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Gestern präsentierte die bisher digital eher absentistische „Welt am Sonntag“ ein bemerkenswertes Projekt. Ein digitales Magazin, „E-Mag“ auf Plattdütsk. Einmal monatlich soll es nun erscheinen und in diesen Tagen ist es – natürlich – „Paid Content“, was ins Hochdeutsche übersetzt bedeutet „Verfluchte Scheiße, für irgendwas müssen die Idioten da draußen doch mal Kohle ablaichen“.

wams emag

1,50 Euro soll das mit reichlich Flash-Programmierung arbeitende Produkt kosten und im kommenden Jahr einmal monatlich erscheinen. Beginnt so das Springer-Zeitalter der bezahlten Inhalte?

Höchst fraglich.

Was das E-Mag tut ist das, worüber Verlage vor drei Jahren hätten nachdenken müssen. Die optisch appetitliche Umsetzung multimedialer Möglichkeiten. Das macht die „Wams“ ordentlich, das ist alles hübsch anzusehen, hat nette Details, ein paar Überraschungen. Der Urwald zirpt zur Borneo-Geschichte, Jan Weilers Tochter macht ein Video-Interview, Adriano Sack gibt New-York-Tips – gute Ideen.

Der Seitenaufbau ist zumindest bei mir manchmal ermüdend langsam, aber wir stehen noch am Anfang. Auch was die Ideenfindung betrifft: Da wäre noch Überraschenderes möglich. Man merkt, dass die Redakteure wenig Erfahrung darin haben, die neuen Möglichkeiten zu nutzen um Geschichten nicht nur zu ergänzen, sondern neu zu erzählen.

Wäre dies das Jahr 2007 – man hätte nicht genug loben können. So kann Online-Journalismus aussehen. Nun aber sind wir zwei Jahre weiter und bei der Entwicklungsgeschwindigkeit des Web in diesen Zeiten sind zwei Jahre verdammt viel Zeit. Immerhin aber: Es tut sich was.

Allein: Würde ich dafür Geld bezahlen?

Eher nein. Dazu sind die Inhalte zu wenig exklusiv und manchmal zu sperrig im Konsum. Interaktion findet gar nicht statt. Und auch die Menge ist nicht überwältigend. Trotzdem: Es ist ein erster Schritt und keineswegs ein misslungener.


Kommentare


Ulrich Voß 24. November 2009 um 12:10

Braucht irgendjemand dieses Bundling von Content noch? Dieses Kaufen wenn 10 Artikeln, wenn mich nur einer interessiert? Braucht man Text mit Soundhintergrund (das ist doch nur Gimmick)? Alles in Flash (und nächstes Jahr rollt Apple den Markt mit einem flashlosen Tablet auf)? Ich weiss nicht …

Einen detaillierteren Bericht über das eMag gibt’s übrigens hier:

http://www.pottblog.de/2009/11/22/welt-am-sonntag-emag-ein-erster-eindruck-des-neuen-digitalmagazins/

Ja, es ist ein kleiner Schritt. Nein, nicht in den Abgrund. Aber wahrscheinlich auch nicht in die richtige Richtung …

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Tweets die “Wams” E-Mag: Ein großer Schritt für Springer – ein kleiner für den Rest der Welt erwähnt — Topsy.com 24. November 2009 um 12:12

[…] Dieser Eintrag wurde auf Twitter von Thomas Knuewer, Rolf Piechura erwähnt. Rolf Piechura sagte: Stimme zu. Gut umgesetzt, nur wie soll man von erfahren, wenn nicht drüber geredet wird http://bit.ly/7Dmi0K #wams #paywall #nullinteraktion […]

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Bastian Dietz 24. November 2009 um 12:22

Vielleicht bin ich echt zu konservativ, aber ich finde Paid Content von Verlagen nicht nur gut, sondern nutze ihn auch fleissig. Das Stichwort ist ePaper, das bei der Süddeutschen und der ZEIT sehr toll funktioniert. Dafür zahle ich gerne, wenn die die Funktionalität nochmal etwas überarbeitet wird, auch gerne noch etwas mehr.

Kommentare? Brauche ich in einer Zeitung – auch im Web – nicht wirklich. Dafür gibt es die Webseiten und Blogs, als Einstieg oder Ergänzung. Diese nutze ich aber auch eher für spezielle Dinge wie Infografiken. An dem Punkt könnten Interaktivität und ePaper noch etwas mehr zusammenwachsen. Aber da würde es auch ein einfacher Link tun.

Zeitung muss sich nicht unbedingt neu erfinden, um einen Stellenwert im Online-Zeitalter zu haben. Darum ist das eMag der WaMS auch eine Totgeburt. Wenn die Inhalte gut sind, reicht ein gutes PDF mit 7 Tages-Archiv durchaus.

Das Problem ist das Geschäftsmodell. Das wird mit 1,50 € und einem eMag nicht wirklich gelöst. Bessere Arbeitsbedingungen in den Verlagen (Rechercheressourcen, Vernünftige Arbeitsplätze,…) könnten aber zu mehr Qualität beitragen und das war für die 4. Macht im Staat schon immer das beste Geschäftsmodell.

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Georg 24. November 2009 um 17:07

Ich würde mir wünschen, dass Verlage schnelle „quick wins“ umsetzten, die auch Geld bringen können. Weshalb z.B. kann ich nicht auch die Süddeutsche Zeitung oder „Die Welt“ im täglichen Abo auf meinen Amazon Kindle beziehen? Die FAZ und zig US-amerikanische Titel bieten dies an. Ich würde sofort ein kostenpflichtiges, für mich aber bequemes Abo abschließen, gerne auch zum 1:1 Printpreis. Stattdessen wird an exklusiven E-Mags und iPhone Apps herumgedoktert. Schön und gut und die können ja auch additiv angeboten werden. Die schnellen Erfolge ließen sich aber womöglich woanders erzielen.

Das E-Mag ist tatsächlich eine interessante Annäherung, passt jedoch optisch eher zu GQ, Vogue oder Men’s Health. Trotz meines VDSL 50.000 Aschlusses geriet das Betrachten zur Geduldprobe. 🙁

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Ralph 24. November 2009 um 20:04

@Bastian Diez: Erfrischend anderer Gesichtspunkt! PDFs und E-Paper funktionieren fuer mich nicht. Kommentarmoeglichkeiten sind mir wichtig, aus erster Linie um dem Autor was zu erwidern. Bezahlen wuerde ich fuer richtig gut aufbereitete Zusammenfassungen von Ereignissen und Themen, die ich verpasst habe – der Fussballwettskandal in 15 Minuten mit Option zur Vertiefung. Flash brauche ich nur fuer funktionale Infografiken, ansonsten muessen Inhalte vor allem schnell laden, uebersichtlich und klar strukturiert sein und sich gut archivieren und durchsuchen lassen.

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Ulrich Voß 24. November 2009 um 22:19

In der Tat ein interessanter Gesichtspunkt, wenn man Bastian Dietz und Georg zusammennimmt. Wobei ich mich im ersten Fall allerdings frage, warum überhaupt irgendwas neu machen? Eine statische Zeitung scheint ja auszureichen. ePaper nur, weil dann auch um 7 Uhr die Nachrichten von 6 schon drin sind? Die Zeitung im Print hat auch immerhin den Vorteil, dass meine Frau und ich die gleichzeitig lesen können (ich den Sport zuerst, man kennt das ja ;-)).
Ich bezweifle, dass das mit dem 1:1 Printpreis hinkommen wird. Denn dazu müssten die Werbekunden mitziehen und für Anzeigen im ePaper genausoviel bezahlen wie im Print. Ich zweifle daran aber massiv. Denn die Anzeigenkunden werden in einem internetnahen Medium die alten Preise nie mehr zahlen. Die sind die Tracking-Möglichkeiten von Google (Doubleclick) jetzt gewöhnt. Die wollen wissen, wer die Anzeige sieht. Wer auf die Website klickt, etc. Die ganze Monetarisierungsschiene ist für die Zeitungen komplett ungelöst.

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Ulrich Voß 24. November 2009 um 22:24

Ach so: Auch wenn ich so skeptisch klinge: Ich bin durchaus bereit, Geld zu zahlen und mache das (direkt zum Teufel Murdoch) auch für das WSJ und Barrons. Herrvoragender Content, breit, interaktiv, tagesaktuell, in jedem Browser zu sehen (und nicht nur auf einem Kindle), nichts verschwindet im Archiv, ich kann mir Ausschnitte abspeichern, ich kann dahin verlinken, Lesezeichen setzen und das zum lächerlichen Preis von 2 Dollar pro Woche für das WSJ (gut 100 Dollar, also weniger als 70 Euro im Jahr). Das WSJ ist bei diesem Preis übrigens profitabel.

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buettgens 24. November 2009 um 22:49

Den Beitrag des von mir sehr geschätzten Thomas Knüwer zum emag der Welt am Sonntag habe ich mit Interesse gelesen. Naja, zum richtigen Verriss reicht’s nicht, ein bisschen loben ist halbgarer Kram, der gönnerhafte „Eigentlich-ganz-nett“-Unterton klingt grummelnd durch – und genau darin liegt ein Problem der Blogosphäre. Die Kollegen besetzen das Thema neue Medien und deren Konsum mit dem Anspruch, die Weisheit gepachtet zu haben, gefallen sich in Closed-Shop-Diskussionen und haben dabei viel zu selten im Blick, wie die potenziellen Kunden da draußen wohl ticken.
Die stehen nämlich – und ich hab’s an den Reaktionen der Freunde und Kollegen gesehen, denen ich das emag gezeigt habe – völlig fasziniert vor diesem zumindest für sie neuen Angebot und staunen. So geht das also mit den News und ihrer internetgerechten Aufbereitung von morgen, so also könnte paid content funktionieren!
Ob’s ein Erfolg wird: abwarten. Aber gut gemacht ist das elektronische Magazin der Welt am Sonntag auf alle Fälle. Da zeigt ein Medienhaus eine Reaktion aufs allgemeine Lamentieren.
Man kann, wenn man in der Redaktion einer Regionalzeitung arbeitet und das sieht, nur den Hut ziehen und sich wünschen, solche Angebote der eigenen Kundschaft auch unterbreiten zu können. Vielleicht ist das emag in diesem Zusammenhang ein Impulsgeber.
Ich verfolge die Expertendebatten im Netz zur Entwicklung der Medien mit großem Interesse. Mir fehlt viel zu oft die Erdung. Dabei kommen wir unserem Job als Journalisten wohl immer noch am besten nach, wenn wir die Kundschaft dort abholen, wo sie steht. Auf dem Boden.

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Jovog 25. November 2009 um 16:20

Das eMag ist auf alle Fälle ein interessantes Experiment: Immerhin bricht es konsequent mit bisherigen Regeln der Aufbereitung von Content, der am Bildschirm gelesen werden soll. Artikel, die dreispaltig in Flash-Filmen verpackt sind („3D Animationen werden erstellt – bitte warten“) – das galt bislang als No-No im Web. Aber wer weiß – vielleicht wünschen sich die Web-Nutzer genau das. Ich bin jedenfalls gespannt auf die Resonanz.

Ob das eMag viele Käufer findet – ich weiß es nicht. Von mir hat es jedenfalls kein Geld erhalten – ich habe den Hürdenparcours nicht geschafft: Vor dem Kauf der Einzelausgabe (1,70 Euro) steht die Pflicht-Registrierung mit Angabe der vollen Adresse (Pflichtangaben). Ist eMag vielleicht doch ein Print-Produkt? Erst jetzt erfahre ich die Kaufmodalitäten: Einzugsermächtigung oder Kreditkarte. Kein Paypal, kein Click&Buy.
Sorry, eMag, um die Ausgabe probezulesen ist mir dieser Aufwand zu hoch, auch wenn’s mir die 1,70 wert gewesen wäre. Und warum sollte ich das Ganze gleich für 7,50 respektive 12 Euro abonnieren, wenn ich keinerlei Anhaltspunkte habe, was ich erwartet?
Den Knopf „Probelesen“ gibt’s übrigens auch. Aber der öffnet nur den einen Text-Beitrag (s.o.), den man auch zu lesen bekommt, wenn man auf das Titelbild klickt.
So wird aus dem Einstieg in Paid-Content nichts, glaube ich.

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Ulrich Voß 25. November 2009 um 22:09

@buettgens:

Was ist denn daran neu? Das ist Flash, wie ich ihn hunderttausendfach auf Multimedia-CD-Roms schon finde. Brockhaus etc. Was ist daran Internet?

Mag sein, dass das die Idee war, bei der alle sagen: Toll und auf einmal anfangen zu kaufen. Ich bezweifle das.

Mir passt das auch nicht zur Marke „Welt“. Geo oder Bellevue oder ähnliche Magazine könnte von einer solchen Präsentation viel mehr profitieren.

Apple hat im Internet-Musik-Verkauf auch nur deshalb gesiegt, weil alles passte. Content, Bezahlung (ein Account!), tolles Device fürs Nutzen, etc. pp. Und ich glaube, dass alle anderen Lösungen scheitern werden, weil es eben immer irgendwo hakt. Ich will mich nicht 100mal anmelden, ich will nicht 20 Softwareversionen installieren, ich will das nicht auf einem Notebook lesen.

Der Durchbruch wird erst kommen, wenn alles passt. Nach Apple und dem iPod sehe ich im Moment nur den Kindle + Bücher als gelungene Lösung. Wenn der Kindle farbig wird und Multimedia kann, kann das der iPod des Prints werden. Vielleicht funkt Apple aber auch noch mit einem Tablet dazwischen. Wir werden sehen.

IMHO ist Springer mit der falschen Marke, dem falschen Content und dazu noch zu früh am Markt,

Naja, aber vielleicht bin ich wirklich schon zu lange im Multimedia-Bereich und dem Internet unterwegs und unterschätze die Begeisterungsfähigkeit der Leute „da draussen“.

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Thomas 26. November 2009 um 15:21

„Ein digitales Magazin, ‚E-Mag‘ auf Plattdütsk.“

Ich hatte aufgrund der Formulierung tatsächlich gedacht, es handelt sich um ein Magazin auf Plattdeutsch, oder was auch immer „Plattdütsk“ heißen soll und während der ganzen Zeit darüber nachgedacht, welchen Sinn das machen soll… Aber da war ich wohl der einzige.

Wie auch immer, ich habe mal auf Probelesen geklickt und fühle mich im ersten Moment durch den technischen Schnickschnack abgeschreckt, aber das ist sicher Gewöhnungssache. Während ich da so rumklickte (oder blätterte?), wurde mir bewusst, dass ich ein Magazin dieser Art, und dann auch mit technischen Spielereien, gerne auf einem Tablet (etwa dem zukünftigen von Apple?) im Zug oder auf der Couch lesen und ansehen/hören würde. Dann müsste es allerdings etwas sein, dass meinen Geschmack trifft (Politik, Entertainment) und exklusive Inhalte haben.

Bin gespannt was daraus wird. Zwar bin ich kein Ökonom, aber ich kann mir noch nicht so recht vorstellen, dass da mehr als ein netter Nebenverdienst draus wird.

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Dierk 27. November 2009 um 12:54

Vielleicht haben die sich einfach nur gedacht: Lass mal ein laues Produkt auf den Markt werfen, das beweist, im Internet verdienste keen Jeld. Nicht so schlecht, dass die Welt, also die echte jetzt, nicht die Mutterzeitung, brüllend lacht, aber eben auch nicht gut genug, um jemanden vom Hocker zu reißen.

Ansonsten gilt, wie so oft wurde hier das Schmückende vor den Inhalt gestellt. Nicht ‚form follows function‘, sondern ‚Fritze flasht‘. Nichts gegen Flash per se.

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Lucas von Gwinner 2. Dezember 2009 um 14:39

Statt nur „halbgar zu loben“ oder sich über die Umsetzung von Inhalt Flashtrash auszulassen hier mal ein Link rüber zu praegnanz.de wo es ein paar sehr sehensewerte Beispiele gibt, wie man individuelle und ansprechende Magazinlayouts mediengerecht in den Browser transportiert.

http://bit.ly/5M8ux2

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Fronzelhauser 9. Dezember 2009 um 10:24

Kurz gesagt: Wird VOLL FLOPPEN und in den weiten des Internets untergehen. Ist in 3 Monaten schon wieder vergessen – „netter Versuch“ sagen 90% der Internetsurfer und surfen weiter.
Information ist und wird kostenlos bleiben, wie ihr es auch dreht und wendet. Information in der Zeitung ist einfach zu schnellebig, daß dafür gezahlt würde, denn das Leben kostet schon genug.
Das Internet ist deswegen so ein Erfolg, weil es dort viele Dinge KOSTENLOS gab und gibt. Und das wird auch so bleiben…

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