität, die ich von dir kenne und wofür ich dich schätze. Es wäre ein Zeichen von Größe und Verantwortung, das hier richtig zu stellen.
Wenn du die Arbeit von Weichert über die Jahre intensiv verfolgt hättest, dann hättest du deine Meinung hier meiner Meinung nach so nicht vertreten. Es erweckt bei mir den Anschein, dass du hier unreflektiert diesen wirklich schlechten Beitrag von Jeff Jarvis („Oh, these Germans.“) huldigst.

Er hat – das zeigt sein Beitrag – die ganze Diskussion um den „Ausweis“ nicht verstanden. Und wenn er jetzt behauptet, dass Weichert mit dem Nazi-Vergleich angefangen hat, dann hört euch bitte die Wiedergabe der Veranstaltung an. Das anzuführen, ist meiner Meinung ein kleiner Rettungsanker, den Jarvis hier wirft, um aus der billigen Nazi-Vergleichsnummer rauszukommen. DAS ist meiner Meinung nach schlechter Stil und schlechte Arbeit. Aber Jeff Jarvis kann ich nicht abwählen. Möchte ich auch nicht, da er ansonsten auch wichtige, aber eben nicht zwingend richtige Sachen sagt.

Wenn du Weichert hier als „zutiefst inkompetent“ bezeichnest, dann ist das keine durch Tatsachen begründete Meinung. Es ist eine Meinungsäußerung, und die steht dir selbstverständlich zu. Der Beiträg wäre aber besser gewesen, wenn du den Lesern, das, was dich zu deiner Meinung bzgl. Thilo Weichert bewogen hat, nicht aus dem Kontext gerissen hättest. Und insoweit diskreditierst du hier eine Person auf Basis von Informationen, die nicht vollständig dargestellt sind.

das Gleiche zu Jeff Jarvis schreiben. Möchte ich aber nicht, da ich es in beiden Fällen falsch finde. Vielleicht siehst du das auch ein, wenn du dich noch einmal mit dem Thema und den geäußerten Inhalten befasst.

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Stephan Hansen-Oest 15. September 2010 um 5:43

Nachtrag:
das Gleiche zu Jeff Jarvis schreiben. Möchte ich aber nicht, da ich es in beiden Fällen falsch finde. Vielleicht siehst du das auch ein, wenn du dich noch einmal mit dem Thema und den geäußerten Inhalten befasst.

😉

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Wolff Horbach 15. September 2010 um 5:48

Danke für die Wutrede. Thilo Weichert scheint sich nahtlos einzureihen in die Liste der Was-is-denn-ein-Browser-Zypries, Bundes-Trojaner-Schäuble, Netzsperren-von-der-Leyen, Google-Hasser-Aigner usw. Sie sind alle gekennzeichnet durch forsches Auftreten bei völliger Ahnungslosigkeit. Sie treffen Entscheidungen, die Deutschland international blamieren und den Technologie-Standort D schwer schädigen.

Diese Internet-Nichtversteher versuchen, sich an einem selbst geschaffenen Feindbild aufzubauen und schaffen im Land Gesetze und Verordnungen, die nicht nur D von zukünftigen Entwicklungen abschneiden, sondern die Demokratie unterhöhlen.

Als ersten Schritt schlage ich vor, dass Datenschutzbeauftragte vor ihrer Ernennung in einem von Fachleuten besetzten Gremium in aller Öffentlichkeit ihre Fachkompetenz belegen müssen. Dann hört schon mal das Pöstchengeschacher auf.

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_Flin_ 15. September 2010 um 7:47

Was das mit Datenschutz zu tun haben soll, wenn man mit knackbaren Systemen biometrische Daten auf einem RFID abspeichert, damit jeder nicht Eingeweihte (ohne Schutzhülle) auf 300m ausgelesen werden kann (oder wenn nicht ausgelesen, dann eindeutig zugeordnet, da lacht der Bewegungsanalysator im Kaufhaus), erschließt sich mir in keinster Weise.

Es gibt sogar Länder, in denen kommt man vollkommen ohne Ausweis aus.

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Ari 15. September 2010 um 11:25

Wütender Stil, ja der ist mir aufgefallen und ich kann ihn sehr gut verstehen. In mir brodelt es genauso und in vielen anderen („netzaffinen“) Personen auch. Wie soll man auch nicht wütend sein, wenn die Datenschutzbeauftragten wenig Ahnung haben oder nur auf die Fehler der Wirtschaft schauen und auf dem Auge das den Datenschutz des Staates kritisch beobachten soll oft alzu blind sind?

Ich finde den Stil richtig, den falsche, unausgereifte und uninformierte Aussagen muss man nicht mit kuscheligem „Verständnisjournalismus“ kontern sondern mit knallharten Antworten. Wer einen Job wie den Datenschutzbeauftragten macht kann durchaus mal Fehler machen, wie wir alle, aber er darf nicht einen Fehler nach dem anderen machen. Kritik und auch Aufregung daran ist legitim! Danke für die Beiträge, ich lese sie immer wieder gern.

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Lesen, Hören & Spenden: Böll-Debatte und FSA10-Abschlußbericht : netzpolitik.org 15. September 2010 um 15:27

[…] in welchem Kontext Thilo Weichert Google-Nutzer als „dumm“ bezeichnet hat (ab ca. 1h42 und 1h44m20), oder […]

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Oh, those Germans … [Update] — CARTA 15. September 2010 um 16:09

[…] Knüwer greift das Zitat auf und greift Weichert wütend an: 2008 schon brachte er hanebüchene Argumente gegen Google vor. Inzwischen ist der frustriert. […]

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Jens Best 16. September 2010 um 1:12

Mehr Transparenz und Qualitätskontrolle bei der Ernennung zu einem so wichtigen – und spannungsgeladenen – Job des Datenschutzbeauftragten (und oftmals parallel Informationsfreiheit-Beauftragten!!!) ist absolut notwendig.

Ich selbst hatte mehrfach in Kiel und anderso die Möglichkeit mit Weichert zu reden und muss sagen, dass ich ihn noch als einen der kompetentesten Männer in dieser Position erachte (obwohl ich inhaltlich nicht immer mit ihm übereinstimme).

Personen wie Lepper oder der Leiter des Hamburger Casparle-Theaters sind allerdings unerträgliche und vorallem für die weitere Entwicklung des Web in Deutschland gefährliche Fehlbesetzungen.

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fk 16. September 2010 um 17:50

Hab den letzten Jarvis-Artikel dazu auch mit Freude aufgenommen. Und mir eine Aufnahme der Diskussion gewünscht, wie er Weichert aber mal so richtig aufzeigt, dass dieser endlich vom Baum klettern muss, was das digitale Zeitalter angeht. Danke.

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Das Wort zum Sonntag: Schutz der Dummen durch Bestrafung selbiger | Social Media Detektiv 20. Februar 2011 um 13:02

[…] hoch internetaffines Publikum ein. Ich war vor allem dort, um einmal den Datenschutzbeauftragten Thilo Weichert aus der Nähe begutachten zu können. Seiner Ansicht nach sind Werkzeuge wie Google Analytics oder […]

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Bundesregierung fördert den Adressdatenhandel 8. Juli 2012 um 14:40

[…] ganz grummelig, spricht man sie darauf an. So wie den Landesbeauftragten für Datenschutz in NRW, Ulrich Lepper. Als ich mit ihm zusammen in einer WDR2-Sendung zu Gast war, meinte er nur so was wie “Ja, […]

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