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Ja, es stimmt schon, was Marc Felix Serrao heute in der „Süddeutschen Zeitung“ schreibt: „Dieser Deal wird die Medienlandschaft umwälzen.“

Gemeint ist die Übernahme der Deutschlandgeschäfte der US-Nachrichtenagentur AP durch DDP. Die Käufer Peter Löw und Martin Vorderwühlbecke geben sich bullig: Sie wollen DPA angreifen und sprechen von einem „Monopol“ im deutschen Agenturgeschäft, das es faktisch natürlich nicht gibt.

Das Verschwinden eine Anbieters als Befeuern des Marktes zu titulieren zeugt von einiger Chuzpe. Denn faktisch gibt es jetzt eine deutsche Agentur weniger. Doch das dürfte erst der Anfang eines giftigen Kampfes zu Ungunsten der journalistischen Qualität und der Zahl redaktioneller Arbeitsplätze werden.

Welche Nachrichtenagentur die beste in Deutschland ist oder ob alle gleich gut oder schlecht sind, das ist eine Glaubensfrage. Für viele Verleger ist das aber weniger die Frage. Sie finden DPA, ein Unternehmen, das ihnen selbst gehört, für viel zu teuer. Ein günstigerer Anbieter dürfte ihnen nur recht kommen.

Und natürlich sind DDP/AP günstiger. Sie beschäftigen weniger Journalisten, sie beziehen die Inhalte der AP-Ex-Mutter – was definitiv billiger ist, als sie selbst zu produzieren. Wie stark die künftige DDP-Redaktion sein wird, ist noch offen. Eine Übernahme ohne ordentliche Stellenkürzungen wäre ja fast ein Novum.

Doch jeder Verlag, der sich entscheidet, DPA zu Gunsten von DDP zu verlassen, muss sich auch über die mittelfristigen Konsequenzen klar sein. Im deutschsprachigen Raum verfügt DPA noch immer über das stärkere journalistische Netz – und die Auslandsmeldungen kommen künftig von einer Gesellschaft, die einer Branche gehört, der es erheblich schlechter geht als den deutschen Verlegern: ihren US-Gegenstücken.

So droht die Qualität der DPA unter dem Druck des Marktes zu sinken – schließlich wird sie günstiger werden müssen. Und gleichzeitig droht die Gefahr, dass die AP-Qualität unter den wirtschaftlichen Nöten ihrer Besitzer ebenfalls sinkt. Und: Nachrichtenagenturen werden für klassische Medien immer wichtiger – irgendwo müssen die Inhalte ja her kommen.

Schöne Aussichten sind das nicht.


Kommentare


HarryHIII 8. Dezember 2009 um 16:23

Für mich spielt dieser ganze Blätterwald und die Problematik um Journalisten gottseidank keine große Rolle; ob nun dpa oder ap oder sonstwer interessiert glaube ich auch sonst kaum jemanden.

Ich glaube hierbei an die Mechanismen der Selbstorganisation; in den USA reguliert sich das auch irgendwie. So dass die Menschen sich informieren können; so dass sie sich engagieren können; so dass sie sich kontrovers äußern können. Wenn es den Menschen zu viel wird an Gängelung, an einfältiger beziehungsweise gekaufter Berichterstattung, dann wird auf der anderen Seite der „Entlastungs-„Druck so stark, dass die Menschen sich garantiert (kreativ) ausdrücken werden!

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kibonaut 8. Dezember 2009 um 19:01

Nunja, die Entwicklungen auf dem Agenturmarkt entspricht den Selbstamputations-Tendenzen, die wir aus der übrigen Medienwelt kennen. Und es ist wie immer ein strukturelles Problem.

Mittlerweile dürfte die Situation prekär sein: Während sich Verlagsmanager derzeit wieder das „Charisma des Qualtätsjournalismus“ (Mathias Döpfner beim Zeit-Matinee) herbei wünschen, um für Inhalte Geld verlangen zu können, haben sie doch schon längst nicht mehr die Ressourcen, eben diesen zu liefern.

Es ist nur so ein Gefühl, aber es sagt mir, dass bei vielen sozusagen ein negativer Break-Even überschritten ist. Der Point of no return, denn „Journalismus“ lässt sich nicht produzieren wie irgend eine Ware. Egal, wie man den Produktionsablauf auch schleift – eine Recherche muss immer auch mal holperig sein dürfen.

Dass es mit der Recherche auch bei Nachrichtenagenturen nicht weit her ist, findet zumindest auch Stefan Niggemeier: http://www.stefan-niggemeier.de/blog/die-ruegen-routine-journalismusfrei/

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Peter Zarger 8. Dezember 2009 um 20:21

Man kann die Routinearbeit der Agenturen auch gerne der Software überlassen http://carta.info/16739/stat-monkey-journalismus-computer-automatisierung/

Ob mich ein Journalist oder Software zuschwallt ist doch egal.

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Thomas Television 8. Dezember 2009 um 22:08

Die Frage ist natürlich auch noch, ob die beiden Agenturen inhaltlich anders ausgerichtet sind. Diese komischen RPO-Texte („Dortmund ist eine Stadt in Nordrhein-Westfalen“), auf die Stefan Niggemeier hingewiesen hatte, scheinen ja ursprünglich vom ddp zu kommen.

Ist dieser Journalismus von „Dummen für Dumme“ nicht vielleicht schon immer das Geschäftsmodell von ddp? Dass man vielleicht auch nicht mehr das Wichtigste an den Anfang einer Meldung setzt, sondern irgendwas buntes? Zumindest hatte ich als Student sowohl Seminare bei dpa- als auch bei ddp-Chefs, und die haben sich inhaltlich doch sehr unterschieden. Allerdings ist das schon ne Weile her.

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Ralph 10. Dezember 2009 um 8:53

Wenn einige der Kommentatoren wuessten, wieviel der Berichterstattung in den Medien ( auch und gerade online) auf Agenturmaterial zurueckgeht, wuerden sie nicht von „Geschwalle“ reden. Gerade im Hinblick auf diese Uebermacht ist die Qualitaet der Agenturen absolut relevant.

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Peter Zarger 10. Dezember 2009 um 20:17

> Wenn einige der Kommentatoren wuessten

Genau das wissen die Kommentatoren, und deshalb geht ihnen der heutige Abschreibe-Journalismus, der für sich eine staatstragende Funktion beansprucht, so gewaltig auf den Zeiger. Die Herren Abschreibe-Journalisten haben demnächst eine Quelle weniger zum Abschreiben? Geil!

Die journalistische Abschreibementalität könnte vielleicht auch der Grund sein, warum Qualitätsjournalisten reflexartig Bloggern abschreiben unterstellen. Die Qualitätsjournalisten können sich gar nicht vorstellen, dass man noch auf andere Art Beiträge machen kann (und bedient sich deshalb auch gerne mal bei Wikipedia, natürlich ohne Quellenangabe – die sowieso ein rotes Tuch für Qualitätsjournalisten sind) .

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Sascha Pallenberg 11. Dezember 2009 um 9:55

@Peter

du sprichst mir aus der Seele. Dieses vermeintliche Totschlagargument der alten Medien: „Blogger waeren reine Kopiermaschinen“, ist so ziemlich der peinlichste Vorwurf, der immer wieder ausgegraben wird.

Er amuesiert mich inzwischen nur noch, denn diese Heuchler saegen damit nur noch schneller an dem Ast auf dem sie sitzen.

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Ralph 15. Dezember 2009 um 9:53

@ Peter @ Sascha: Naja, das ist nun doch etwas dampfwalzig argumentiert. dpa wurde von den Verlagen selbst erfunden und erfuellt den Zweck des Materiallieferanten fuer diese Verlage. Das als Abschreiben zu bezeichnen ist Quatsch. Blogger bedienen sich haeufig der Produkte dieser Verlage als Quelle. Auch das ist nicht Abschreiben, solange nicht kopiert wird. Problematisch wird die Sache dort, wo Agenturmaterial die eigene Recherche ersetzt und man sich dabei auf eine einzige Quelle verlaesst – und diese dann noch qualitativ fragwuerdig ist.
(Warum eigentlich dieser Hass auf Journalisten? Als wuerden alle nur Blogger diffamieren und „abschreiben“.)

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