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Jede große Pause rannten wir in meiner Schulzeit nach unten an eine Gebäudeecke des Gymnasium Canisianum in Lüdinghausen. Dieser überdachte Bereich von vielleicht acht mal 10 Metern mit seinem glatten Steinboden diente uns als Kick-Platz. Wir spielten Fußball, zwei tragende Mauerteile waren die Tore.

Eigentlich ganz einfach. Aber geht es um Regeln, nehmen es Kinder ja oft sehr genau. So musste entschieden werden, was als Ball herhielt: Die eckige, kleine Saftbox? Die schnellere aber weniger berechenbare Plastikflasche der Marke Dreh&Trink? Oder doch ein Tennisball, der für diesen Boden und die kleine Spielfläche viel zu rasant war? Das war der Anfang, zahlreiche andere Dinge waren auch wichtig, zum Beispiel ob der letzte Mann eines Teams automatisch Torwart war oder wie hoch das Tor sein sollte.

Regeln und eingeschliffene Gebräuche können wichtig sein, will man gemeinsam etwas erreichen – und sei es, Spaß zu haben. Manchmal muss man sich dann auch beugen: Wer nicht nach den Regeln kicken wollte, die von der Mehrzahl der Spieler favorisiert wurde, konnte sich eine andere Beschäftigung suchen. (Foto: Shutterstock)

Womit wir bei Deutschlands Medienhäusern wären.

Die wollen zwar im Internet mitspielen – aber keine anderen Regeln als die ihren gelten lassen. Das ist nicht neu: Allein schon das Setzen eines Links auf ein anderes Nachrichtenangebot ist seit Anbeginn des World Wide Web zuviel verlangt – obwohl es den Qualitätsjournalismus fördern würde. Man könnte nun zu der Idee gelangen, 12 Jahre nachdem das Netz seinen Durchbruch im Massenmarkt erlebte, hätten langsam Denkprozesse eingesetzt, die diese Haltung verändern könnten. Aus ausprobiert würden sie beim neuen Hoffnungsträger der Verlage – dem Ipad.

Zu dieser Idee könnte man gelangen – und stellte fest, dass jenes grassierende Mismanagement in Zeitungs- und Zeitschriftenhäusern dem wieder einmal im Wege steht. Denn was germanische Medienunternehmen drei Jahre nach dem Start des Iphone (sind es wirklich erst drei Jahre – wow) erschaffen haben, war dürftig, ist dürftig, bleibt dürftig. Schlimmer noch die Ipad-Apps: Sie sind größtenteils katastrophal schlecht.

Das vergangene Wochenende war in diesem Punkt für mich ein Augen öffnendes Erlebnis. Denn neben meiner großen Liebe zum SC Preußen Münster schlägt mein Herz bundesligatechnisch ja für den HSV. Die Hamburger „Morgenpost“, Teil des Reichs DuMont Schauberg, hatte jüngst eine neue Iphone-App für Rauten-Liebhaber auf den Markt gebracht: „Mein HSV“ kostet einmalig 2,39 Euro und auf Dauer 79 Cent pro Monat.

Diese wäre ich bereit zu zahlen, bekäme ich tatsächlich interessante Informationen. Faktisch aber bietet mir die langsam arbeitende App die Artikel aus der „Mopo“, dürre Spielstatistiken (immerhin), einen langweilig geschriebenen Live-Ticker und den „Reporter-Ticker“. Bei letzterem schicken die Berichterstatter in einer Mischung aus Blog und Twitter etwas persönlicher gefärbte Nachrichten auf den Markt. Guter Ansatz? Theoretisch.

Praktisch entpuppt sich „Mein HSV“ als schlecht durchdachte und noch schlechter programmierte 08/15-Lösung. Wir sehen mal davon ab, dass die gesamte App schleichend langsam arbeitet. Aber: Erst nach dem gestrigen Update aktualisieren sich die Nachrichten überhaupt. Wer die Push-Benachrichtigungen eingeschaltet lässt, ist bald genervt. Gestern Nachmittag verkündete die App mir drei Mal in drei Minuten, es gebe eine Neuigkeit aus dem Reporterticker. Welche? Da muss man nachschauen: Es ist die simple Meldung, dass das Derby gegen St. Pauli Sonntags stattfindet. Nicht, dass dies uninteressant wäre – nur genau das müsste der Text der Push-Meldung sein. Und: Natürlich erschien kurz darauf ein langer Text in den Nachrichten dazu. So bietet „Mein HSV“ einen höchst überschaubaren Mehrwert, der noch nicht einmal die Zahlung der 79 Cent pro Monat rechtfertigt – „Mein HSV“ ist ab sofort ungleich „Mein Iphone“.

Das ist typisch für die App-Versuche deutscher Verlage. Sie zeichnen sich auf dem Iphone durch drei Merkmale aus:

1. Lieb-, Konzept- und Ideenlosigkeit
Noch immer warte ich auf eine tatsächlich originelle Iphone-App der Verlage. Ihnen fällt nicht mehr ein, als vorhandene Inhalte lieblos abzulaichen. Es scheint, niemand macht sich Gedanken, wie sich die Idee der Verlagsmarke übertragen lässt auf die technischen Möglichkeiten des Endgerätes. Der Nutzer gar ist vollkommen egal. Was er sich wünschen könnte, was ihn nervt, was ihn begeistern könnte – interessiert nicht. Die vorhandene Content-Produktion stellt die Grenze der Imaginationskraft.

Zugegeben: Es gab tatsächlich eine interessante Idee: den Style-Locator der „Gala“. Kaufräuschige fanden dort eine Liste von Marken, verbunden mit Geschäften, die diese führen und außerdem einen redaktionellen Teil mit den Must-Have-Produkten des saisonalen Modeopfers. Allein: Eine Navigation, die den Nutzer zum nächsten Paul-Smith-Laden in Berlin geführt hätte – die gab es nicht. Weiter gepflegt wurde die App nicht, wenn ich es richtig sehe, ist sie heute nicht mehr im Appstore vorhanden.

2. Scheiß-Egal-Haltung

Einen Tiefpunkt in Sachen Ignoranz ist „Mein Klub“ aus dem Haus Axel Springer. Sie merken schon: Nicht einmal bei der Namensfindung entwickeln Verlage noch einen Funken Kreativität. Das Konzept gleicht „Mein HSV“, war aber vorher da und bietet noch weniger: Der Nutzer stellt sich seinen Lieblingsverein ein und bekommt dann die Nachrichten zu diesem Club, alle stammen dabei aus Bild.de. Wer so blöd ist, dafür Geld auszugeben (die Premium-Version, die keine sonderlich großen Mehr-Inhalte bietet, kostet 2,39 Euro) bekommt aber ebenso wie Gratis-Nutzer in die App geklatschte Texte unter denen jedesmal steht „Hier gehts zum Bundesliga Forum! Mehr zum HSV“. Sie ahnen schon: Da geht’s nirgendwo hin und mehr gibt’s auch nicht – denn die Textbausteine sind nicht verlinkt. Für die bei Springer zuständige Donata Hopfen sind das „Ausnahmen„. Bei Springer sind Ausnahmen anscheinend die Regel.

3. Technik-Defizite
Die technischen Defizite, mit denen Verlags-Apps auf den Markt kommen sind unfassbar. Nehmen wir eben das Beispiel „Mein HSV“: Es kann und darf nicht sein, dass eine nachrichtenorientierte Anwendung nicht vom ersten Tag an die Nachrichten aktualisiert. Punkt. Es kann nicht sein, dass eine Meldung drei Push-Benachrichtigungen auslöst. Ähnliches gab es ja auch bei der Iphone-App der „Welt“ – auch sie terrorisierte am Anfang den Nutzer. Dafür mag es gute, technische Gründe geben. Nur werden sie zum einen nirgends erklärt. Zum anderen dürfen diese Erkärungen dem zahlenden Kunden herzlich egal sein: Geld oder Mitleid – Verlage bekommen nur eins davon.

Man darf festhalten: Ein Lernprozess in Sachen App-Entwicklung ist bei den Verlagen nicht erkennbar. Nun aber verkünden sie die Mehrung des eigenen Wohlstands mit dem nächsten App-getriebenen Produkt, dem Ipad. Verlage sollten „beten und Steve Jobs auf Knien danken“ posaunte zum Beispiel Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner heraus.

Auch ich glaube, dass sich mit Inhalten auf dem Ipad – und den kommenden, anderen Tablet-Geräten – Geld verdienen lässt. Derzeit aber gibt es keinen Grund anzunehmen, dass deutsche Verlage davon profitieren könnten.

So lieferte das Handelsblatt am vergangenen Wochenende eine Ipad-App, die so absurd schlecht ist, dass man an Satire glauben möchte. Sie ist nichts anderes als ein gähnend langweiliger E-Reader, die Technik gleicht größtenteils dem IKiosk von Springer. Nur: Es gibt eben allein ein Produkt.

Nun kann man so einen E-Reader ja machen. Möglicherweise gibt es Menschen, die tatsächlich eine Zeitung auf dem Ipad lesen wollen, ohne das Links oder Seitenhinweise verlinkt sind, mit alten Nachrichten und inaktuellen Börsenkursen. Das Aufsetzen einer solchen App kostet ein paar wenige tausend Euro – kann man sich leisten. Nur: Der E-Reader von Deutschlands führender Wirtschaftszeitung ist ja nicht mal auf der Höhe der E-Reader-Zeit. Bei jedem Öffnen der App wird nach dem Passwort gefragt; auf die Probeausgabe wird nicht hingewiesen; diese Probeausgabe enthält trotz langem Inhaltsverzeichnis 5 magere Seiten, was den Eindruck erweckt, sie wäre nicht vollständig übertragen worden; die Reaktionsgeschwindigkeit ist lähmend; die Web-Homepage kann geöffnet werden – doch weder Videos noch externe Links noch der Klick auf Anzeigen ist möglich.

Und als absoluten Tiefpunkt darf der Preis gewertet werden: Eine Ausgabe des digitalen Handelsblatts kostet 2,39 Euro – 29 Cent mehr als die gedruckte Ausgabe. Natürlich sollen Abonnenten des eigentlichen E-Papers oder der gedruckten Zeitung ebenfalls zahlen.

Ein digitales Produkt, das mehr kostet als sein physisches Gegenstück bei absolut gleicher Leistung – das ist ökonomischer Unsinn. Einst war das „Handelsblatt“ die Stimme der ökonmischen Vernunft. Wenn dies ihre Stimme ist, klingt sie wie ein Eunuche im Fieberwahn.

Das gilt ebenso für den „Spiegel“, der auch nicht mehr zustande gebracht hat als einen E-Reader, immerhin einen höher entwickelten, der mit der neuesten Ausgabe eine Volltextsuche enthält. Weiterhin aber ist der digitale „Spiegel“ optisch unappetitlicher als der gedruckte – und auch das kann nicht sein. „Grafische Schlachtplatte“ schrieb das Fontblog sehr schön.

Höchst unterhaltsam ist es dann, die Bewertungen bei Itunes zu verfolgen. Sie starten grundsätzlich positiv. Nach einiger Zeit kommen dann die negativen, die gekontert werden mit positiven, die fast immer darauf hinweisen, man könne die negativen Kritiken nicht verstehen. Tatsächlich findet hier wohl Astroturfing der Verlage oder der Dienstleister statt. Man will ein gutes Startranking und fälscht Kritiken, dann müssen die negativen ausgeglichen werden. Eine Maßnahme, die absehbar nur eine gewisse Zeit funktionieren kann: Denn je häufiger eine App heruntergeladen wird, desto mehr Konter-Kritiken sind nötig.

Die Innovationen kommen derweil von anderen. 29GPS produziert Ipad-Magazine von anrührender Schönheit. „DAS.“ aus dem Hause Volkswagen ist zwar inspriertes Corporate Publishing. Und in Sachen Nachrichten ist Flipboard die wohl spannendste Innovation: Die Nachrichtenauswahl erledigen meine Twitter- und Facebook-Kontakte. Die von ihnen weitergereichten Links werden in Form von Web-Seiten-Anrissen geöffnet. Dazu gibt es noch einen redaktionellen Teil. Flipboard ist für mich unverzichtbarer Teil meiner Informationsversorgung geworden.

Ein deutscher Verlag hätte Flipboard wohl nie umgesetzt. Denn dann hätte der Leser ja fremde Inhalte zu sehen bekommen. Und das ist noch immer das Allerallerallerschlimmste, was passieren könnte. Die Verantwortlichen handeln wie schon im Web nach der Maxime: Mein Leser gehört mir. Ein Konzept, das spätestens in dem Moment überdenkenswert erschien, da eine substanzielle Zahl von Menschen durch die Straßen spazierte mit dem Hinweis „Wir sind das Volk“.

Denn auch wenn das mancher Verlagsmananger glauben – und vor allem hoffen – mag: Das Ipad ist kein abgeschlossener Inhalte-Raum. Es ist so isoliert, wie man es isolieren will. Natürlich lassen sich auch hier Browser-Fenster öffnen, Artikel Twitter oder Facebook verlinken und Diskussionen anstoßen. All das geht – wenn man es will. Doch die Verlage wollen nicht. Noch immer glauben sie, der Nutzer ließe sich auf ihre Angebote zwingen weil… na, es ihre Angebote sind. Derzeit gibt es nicht nur keinen Hoffnungsschimmer auf eine Wende, es gibt nicht mal ein rationales Anzeichen dafür. Sie mögen sich weder den Wünschen der Nutzer beugen, noch die Möglichkeiten der Technik erkunden – und außerdem sollen weiter ihre alten Regeln gelten.

Auch damals im Pausenhof kamen vereinzelt jene, die etwas verändern wollten. Manchmal beugten sie sich scheinbar der Mehrheit und spielten eine kurze Zeit mit. Irgendwann riefen sie dann aus, dass nun eine etwas anderes als das ausgemachte gelte. Das nervte. Und machte das Spiel kaputt. Man vertrieb sie, mit Worten, dann mit Remplern und der Androhung von Handgreiflichkeiten.

Dann verließen sie jene Ecke mit dem glatten Boden. Allein.


Kommentare


Konstantin Neven DuMont 2. September 2010 um 15:17

Die Förderung des investigativen Journalismus durch eine stärkere Verlinkung fordere ich schon seit Jahren. Mein Kommentar „Orientierung in der digitalen Welt“ beschäftigt sich ebenfalls mit diesem wichtigen Thema. Der gesamte Beitrag erscheint am kommenden Samstag in der Frankfurter Rundschau. Hier ist ein Textauszug:

„… Die Digitalisierung hat zu einer historisch einmaligen Situation geführt. Nie zuvor waren so viele Daten, Fakten, wissenschaftliche Erkenntnisse und Meinungen öffentlich verfügbar. Prinzipiell ist das eine begrüßenswerte Entwicklung. Es bietet zum Beispiel die Chance, dass Wählern und Verbrauchern erweiterte Informationsgrundlagen für ihre jeweiligen Entscheidungen zur Verfügung stehen. Auf der anderen Seite bedeutet es aber nicht zwangsläufig, dass die Bevölkerung in ihrer Gesamtheit dadurch aufgeklärter ist.

Die Informationsbeschaffung des Einzelnen unterliegt individuellen Verhaltensweisen, was zu einem unterschiedlichen Maß an Informiertheit aller Beteiligten führt. Von einigen Politikern oder Wirtschaftslenkern wissen viele Bürger zum Beispiel gar nicht mehr genau, wofür sie im Einzelnen wirklich stehen. Diese Entwicklung ist insbesondere dann bedauerlich, wenn Entscheidungsträgern, Wählern oder Verbrauchern für sie relevante Informationen nicht zur Kenntnis gebracht werden.

Die Ursachen dieses Problems sind vielzählig. Es liegt aber auch daran, dass viele investigative Enthüllungen den Weg in die Massenmedien gar nicht schaffen. Die Frankfurter Rundschau kann ein Lied davon singen. Als sie zum Beispiel die Missbrauchsskandale an der Odenwaldschule im Jahr 1999 veröffentlichte, machten die anderen „investigativen“ Medien „Business as usual“. Erst zehn Jahre später wurde das Thema, in der Frankfurter Rundschau erneut zuerst und prominent platziert, dann auch von anderen aufgegriffen. Darin liegt das Hauptproblem des Journalismus. Umgekehrt allerdings macht die Presse nicht selten den selben Fehler mit vermeintlichen Wettbewerbern aus den privaten Medien, dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk oder auch bei Bloggern.

Um der verbreiteten Praxis eines wechselseitigen Verschweigens entgegenzuwirken und Missständen mehr Öffentlichkeit zu verschaffen, sollten alle Qualitätsmedien neben ihren eigenen großen investigativen Beiträgen die verdienstvolle Arbeit anderer Medien würdigen – mit kollegialem Respekt und ohne Berührungsängste. Auf diese Weise wird die Reichweite investigativer Recherche erhöht. Auch Blogs, Foren und soziale Netzwerke sollten dabei angemessen berücksichtigt werden. Erst so kann die Digitalisierung dem Gemeinwohl wirklich dienen… “

Auch wenn sich bislang nur wenige Menschen für dieses Thema interessieren, sollte weiterhin darauf aufmerksam gemacht werden.

Vielen Dank für Ihre Kritik zur iPhone-App „Mein HSV“. Hoffentlich gefällt Ihnen die iPad-App der Frankfurter Rundschau besser. Diese kommt voraussichtlich am 7. September 2010 auf den Markt.

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Ari 2. September 2010 um 15:41

Voraussichtlich? Ist sie noch nicht fertig programmiert bzw. läuft noch nicht richtig? (Was im IT-Bereich nicht ungewöhnlich ist)

Natürlich kann man intensiv über die journalistische Qualität diskutieren. Übrig bleiben die enormen teschnischen Defizite und mit diesen verbunden die oft geringe Nutzung der technischen Möglichkeiten der Medien. Es wirkt, als wolle man einfach das bestehende Format 1:1 auf die mobilen Geräte übertragen (Ticker, ePaper usw.). Das ist natürlich möglich, aber ein Rückschritt, wenn man das enorme Potential sieht!

Es erstaunt mich immer wieder das die Verleger (ob nun Zeitung oder Bücher) das enorme Potential nicht erkennen wollen und lieber „wie immer“ weiterwursteln und lieblos ihre Print und Onlineangebote auf die mobilen Geräte übertragen.

Gibt es einen Reiseführer als mobile Version für unterwegs?
Es gibt aufjedenfall eine sehr erfolgreiche App für das iPhone, dass relevante Informationen aus der Wikipedia zieht. Vielleicht kann man noch nicht das große Geld damit verdienen, aber der frühe Vogel fängt den Wurm. Wenn man zögert bis andere den Markt erschlossen haben, wird man nur durch Lobbying seine Felle halten können oder eben untergehen. Fragen sie mal Yahoo 🙂

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Verleger, hört diese Worte 2. September 2010 um 15:56

[…] wetterte ich wieder einmal gegen die Unart deutscher Verlage, sich nicht gegenseitig zu verlinken. Würden sie dies tun, bekämen Exklusivgeschichten fast sofort mehr Leser – und somit ihre […]

Antworten

Georg 2. September 2010 um 18:32

Ein schönes Thema, welches bei mir regelmäßig Brechreize provoziert. Für mich besteht das übel aus einer sehr unschönen Vereinigung von unkreativen Verlagen und öden 0815-Standard-Realisierern wie Sevenval oder Netbiscuits.

Butter bei die Fische, wie läuft’s denn im deutschen Markt üblicherweise?
Mensch X von sevenval/netbiscuits spricht Verlagsvertreter Y an: „Na, was macht die mobile Strategie? Schon gesehen, Verlag B hat jetzt – übrigens mit uns – eine mobile Site/eine App in den Markt. Läuft gut an, unglaublich. Ist ein Wachstumsmarkt!“

Verlagsvertreter X: „Ja, Riesenmarkt, wir haben da auch schon viele Ideen in der Schublade, aber derzeit keine IT-Kapazität und auch keine Redakteure für mobilen Content“

Netzkeksvertreter: „Oh, kein Problem. Wir haben hier einen Converter, der macht das automatisch. Nur ein paar Schnittmarken ins HTML und die mobile Seite/App läuft von alleine.“

Verlagsvertreter X: „Schicken Sie mir ein Angebot!“

Und rauskommt eine beliebige mobile Site/App, so wie es auch schon zig andere gibt. Das Produkt „Mobile Zeitung“ wird nicht von kreativen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erschaffen, entlang der technischen Möglichkeiten, sondern es wird einfach durch starre Schnittstellen gepresst.

Viel zu wenige trauen sich der mobilen Verlockung zu widerstehen und bewusst auf mobile Angebote zu verzichten, solange kein vernünftiges Produktkonzept vorliegt. Die Verlockung der schnellen Realisierer (siehe oben) ist zu groß. Und wenn jeder zugreift, dann muss man ja selbst wohl auch kaufen.

Ich wünschte, dass mehr Medienhäuser mobile Inkubatoren gründerten. 2-3 fitte Köpfe in ein Lab gesteckt, mit klarem Briefing (ja, z.B. Refinanzierung) und heraus käme mit Sicherheit eine bessere Perspektive für Apps und Mobilsites.

Ein ähnliches Problem hemmt ja auch den Sektor der E-Books. Statt kreativ die Sache zu stemmen und neue Märkte zu öffnen, grübeln die Verlage darüber, wie sie den Markt möglichst lange ignorieren oder unattraktiv halten können.

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Lesenswerte Artikel 3. September 2010 3. September 2010 um 7:14

[…] I-Apps deutscher Verlage: Nein, Deine Regeln will ich nicht „Denn auch wenn das mancher Verlagsmananger glauben – und vor allem hoffen – mag: Das Ipad ist kein abgeschlossener Inhalte-Raum. Es ist so isoliert, wie man es isolieren will. Natürlich lassen sich auch hier Browser-Fenster öffnen, Artikel Twitter oder Facebook verlinken und Diskussionen anstoßen. All das geht – wenn man es will.“ […]

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epagee 3. September 2010 um 11:54

Sehr interessantes Thema, der Artikel hat den Nagel auf den Kopf getroffen. Sicher gibt es in naher Zukunft einige interessante Projekte, gerade weil es in den Medien momentan sehr verbreitet ist und Verlage langsam die Zügel in die Hand nehmen. Danke für die Inspiration.

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Nils Merker 3. September 2010 um 14:42

In dem Artikel steckt viel Wahrheit. Nur leider ist es einfach, eine Wahrheit auszusprechen, wenn man auf einer Seite steht, die nicht direkt vom Problem betroffen ist, vor allem wenn das Problem ein gesamtes Wirtschaftssystem und nicht wenige Einzelne betrifft. So könnte ich leicht behaupten, „erfindet endlich wirklich emissionsfreie Autos, denn sonst geht der Planet früher oder später unter“. Der Wunsch danach ist gut, nur ist das leichter gesagt als getan. Wirtschaftsinteressen, Lobbyismus, eigene Faulheit und Unfähigkeit zu vieler verschiedener Akteure stehen dem im Wege.

Genauso geht es den Verlagen, sie wollen sicherlich bessere Geschäftsmodelle finden, nur leider fehlt es an Ideen. Auch die Online-Angebote sind ja schon ideenlos, wie soll dann erst eine mobile Version zu neuer Hoffnung beitragen. Es wird immer ein und das gleiche Geschäftsmodell übertragen, aufgrund der Ressourcen-Knappheit an (Human-)Kapital mit möglichst geringen Mitteleinsatz. So ist es nicht verwunderlich, dass man Print-Content auf Online kopiert und Online-Content dann in die App (überspitzt gesagt).

Es bringt also nichts, der gesamten Branche vorzuwerfen „macht es besser“, denn das wollen diese ja schon, sie können nur nicht. Eine Idee wäre es da, die Kritik zu sparen und selbst Ideen zu bringen bzw. selbst zum Akteur zu werden. Kritik ist immer leichter als Eigenkreation! Wenn es die Verlage nicht schaffen, warum dann nicht selbst machen? Hier ist die Chance für ein innovatives Produkt!

Eine Möglichkeit, Verlags-Apps aufzuwerten, sind Zusatzdienste, die neben dem eigentlichen Content-Angebot echten Mehrwert bieten. So machen wir das beispielsweise mit unserer App (teltarif.de 0180-Telefonbuch). Neben den News von teltarif.de ist die Hauptfunktion der App nämlich eine Suchmaschine für Ersatznummern für sonst teure 0180-Hotlines. Hier wurde ein bestehender Online-Dienst, das 0180-Telefonbuch von 0180.info (die Datenbank ist User generated Content), in die App übertragen Auf diese Weise wird den iPhone-Nutzern, welche ja gerade vom Hotline-Problem besonders betroffen sind, ein USP geschaffen, der zudem noch unsere News befeuert.

Zugegeben: Design und Usability des News-Part unserer App sind sicherlich verbesserungswürdig. Mehr als 45.000 Downloads in unserem Special-interest-Fall sind aber vielleicht dennoch beachtenswert, oder?

Sowas ähnliches sollten doch SpOn, Bild, Welt und Co. doch auch hinbekommen. Diese haben doch genügend Zusatzfeatures, Datenbanken, Website-Dienste, Vergleiche, Video-Inhalte, etc.

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Was ich loswerden will (51) « Düstere-Grenze 3. September 2010 um 17:47

[…] I-Apps deutscher Verlage […]

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Tobias 5. September 2010 um 14:00

Sehr schöner Artikel… Nein halt, das mit dem schön nehm ich sofort wieder zurück!n Ich lese ihren Blog grad zum ersten mal auf meinem neuen iPad und muss mit Entsetzen feststellen, dass es furchtbar aussieht! Warum habe ich denn hier ein anderes Design als in der Webversion? Oder ist das für Mobiltelefone optimiert??? Zumindest ein Button zur Auswahl zwischen den zwei Versionen wäre doch wünschenswert. Grade, wenn man solche (dennoch richtigen) Artikel schreibt. 😉
(Zoomen und Kommentieren scheint übrigens auch nicht zu funktionieren…)
@Nils: Natürlich haben die Verlage keine Ideen, aber dafür sind sie auch nicht da! Hier heißt es Geld in die Hand nehmen In die Hand nehmen und kreative Leute für kreative Ideen und Umsetzungen zu bezahlen. Oder in Zeiten des Web 2.0 Uservorschläge sammeln… Brainstorming mit den eigenen Mitarbeitern -gerne in Form einer Wave oder ähnlichem- wären auch problemlos möglich! Natürlich muss man dann sehen was realisierbar ist und dann auch den Mut aufbringen was neues zu versuchen. Denn das ist es was vielmehr fehlt: Mut!

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Lerneffekt Deutscher Verlage im Web nicht erkennbar… « Blog.Bayern-online.de 8. September 2010 um 8:43

[…] 8. September 2010 von bayernonline http://bit.ly/9znbKX […]

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Blaubart 9. September 2010 um 9:40

Ich hatte gestern ein interessantes Gespräch mit einem „öden 0815-Standard-Realisierer“ wie Georg so schön schrieb, der aber auch ein paar recht interessante Sichten in den Betrieb gab.
Eines der größeren Probleme scheinen nicht die Schnittstellen zu sein (als Informatiker würde ich das auch nicht gelten lassen), sondern die Tatsache, dass die Print-Abteilungen ihren Content schlicht nicht hergeben wollen und das Management dem Treiben zusieht. In der Tat stellt sich die Frage, wie Apps interessant werden sollen, wenn der „Print-Anteil“ nur als rein lesbarer, aber nicht interaktiver Anteil beschränkt wird. Es ist aus meiner Sicht daher vor allem ein großes Problem mit der Vision, die Leidenschaft für das neue fehlt (noch).

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Der angekündigte Harakiri des Hauses Burda 9. September 2010 um 17:53

[…] Haltung hat sich bis heute nicht geändert. Man mag da nicht mitspielen – und entsprechend schießt man wenig bis gar keine Tore. Einer, der besonders wenig Lust auf Digitales hat, ist Philipp Welte, nun der große Macher im […]

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Jingstealer 28. September 2010 um 8:28

Von der Realität der App-Entwicklung hat der Autor offensichtlich keine Ahnung. Ist vollkommen normal dass sich unter dem oft erheblichen Zeit- und Budgetdruck der heutzutage herrscht auch grössere Fehler in die Software einschleichen.

Wichtig ist, ob die Apps verbessert werden und auf Kundenwünsche reagieren. Das Problem mit dem Update beim HSV z.B. war doch schon nach einer Woche behoben. Die Performance wurde auch deutlich verbessert. Deswegen so vom Leder zu ziehen finde ich kleinlich.

Mir fehlt in diesem Blog die konstruktive Seite der Kritik. Was ich sehe ist klassische Essigpisserei. Oder Besserwisserei? Vermutlich von beidem genug.

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Thomas Knüwer 28. September 2010 um 9:39

@Jingstealer: Nehmen wir an, Sie kaufen ein Auto. Und, ups, es fährt nicht. Aber keine Sorge: Irgendwann kriegen Sie sicher von irgendwo her den Hinweis, wann das verändert worden ist.
So geht keine andere Branche mit Kunden um. Ein Produkt muss funktionieren – erst recht, wenn es Geld kostet. Kostet es nichts, na ja, dann kann man Fehler irgendwie hinnehmen.

Es ist die Hybris der Programmierer: Sie glauben, der Kunde werde all das akzeptieren. Tut er aber nicht. Wenn eine App mit einem großen Namen versehen auf den Markt kommt, hat sie zu funktionieren. Punkt. Und von Medienunternehmen muss man erwarten, dass sie mindestens den Standard der technischen Entwicklung bieten, eher aber noch nach vorne gehen.

Wie es besser aussehen könnte, beschreibe ich in diesen Artikel. Stichwort: Flipboard.

Aber ich vermute – um in ihrem Duktus zu bleiben – ich habe in Ihren Garten gepisst und Sie waren an der Entwicklung einer der kritisierten Apps beteiligt?

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Jingstealer 28. September 2010 um 11:06

Nein, aber als App-Entwickler kenne ich die Realitäten. Software hat leider immer Bugs. Besser, Sie finden Sie sich damit ab.

Wenn der Bug mit der Aktualisierung nicht gefixt worden wäre, dann gäbe es wirklich ein Problem. Soweit ich das beurteilen kann, wurde er aber gefixt.

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Rivva krepelt. Ich kotze. | bertdesign.de 29. September 2010 um 22:57

[…] Zei­tun­gen & Ver­lage schaf­fen es bis heute nicht, die Regeln des Inter­nets zu ver­ste­hen und ordent­lich zu ver­lin­ken. Das mag sich in letz­ter Zeit ein wenig geän­dert haben, […]

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Autosuggestions beim 9. November 2010 um 22:24

[…] wenn die genannten 280.000 verkauften Anwendungen alle “Bild”-Apps waren (oder die unsäglich schlechte “Mein Klub”) sind die gesamten Umsätze höchst […]

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Warum das iPad nicht der Messias ist | Kopfzeile[n] 27. Februar 2014 um 19:39

[…] Um auf dem iPad präsent zu sein, braucht es natürlich eine schöne App. Und da sind wir schon beim ersten Hindernis. Bis jetzt hat noch kein deutscher Verlag seinen Innovationsmotor angeworfen, um eine App auf den Markt zu schmeißen, die mehr kann, als nur Webinhalte dem Display angepasst anzuzeigen – also wozu nicht einfach über den Browser die Inhalte ansurfen? Dass es den Verlagshäusern zudem scheinbar noch an fähigen Programmierern mangelt, weiß Thomas Knüwer zu berichten. […]

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