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Wenn ein Staatsoberhaupt das Deutsche Haus besucht, werden auch schon mal Autos beschlagnahmt, berichtet Olympia-Korrespondent Grischa Brower-Rabinowitsch ?Horst wer?? war gestern hier. Der Mann, den die Kollegen von der Bild-Zeitung zu Anfang nicht kennen wollten, hat das Deutsche Haus ganz schön in Aufruhr versetzt. Und die lustigsten Szenen spielten sich hinter den Kulissen ab.

Lange bevor der Bundespräsident im Deutschen Haus ankommen sollte, angesagt war Horst Köhler für 13 Uhr, hatte etwa Fahrer Felix ein ganz exklusives Erlebnis. Er war gerade wieder oben in Sestriere angekommen, als ihn zwei BKA-Beamte angehalten und das Auto samt seiner Dienste mehr oder weniger beschlagnahmten. ?Es geht den Berg wieder runter?, lautete das Kommando. Felix folgte brav ? etwas anderes blieb ihm auch nicht übrig ? und so kurvte er mit den beiden Sicherheitsleuten wieder gen Tal. Die mussten die Strecke, die Köhler später nehmen sollte, abfahren und ?sicherheitstechnisch? überprüfen. Und sie hatten kein Auto.

Das klingt ungewöhnlich ist aber typisch Torino 2006. Hier gibt es nämlich mehrere Sicherheitszonen, in die man nur mit Autos hinein fahren darf, die eine entsprechende Akkreditierung haben. Und davon gibt es nicht gerade viele. Außerdem sind eine Reihe der Akkreditierungen zeitlich begrenzt.

Die Fahrbereitschaft des Deutschen Hauses zum Beispiel, hat ? Organisationskomitee Toroc sei Dank – nur vier Vollakkreditierungen, bei zehn Autos. Die anderen Durchfahrtsscheine sind entweder zeitlich begrenzt oder gelten nicht für alle Zonen. Es ist schon vorgekommen, dass ein Fahrer mit einer zeitlich begrenzten Akkreditierung 25 Kilometer vor Sestriere nicht durchgelassen worden ist, weil er ein paar Minuten zu spät war. Dann musste ein anderes Auto runterfahren und den Kollegen abholen.
Danke, Toroc ? so machen die Spiele richtig Laune!

Für unser aller Horst mussten die Techniker hier im Haus übrigens ganz schön schuften. Morgens gab es noch eine Pressekonferenz, dann bauten die Jungs den Raum zwei Stunden lang zu einer Art mobilem Edelrestaurant um ? vor der Kulisse von Harry und Waldi, die Abends dann live aus dem gleichen Raum gesendet worden ist.

Köhler saß an dem großen Tisch in der Mitte, auf den die olympischen Ringe projektiert worden waren:

Köhler kam ? auch ein Bundespräsident steckt mal im Stau, wenn Italiener etwas organisieren ? eine Dreiviertelstunde zu spät:

Anschließend verschwand er mit einer Reihe von Gästen in dem gut geheizten Raum und tafelte vermutlich fürstlich, wenn ich mal vom ziemlich leckeren Essen für uns niederen Chargen ausgehe.

Nach dem Mahl hatte auch Köhler ein wenig Stress, denn der Auflauf und die Aufregung um ihn, waren gigantisch. Fotos hier und Fotos da ? ich habe jetzt den Eindruck, dass ein Bundespräsident vor allem zwei Eigenschaften mitbringen muss: In jeder Situation die Fassung bewahren und immer nett lächeln. Als ob der Herr Bundespräsident eine Pappfigur wäre, der man irgendetwas in die Hand drücken, und die man dann auf Zelluloid bannen kann.

Mal war es ein Sponsor-Schneeball, mal die Hand von Waldi und mal war es auch unsere kleine Olympia-Zeitung…

Mein Kollege Ralf Drescher hatte die glorreiche Idee und setzte sie mutig auch gleich in die Tat um. ?Herr Bundespräsident?, rief er über die ganze Meute hinweg und drückte ihm das Heft in die Hand. Hausfotograf Wolfgang Langstrassen fotografierte Köhler, der dabei erstmals etwas seine Fassung verlor. ?Was wollen Sie denn noch alles??, raunzte er, als Wolle ihn zum dritten Mal bat, sich doch bitte anders hinzustellen…

Scheinbar war das dann ausnahmsweise doch alles ein wenig viel für Köhler. Ein Sicherheitsbeamter erzählte uns am Abend, dass ?der Horst? eigentlich echt klasse sei. ?Der geht auf die Menschen zu?, was dem Security-Mann allerdings häufiger Kopfschmerzen bereitet. ?Der bleibt einfach stehen, wenn er stehen bleiben will.? Und schert sich nicht die Bohne um das Protokoll und die Sicherheit. ?Aber ich kann ihn ja schlecht bitten, voran zu machen?, sagte der Sonnenbrille bewaffnete Beamte.

Nun gut, Ralf Drescher hat seine Mission jedenfalls bravourös erfüllt und von mir dafür den Titel ?Redakteur des Tages? verliehen bekommen.

Das hat ihn zwar nicht wirklich stolz gemacht. Aber beschwert hat er sich auch nicht…

Am Abend haben Ralf und ich dann noch ein Interview mit Rodlerin Silke Kraushaar geführt. Eine wirklich nette und fröhliche Person! Sie ist sogar freiwillig mit in unser kleines und inzwischen etwas verunreinigtes Büro gekommen.

Heute Abend sollen wir übrigens endlich einen neuen Internet-Zugang bekommen. Die Zukunft hält Einzug!

Autor: Grischa Brower-Rabinowitsch

Alle Ausgaben des Ringe-Reporters gibt es hier.


Kommentare


Christian 13. Februar 2006 um 19:41

Ich mag die Ringe-Reporter-Einträge. Jedes Mal, wenn ich meine Feeds abhole und bei „Indiskretion Ehrensache“ wieder einen entsprechenden Eintrag sehe, freue ich mich ein wenig.

Das Handelsblatt steigt in meiner Beliebtheit. (Ich bin von neutral zu leicht positiv umgeschwenkt. Was ein Blog so alles bewirkt…).

Und gute Stichelei gegen die „Bild“-Leute.

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Grischa Brower-Rabinowitsch 13. Februar 2006 um 20:11

Das schicke ich der Chefredaktion! Vielleicht schwenkt sie dann in Ihrer Meinung über mich auch von neutral zu leicht positiv um 😉
Danke für die Blumen!!

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su 13. Februar 2006 um 20:11

dito.

Ein Aua gibt es: Es heißt „projiziert“. Da fällt mir ein… die Print-Artikel werden doch bestimmt immer nochmal korrekturgelesen. Gibt es Rückmeldung vom Lektor welche Fehler man besonders häufig macht? Oder eine Rangliste der besten Schreiber?

Antworten

Grischa Brower-Rabinowitsch 13. Februar 2006 um 20:17

Die Korrektoren führen Listen über die häufigsten Fehler und präsentieren uns die Pannen regelmäßig. Eine Rangliste führen sie nicht – höchstens heimlich…
Aua, aua. Das stimmt, es heißt projiziert 🙁

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Alphager 14. Februar 2006 um 1:41

Ich stimme mit ein in den Lob:
Das ist genau das, was der Blogleser hier lesen will:
erfrischende Texte, die gerne auch Humor enthalten dürfen.

Mehr davon !

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