Skip to main content

Eigentlich müsste sich niemand Sorgen machen über die Medien. Es gibt keine Existenz bedrohende Krise, denn es gibt Riepl. Also, sein Gesetz. Und das besagt, dass in der Geschichte der Menschheit noch kein Medium das andere abgelöst hat.

Tja, alles gut? Nicht so ganz. Denn so einfach ist das nicht mit dem Herrn Riepl und seinem „Gesetz“. Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner liebt es. In einem langen Text für die „Welt“ schrieb er im Jahr 2006:

„Ich glaube an das „Rieplsche Gesetz“… Keine neue Mediengattung ersetzt die bestehenden. Medienfortschritt verläuft kumulativ, nicht substituierend. Es kommt immer Neues hinzu, aber das Alte bleibt. Bis heute ist dieses Gesetz unwiderlegt. Das Buch hat die erzählte Geschichte nicht ersetzt. Die Zeitung hat das Buch nicht ersetzt, das Radio nicht die Zeitung, das Fernsehen auch nicht das Radio. Und also wird das Internet auch nicht das Fernsehen oder die Zeitung ersetzen.“

Oder „Tagesspiegel“-Chef Stephan-Andreas Casdorff. Oder Peter Glotz. Die Zahl der Riepl-Fans ist Legion.

Und Legion ist ein gutes Stichwort, schaut man genauer auf jenen Herrn Riepl. Der nämlich war kein Medienwissenschaftler, wie man denken könnte. Er war Altphilologe und Chefredakteur der „Nürnberger Zeitung“. Das Thema seiner Dissertation lautete:
„Das Nachrichtenwesen des Altertums mit besonderer Rücksicht auf die Römer“. Er veröffentlichte sie 1913.

In dieser Dissertation taucht folgende Hypothese auf:
„Andererseits ergibt sich gewissermaßen als ein Grundgesetz der Entwicklung des Nachrichtenwesens, dass die einfachsten Mittel, Formen und Methoden, wenn sie nur einmal eingebürgert und brauchbar befunden worden sind, auch von den vollkommensten und höchst entwickelten niemals wieder gänzlich und dauernd verdrängt und außer Gebrauch gesetzt werden können, sondern sich neben diesen erhalten, nur dass sie genötigt werden, andere Aufgaben und Verwertungsgebiete aufzusuchen.“

Vielleicht hat einer der Leser hier einen Überblick, wie es passieren konnte, dass eine Hypothese aus einer Dissertation des Jahres 1913, die sich mit Nachrichten im römischen Reich beschäftigt, zum Rettungsanker der Medienkonzerne des Jahres 2009 werden konnte?

Es ist geradzu putzig, wenn selbst die philogisch-historische Fakultät der Uni Augsburg über Riepl schreibt, er habe sich mit der „Geschichte der Fern- und Telekommunikation“ beschäftigt. Denn als Riepl seine Doktorarbeit schrieb, gab es nicht einmal das Radio.

Womit Riepl sich beschäftigte war anscheinend vor allem das Post- und Meldewesen. Das kann nicht nur durch Menschen stattfinden, die auf eine Unterlage geschriebene Texte transportieren, sondern genauso durch Fahnen, Blink- oder Audiosignale.

Anscheinend – das nur nebenbei – schreibe ich, weil ich Riepls Dissertation nicht gelesen habe. Das ist schwer. Denn als Buch wird sie nicht mehr produziert. Und bei Googles Booksearch gibt es nur zeilenweise Einblicke. Irgendwie wäre es also nicht ganz so dumm, mal eine Dissertation aus dem Jahr 1913 einsehen zu können, die niemand mehr drucken mag. Die längste Passage fand ich noch bei jener Uni Augsburg, der damit gedankt sei.

Vielleicht ist Riepl deshalb so beliebt, weil seine Formulierung so wattweich ist. Er schreibt von den „einfachsten Mittel, Formen und Methoden“. Was er damit meinte, erschließt sich hier ein wenig mehr:

„Trotz aller solchen Wandlungen ist indessen festzustellen, dass neben den höchstentwickelten Mitteln, Methoden und Formen des Nachrichtenverkehrs in den Kulturstaaten auch die einfachsten Urformen bei verschiedenen Naturvölkern noch heute im Gebrauch sind, und um sie zu finden, braucht man nicht die Südseeinseln oder auch nur das Innere Marokkos aufzusuchen, in Europa selbst, in Gegenden, die sich schon vor den Römern einer verhältnismäßig hoch entwickelten Kultur erfreuten, so bei den Albanesen z.B. ist das Nachrichtenwesen bis heute fast auf der Urstufe geblieben.“

Ist die Zeitung eine der einfachsten Methoden der Nachrichtenübermittlung? Mit all der Recherche der Journalisten, dem Programmieren eines Redaktionssystems, der Klärung von Bildrechten, dem Belichten von Druckplatten, dem Druck und der Auslieferung? Der Albanese hatte es da mutmaßlich ein klitzekleines Bisschen einfacher.

In der Tat sind die einfachsten Mittel und Formen der Kommunikation noch heute vorhanden. Nur sind es zum Beispiel Fahnen oder Hupen. Und nicht Fernsehanstalten oder Zeitschriften.

Riepl lebte in einer anderen Welt. Einer Welt, die nicht taugt für das, was ihm zugesprochen wird. Sein Gesetzt ist ein Gesetz, das darauf beruht, das etwas nicht so sein wird, weil es noch nie so gewesen ist. Es ist das Atomkraftwerke-sind-sicher vor Tschernobyl. Und deshalb ist es kein Gesetz.

Vielleicht weiß das auch Matthias Döpfner. Immerhin musste er sich in seinem „Welt“-Artikel die Welt auch mächtig zurechtbiegen:
„Die CD hat die alte Schallplatte sehr wohl ersetzt; und noch schneller als gedacht ist die MP3-Technologie im Begriff, die CD zu ersetzen. Für DVD und Video gilt das gleiche. Und genau hier wird es interessant. Denn weder CD noch DVD, noch MP3 sind wirklich neue Mediengattungen, sie sind lediglich bessere Technologien. Am Produkt, am Kreativmedium, der Musik oder dem Film, hat dieses Trägermedium nichts geändert. Deshalb sind auch diese beiden Beispiele Bestätigungen des Rieplschen Gesetzes.“

Und anscheinend existiert für Döpfner im Internet keine Schrift, kein Ton, kein Bewegtbild, so dass es ausscheidet als Kandidat, eine überlegene Technik zu sein und so möglicherweise andere Trägermedien zu abzulösen.

Das für mich beste Beispiel für die Unbrauchbarkeit der Rieplschen Hypothese ist der Buchdruck. Als Gutenberg die Druckerpresse erfand, verschwand das handgeschriebene Buch. Weil jene Texte, die zuvor von Hand geschrieben wurden, nun leichter reproduzierbarer und ubiquitärer wurden. Genauso wie heute geschriebener Text, Audio und Video leichter reproduzierbar werden – und leichter zu vertreiben sind – dank WWW.

Selbst Riepl glaubte vielleicht nicht, dass er da ein Gesetz schrieb. Darauf deutet nicht nur sein „gewissermaßen“ vor dem Wort „Grundgesetz“ hin, sondern auch die Passage die kurz darauf folgt:

„Um die Mitte dieses Jahrhunderts bezeichnet die Einführung der Elektrizität in den Dienst der Nachrichtenvermittlung den tiefsten Einschnitt und die nachhaltigste, heute noch nicht abgeschlossene Umwälzung in der Entwicklungsgeschichte des Nachrichtenwesens. Sofort bei ihrem Eintritt verbindet sich die Elektrizität mit der Telegraphie, reißt diese plötzlich aus ihren bescheidenen Anfangsstadien zur höchsten Entfaltung ihrer Eigenschaften fort, spornt alle bis dahin bekannten Nachrichtenmittel zur intensiven Anspannung ihrer Kräfte an und fordert die reiche Fülle der neuen Hilfsmittel, welche das beginnende Jahrhundert der Technik hervorbringt, von der Dampfmaschine bis zum Luftschiff und Flugzeug, zum höchstgesteigerten Wettbewerb im Dienste der Nachrichtenvermittlung heraus. Nunmehr folgen die Neuerungen und Fortschritte einander auf dem Fuße, überstürzen sich zuweilen, und kaum ist ein neues Problem von der Technik gelöst, bemächtigt sich dessen sofort das Nachrichtenwesen. Einen Stillstand gibt es nicht mehr, und eine geringe Zahl von Jahren bringt durchgreifendere Umgestaltung hervor als früher von Jahrhunderten.“

Wenn Herr Riepls Dissertation der Rettungsring der Medienhäuser ist, dann ist die Empfehlung, einen Schwimmkurs zu belegen, nicht die schlechteste.


Kommentare


Hubertus 10. September 2009 um 14:58

Sehr geehrter Herr Knüwer,

die Tatsache, dass ein Mensch etwas vor langer Zeit unter anderen Umständen geschrieben hat, heißt nicht automatisch, dass es sich nicht lohne, mit seinen Thesen zu beschäftigen, sie können trotzdem richtig oder zumindest bedeutungsvoll sein. das ist einer der Gründe, weshalb sich manche Menschen heute noch mit Kants Erkenntnistheorie beschäftigen oder mit den mathematischen Erkenntnissen von sagen Gauß. So kann es durchaus sinnvoll sein, sich mit Riepls Überlegungen auseinanderzusetzen, denn allein die Tatsache, dass es 1913 noch kein Radion gab, heißt nicht, dass er falsch gelegen haben muss. Betrachtet man die Geschichte nüchtern, zeigt sich, dass der Buchdruck mit beweglichen Lettern die Flugschriften beispielsweise nicht verdrängt hat, sie haben nur eine neue Funktion erhalten, was jeder weiß, der im Wahlkampf durch die Innenstadt läuft oder abends seinen Briefkasten öffnet und die Werbung ins Altpapier schmeißt. Zeitungen haben Bücher nicht überflüssig gemacht, im Gegenteil (es hätte Balzacs Romane vielleicht nie gegeben, wenn er sie nicht als Fortsetzungsromane in Zeitungen veröffentlicht hätte). Das Radio hat Zeitungen nicht überflüssig gemacht, Radio und Fernsehen existieren seit 50 Jahren parallel. Es spricht einiges dafür, dass Riepls These nicht völlig falsch ist. Und ob das Internet Print wirklich tötet, weiß auch niemand, auch wenn Sie es sich sehnlichst zu wünschen scheinen. Wahrscheinlich wird es die Funktion von zeitungen und Zeitschriften verändern, das tut es ja bereits, aber ob es sie verdrängen wird, ist ungewiss. Nichts anderes sagt Riepl.
Übrigens: Die von Ihnen erwähnte Schrift steht in mehrfacher Ausführung in der Unibibliothek Düsseldorf. Es gibt eben doch noch eine Welt außerhalb von Online, und das ist auch gut so.

Antworten

geheim 10. September 2009 um 15:26

Der Punkt ist ein ganz anderer: Vielleicht schwinden die Medien nicht, aber ihre Bedeutung und Verbreitung verändert sich deutlich.
Beispiel Brieftauben: Früher ein sehr sinnvolles und schnelles Kommunikationsmittel, heute ist das Taubenzüchten und Fliegen lassen ein reines Hobby. Es gibt auch noch Enthusiasten, die Morsecode benutzen, aber es ist nicht mehr das dominierende Medium.

Antworten

Marc 10. September 2009 um 15:39

Das \“Rieplsche Gesetz\“ ist von 1913? Ok, alles klar.

Wobei ich beim Riepl-Anhänger Peter Glotz vorsichtig wäre. Der verlinkte Artikel ist über neun Jahre alt und Peter Glotz seit dem 25. August 2005 tot. Wir wissen nicht, ob er dazugelernt hätte.

Antworten

FS 10. September 2009 um 15:56

Ein schönes Gegenbeispiel sind auch die Quipus (Knotenschnüre). Einst Standard-Kommunikationsmedium im westlichen Südmaerika, heute hingegen komplett verdrängt.

(http://de.wikipedia.org/wiki/Knotenschnur)

Antworten

Heiner S 10. September 2009 um 17:22

Ich finde es ja bezeichnend, dass folgender Nebensatz – meines Wissens – bei den Bekenntnissen der Riepl-Anhänger bislang nicht gesagt worden ist:

\“ … nur dass sie genötigt werden, andere Aufgaben und Verwertungsgebiete aufzusuchen.\“

Das bestreiten jene doch meist.

Antworten

John Dean 10. September 2009 um 17:37

Ist aber Fortschritt wirklich Fortschritt? Man bedenke, dass Knotenschnüre Nachrichten über 500 Jahre lang speichern können, Zeitungspapier knapp 100 Jahre lesbar bleibt, während eine CD schon nach 10 bis 20 Jahren ihren Inhalt verliert. Und die heute immer belieber werdenden USB-Sticks, die verliert man dann oft schon nach nur wenigen Wochen.

Das bedeutet aber auch: Alle Studien, welche, besonders bei der jüngeren Generation, eine Verlagerung der Aufmerksamkeit und Mediennutzung von den Print- und Funkmedien hin ins Internet konstatieren, haben fortschrittsbedingt kaum noch irgend eine Chance, von Verlagsverantwortlichen behalten, gemerkt und geistig verarbeitet werden zu können.

😉

(John Deans Gesetz der Informationsspeicherung: Je intensiver der Fortschritt ausfällt, umso stärker prägt sich die retrograde Amnesie von Speichermedienn bzw. Speicherinhalten aus)

Antworten

Thomas Koch 10. September 2009 um 18:00

Ich habe den guten alten Riepl in Reden und Vorträgen gefühlte 100 mal zitiert, allerdings vorsichtshalber (meistens) mit seinem O-Ton. Das eigentlich Faszinierende an seiner These ist ja gerade das Alter – und der Umstand, dass sie nie durch die Wirklichkeit widerlegt wurde. Aber ein ganz seltsames Gefühl sagt mir, diesmal könnte alles anders werden. Diesmal könnte das Internet tatsächlich den Printmedien einiges streitig machen. Ihnen eine neue, weniger bedeutende Funktion zuweisen. In ein paar Jahren sind wir schlauer… Herr Döpfner auch.
PS Abgesehen davon, dass der Beitrag höchst amüsant geschrieben ist… Darf man ja auch mal festhalten, oder?

Antworten

Daniel 10. September 2009 um 23:40

Amüsant finde ich vor allem, dass die die Relativierung durch Herrn Döpfner stark hinkt: Die CD-Verkäufe sind seit Jahren rückläufig, während die gute alte Schallplatte im Absatz nicht nur stabil bleibt, sondern sogar leicht steigt. MP3 ist eine \“bessere Technologie\“ unter dem Aspekt des Datenaustausches, qualitativ der CD allerdings unterlegen (da verlustbehaftet) – je nach Aufnahme ist das mehr oder weniger deutlich hörbar.

Antworten

Dierk 11. September 2009 um 9:28

\'[…] niemals wieder gänzlich und dauernd verdrängt und außer Gebrauch gesetzt werden […]\‘

Deutlicher konnte Herr Riepl wohl kaum sagen, dass es durchaus ein praktisches Verdrängen gibt, wenn auch möglicherweise kein prinzipielles. Je nach Anwendungszweck wird auf ältere Methoden und Techniken zurückgegriffen werden, die sich erhalten haben – genau gesagt, das Wissen um sie wird erhalten.

Die Musikkonserve ist dafür durchaus ein hervorragendes Beispiel. Ursprünglich benötigte man Papier, einen Stift, eine besondere Symbolik/Schrift und eine Reihe praktizierender Musiker, um Musik zu reproduzieren. Das war sehr teuer und somit vor allem fürstlichen Höfe, später Geldadel und Großbürgertum vorbehalten. Als u.a. T.A. Edison eine Tonkonserve erfand, änderte sich das, erst gab es Wachstrommeln, dann Wachsscheiben, später dauerhaftere Tonträger bis hin zur Vinylscheibe und heute CDs, DVDs.

Der Computer schaffte aber etwas, das all diese Träger nicht schafften: er hielt die reine Information verlustlos verbreitbar und reproduzierbar fest. Für einen Computer ist es im Grunde egal, in welcher Form Musik gespeichert wird, solange er einen Algorithmus zur Interpretation erhält, spielt er Töne. Das kann von AVI, MP3, WAV sein, oder auch direkt von der oben genannten Schrift.

Viele der zwischenzeitlich verwendeten Medien sind tatsächlich verschwunden, im besten Falle gibt es noch einige wenige Fans, die sie sammeln; vor allem in Museen finden sich auch noch Maschinen, mit denen die alten Medien abgespielt werden können. einen praktischen Wert hat das alles nicht mehr. Die alten Träger sind so verschwunden.

Übrigens gibt es da einen Text – also eine halbwegs konsistente Ansammlung von Informationen – von Ray Bradbury, der aufzeigt, dass es nicht um das Trägermaterial geht, sondern eben um die Informationen: Fahrenheit 451. Die Bücher können verbrannt werden, die Ideen bleiben erhalten.

Coda: Zeitungen/-schriften und Magazine sind nicht gleich Journalismus.

Antworten

Sanníe 11. September 2009 um 9:42

Das ist das Beste, was Sie hier je geschrieben haben.
Vielen Dank!

Antworten

bent böer 11. September 2009 um 9:47

Soll die Auto-Industrie etwa öffentlich über das Ende der Individual-Mobilität philosophieren. Oder es sich doch besser schön reden.

Sollen Politiker öffentlich Krieg mit machtpoltischer Gier bedründen? Oder besser als Kampf um Freiheit verkaufen.

Und sollen Medien-Manager ihr siechendes Produkt noch scheller ins Grab quatschen. Es ist doch eine langweilige Spielart der Medien Diskussionen – von denen der Autor weiß, das es thematisch die gleiche Debatte auf unterschiedlichen Ebenen für verschiedene Kanäle ist – so auszulegen, das jemand genüsslich ausgekontert wird. *gähn*

btw. “We become what we behold. We shape our tools and then our tools shape us.”

modern media sucks!

Antworten

Mirko L. 11. September 2009 um 10:08

Ein Zusatz, weil auch ganz putzig: Als wegen des Gutenberg-Buchdrucks die Scriptoren, die bisher die Bücher handschriftlich anfertigten, ihren Markt zerbröseln sahen, setzten sie eine Streitschrift auf. Die wurde dann aber (man ahnt es) gedruckt. Ging einfach schneller. Quelle? Die Dissertation dazu habe ich gerade verlegt, aber ich meine es stand bei Clay Shirky in \“Here comes everybody\“, erschienen 2008.

Antworten

Meckelreither 11. September 2009 um 10:33

Sobald der Strukturwandel seelisch verarbeitet ist, könnten wir uns vielleicht mit der Meinungs-Dressur beschäftigen, die in den Verleger-Reservaten seit der Erteilung des Presse-Lizenzen stattgefunden hat. Untertanengeist und Vereinsmeierei, die Kardinalfehler der Deutschen, haben ein unwürdiges Diskussionsklima erzeugt. In das Internet-Manifest gehört dringend, daß Mut zur abweichenden Meinung durch Achtung belohnt und nicht durch Gefängnis und Ausgrenzung bestraft wird (§130 StGB).

Antworten

johnny B. 11. September 2009 um 11:08

Sorry aber das Internet ist kein Medium(vergessen immer viele) Denn wie kann etwas ein Medium sein,wenn es alle Medien beinhaltet!
Und das wird bei der Diskussion über das Internet gerne vernachlässigt.

Antworten

Doris 11. September 2009 um 11:58

Eins haben wohl alle Medien und Datenträger gemeinsam: die Schnittstelle zur wirklichen Welt und zur \“Tat\“ bleibt. Sprich wenn ich etwas ändern will, muss ich mich in jedem Falle vom jeweiligen Medium wegbewegen, im Falle einer beabsichtigten Revolution also etwa meinen Läppi zuklappen und mich auf die – echte – Straße begeben. Hat letzthin irgendwer irgendwo ausgeführt. Änderungen werden demzufolge beispielsweise nicht im Web gemacht, höchstens angestoßen, sondern nach wie vor etwa auf der Straße und in der konkreten Aktion. Vielleicht sollten sich das jene vor Augen führen, die meinen, ihre Meinung frei im Web zu äußern genüge schon und Internet sei ein supertolles demokratisches Medium. Medien sind geduldig, da kann ich mir einen Wolf schreiben, wenn draußen vor der Tür die Welt vor die Hunde geht 🙂

Antworten

dot tilde dot 11. September 2009 um 12:55

das handgeschriebene buch ist gar nicht verschwunden, sondern hat sich neben den gedruckten erhalten. es wird allerdings genötigt, andere Aufgaben und verwertungsgebiete aufzusuchen. das können sie auf meinem toilettenschränkchen beobachten. da harrt es den geistesblitzen, die ich in es hineinschreibe. verwertungsgebiet ist dann meist der schreibtisch.

@14 (johnny b.):

meinen sie \“kein medium wie bild und bravo\“ oder eher \“kein medium wie fernsehen\“ oder eher \“kein medium wie glasfaserkabel oder verqualmter raum\“?

warum soll eine zeitung keine schallplatte beilegen?

.~.

Antworten

Besserwisser 11. September 2009 um 14:38

Wie kann etwas \“ubiquitärer\“ sein? Entweder ist es ubiquitär oder nicht, hätte es ein \“verbreiteter\“ nicht auch getan?

Antworten

Der Doktor 11. September 2009 um 15:50

Eine treffende Replik auf diesen Text findet man hier:
http://print-würgt.de/2009/09/11/die-geister-die-er-rieplt/

Antworten

Jens 11. September 2009 um 16:29

Schade, dass es Riepls Dissertation nicht in voller Länge bei Google Books oder ähnlichen Angeboten gibt. Riepl scheint 1938 verstorben zu sein, seine Werke sind also seit Anfang diesen Jahres nicht mehr urheberr. geschützt und könnten problem- und kostenlos online gestellt werden. Vielleicht macht sich ja jemand bei Wikisource die Mühe und digitalisiert die Dissertation.

Antworten

PalimPalim 11. September 2009 um 17:45

Den Volltext finden Sie unter: http://www.digitalis.uni-koeln.de/Riepl/riepl_index.html

Antworten

Schillij 12. September 2009 um 22:35

\“Irgendwie wäre es also nicht ganz so dumm, mal eine Dissertation aus dem Jahr 1913 einsehen zu können, die niemand mehr drucken mag.\“

Guter Mann, erheben Sie sich aus Ihrem Stuhl und gehen mal in die Bibliothek. Das Buch gibts auch in Düsseldorf: Universitätsbibliothek, sowie in den Seminarbibliotheken von Geschichtswissenschaft und Klassischer Philologie.

Antworten

Thomas Knüwer 14. September 2009 um 10:42

@Schillig: Tja, das ist natürlich eine schöne Lebensart. Sich erheben aus seinem Stuhl, sich in die Uni-Bibliothek einarbeiten, sich anmelden, so man nicht einige Tage mit der Lektüre verbringen will, oder das Buch kopieren. Das ist ruhig und schön und es wäre toll, wenn unsere Welt noch so wäre. So ist sie aber nicht.

@PalimPalim: Deshalb danke für den Hinweis. Aber: Ist das nicht eigentlich eine Raubkopie? Ist Riepl vor 1939 gestorben?

Antworten

Thomas Knüwer 14. September 2009 um 10:45

@Johnny B.: Die Frage, was ein Medium ist, ist im Fall des Internet interessant. Ich sehe es als Meta-Medium, was dann bezogen auf Ihre Kritik die Frage eröffnet, ob ein Meta-Medium auch ein Medium ist.

Sie haben vollkommen natürlich Recht: Das Internet löst nicht die Verbreitung von Information über Druckschrift ab. Es könnte aber die täglich auf Papier aufgebrachte Druckschrift mit der Nachrichtenlage des Tages ablösen. Was Riepl betrifft, stellt sich die Frage, ob er diesen Produktionsweg als \“einfachste Mittel Form und Methode\“ eingeordnet hätte.

Antworten

Lesenhilft 14. September 2009 um 12:53

@Thomas Knüwer, ist das Ihr Ernst? Weil es mit Mühe und Zeit verbunden gewesen wäre, das Buch zu lesen, über das Sie schreiben wollten, haben Sie es gelassen und trotzdem darüber geschrieben? Nennen Sie das Recherche? Ist das das, was Sie unter Qualität im Online-Journalismus verstehen? Machen Sie das bei allen Dingen, über die Sie berichten und die Sie kommentieren? Nach dem Motto: Was nicht online steht, existiert nicht? Äußern tue ich mich aber trotzdem? Gut, dass es noch Holzmedien gibt, wo Mitarbeiter, die sich so verhalten, keine Chance haben, an prominenter Stelle zu schreiben!

Antworten

Thomas Knüwer 14. September 2009 um 14:44

@Lesenhilft: Ich wäge Aufwand und Ertrag ab. Und es ist absehbar, dass die Dissertation nicht weiter zum Gewinn beiträgt, will man sich um moderne Medien kümmern.

Dank PalimPalim kann ich ja nun auch sagen, dass dies stimmt. Die Arbeit von Riepl ist sicherlich ein gutes Werk für alle, die sich für das Nachrichtenwesen im römischen Reich interessieren. Die Schlussfolgerungen, die angeblich die Medienwelt unserer Tage betreffen, befinden sich aber nur in der Einleitung. Erstaunlich, nicht wahr?

Übrigens endet das gesamte Werk mit dem Abgesang eine Variante des Journalismus: \“Man kann den Kriegsberichterstatter von nun ab zu den Erscheinungen der Vergangenheit rechnen.\“ Riepl hat anscheinend nicht immer Recht.

Antworten

Lesenhilft 14. September 2009 um 15:33

@Thomas Knüwer, dennoch bleibt es erstaunlich, dass Sie einen Artikel über etwas schreiben, das Sie nicht kennen und dann, wenn man Sie darauf hinweist, dass Sie das Werk hätten lesen können, sagen, der Aufwand, in eine Bibliothek zu gehen, sei Ihnen zu groß gewesen. Das ist keine Art, journalistisch zu recherchieren.

Antworten

Thomas Knüwer 14. September 2009 um 16:17

@Lesenhilft: Hätte ich einen kompletten Artikel über das Nachrichtenwesen der Antike schreiben wollen, hätten Sie Recht. Hier aber geht es allein um das angebliche Gesetz, das keines ist (was übrigens keinesfalls Herrn Riepl anzulasten ist – der kann für die ganze Sache gar nichts).

Antworten

Martin Oetting 14. September 2009 um 23:33

Ich verstehe die Debatte um Medien und ihren Ersatz zur heutigen Zeit nicht so recht. Ich sehe niemanden, der wirklich Medien ersetzt. Bewegtbild, Foto, geschriebener Text und gesprochenes Wort erfreuen sich doch weiterhin geradezu erstaunlicher Beliebtheit. Nur der Zugang zu Systemen, die das massenhafte Verbreiten dieser Medien erlauben, ändert sich – verlagert sich grade dorthin, wo es alte Zugangsbeschränkungen nicht mehr gibt. Es werden also keine Medien ersetzt, sondern es gehen nur alte Hoheiten über die Verteilungsmacht veloren. Das ist für jene, die sie besitzen/besaßen, natürlich sehr unangenehm. Sie heißen Döpfner oder Burda und beschwören nun eine Medienkrise, damit man ihnen zu Hilfe eile. In Wahrheit sehe ich aber erstmal nur eine Krise der Konzerne, die sich vorher aufgrund der Markteintrittsbarrieren in ihrem Medienmarkt fettfressen konnten. Ich bin gar nicht sicher, ob es überhaupt eine Medienkrise gibt. Wenn man sieht, was Medien beispielsweise im Fall der Polizeigewalt bei der Demo in Berlin am Wochenende heute leisten können (in diesem Fall insbesondere Film), dann ist das alles andere als Krise. Wie gesagt – Krise wenn überhazpt, dann nur bei den Verwertungsmechanismen. Aber nicht bei den Medien selbst. Klar – die Frage ist, wer wir für gute Inhalte bezahlt. Damit sich die Schreibenden auch den Gang in die Bibliothek leisten können (da, wo es wirklich notwendig erscheint). Aber ich bin sicher, dass es dafür Antworten geben wird. Es wird ja künftig nicht mehr ansatzweise so viel Geld für die Medien gebraucht wie bislang, als man die Konzerne davon mittragen musste. [Ja, mir ist klar, dass ich hier eine etwas enge Mediendefinition verwende. Aber erscheint mir hilfreich, des Arguments wegen.]

Antworten

Karl 15. September 2009 um 11:15

John Dean, das ist eine oft wiederholte, aber trotzdem nicht wirklich durchdachte Behauptung 🙂

1. Wir wissen nicht, wieviele Quipu-Schnüre es im Laufe der Geschichte gegeben hat, und so können wir auch nicht sagen, wie lange eine Quipu-Schnur im Durchschnitt gehalten hat. Nur weil wir heute noch 500 Jahre alte Schnüre finden und einige Knoten davon noch erkennbar sind, heißt es noch nicht, dass die zu erwartende Haltbarkeit 500 Jahre beträgt – feuchte Lagerung garantiert z.B. ein vorzeitiges Schimmeln und ständiges Hin- und Herräumen einen baldigen Zerfall der Fasern.

2. Das gilt dementsprechend auch für Zeitungspapier. Unter idealen Lagerungsbedingungen kann Zeitungspapier sehr lange, länger als 100 Jahre, bestehen, einmal richtig nass geworden, ist es unbrauchbar.

3. Das Besondere an DVDs und USB-Sticks ist nicht deren Haltbarkeit, sondern deren gigantische Kapazität. Wenn wir den Inhalt einer einzigen DVD in Quipu-Schnüre knoten wollten, brauchten wir Seile von 1000 km Länge. Jetzt versuch du mal, 1000 km Seil irgendwo so zu lagern, dass sie auch nur 20 Jahre unbeschädigt bleiben! Denk allein schon an den Brandschutz, der dafür notwendig ist oder an die Sicherung gegen eindringende Feuchtigkeit. Wenn wir also die Haltbarkeit von Quipu-Schnur und DVD einander gegenüberstellen, dann sollten wir fair sein: Die vielleicht 100 Zeichen, die man auf einer Quipu-Schnur mit dem gleichen Platzbedarf einer DVD speichern kann, die kann ich vermutlich auch nach 500 Jahren von den Resten einer wiedergefundenen DVD lesen, und sei es nur der Aufdruck auf der Scheibe!

Antworten

Gründe für eine Zukunft der Zeitung 27. Mai 2010 um 13:40

[…] Rieplsche Fata Morgana. Aus einer Dissertation über Nachrichtentechnik des Altertums, die im Jahr 1913 verfasst wurde, […]

Antworten

Gackgackgack Paid Content Gackgackgack 25. Oktober 2012 um 9:18

[…] Hintern. Die Kreativität und Gedankentiefe der Studie hat zwar Pfützenniveau, es wird gar mit dem Unsinn des Rieplschen Gesetzes argumentiert, doch zwischen den Zeilen sagt Berger: Print stirbt, Verlage müssen deshalb heute in […]

Antworten

Lieber Mathias Döpfner (oder: Warum wir den Axel Springer Verlag fürchten müssen) 16. April 2014 um 14:55

[…] zum Beispiel falsche Zitate oder historische Zusammenhänge. 2006 schrieben Sie, sie glaubten an das damals schon mehr als fragwürdige Riepl’sche Gesetz. 2010 sahen Sie die wirtschaftliche Zukunft des Journalismus als ungefährdet an. In einem teils […]

Antworten

Unwiderfragte Lemminge 8. Juli 2014 um 17:15

[…] Ein anderer unhinterfragter Mythos ist das Riepl’sche Gesetz, nach dem kein Medium in der Geschichte ein anderes abgelöst haben soll. Warum ich dies für Unfug halte, habe ich vor längerer Zeit schon einmal geschrieben. […]

Antworten

Du hast eine Frage oder eine Meinung zum Artikel? Teile sie mit uns!

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

*
*