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Heute berichtet Indiskretion-Ehrensache-Korrespondent Grischa Brower-Rabinowitsch von der Ankunft im Olympia-Gebiet. „Mein erster Weblog-Beitrag. Und beinahe meine erste Verhaftung.

Da standen wir – mein Kollege Ralf Drescher und ich – vier Stunden nach unserer Abreise aus Düsseldorf am Bahnhof des kleinen Turiner Alpendorfs Oulx und feixten „Turin, Turin, wir sind jetzt in Turin“. Aber was soll man machen, während man eine Dreiviertelstunde auf den Shuttle zum Appartement wartet? Klar, Fotos für das Olympia-Weblog. Aber was soll man fotografieren um 21 Uhr abends am finsteren Bahnhof von Oulx? Polizisten! Die lungerten gleich dutzendweise herum – und langweilten sich. Also fotografierte ich Polizisten.

Was keine besonders gute Idee war, denn die fanden das gar nicht lustig. Einer stürmte sofort auf mich zu und redete in einer wilden Mischung aus italienisch und englisch drohend auf mich ein. „Already deleted, deleted“ winkte ich in meinem besten Englisch ab. Erstaunlicherweise besänftigte ihn das ziemlich bald und ich machte mich schnell aus dem Staub, bevor er auf die Idee kommen konnte, sich meine Digitalkamera genauer anzusehen. Fraglos ließ er von mir ab, weil ich mit meinen 191 Zentimetern mindestens einen Kopf größer war als er…

Sei’s drum. Die Sicherheit wird hier bei den Olympischen Spielen jedenfalls groß geschrieben – zumindest hat es den Anschein. Denn Polizisten stehen hier an jeder Ecke und sie treten immer im Rudel auf: Am Bahnhof standen gestern Abend drei Gruppen: Polizia, Guardia di Finanza und Carabinieri, insgesamt bestimmt 30 Mann. Fragen Sie mich nicht nach dem Unterschied, alle sind irgendwie Polizisten. Die einzige Sorge der harten Jungs war, dass ihre Zigaretten nicht ausgehen. Sonstige Aufgaben schienen sie nicht zu haben – wahrscheinlich wollten sie deshalb nicht fotografiert werden.

Unser Fahrer, der uns vom Turiner Flughafen nach Oulx gefahren hatte, hieß Roberto. Ein harter Typ. Roberto ist nämlich ein Soldat, zwei dreieckige Streifen hat er auf seinem Armee-Pullover. Wir konnten nicht heraus bekommen, was für einen Rang er hat, weil sein Englisch und unser italienisch ungefähr gleich gut ausgebildet sind: Wir können kaum ein Wort. Aber da fragt man sich doch, warum wir uns in Deutschland so zieren, die Bundeswehr bei der Fußball-Weltmeisterschaft einzusetzen. Gebt ihnen einfach Autos, die fahren dann die englischen Hooligans in die Stadien und wir haben schon ein Problem weniger.

Roberto wenigstens ließ sich gerne fotografieren und Trinkgeld hat er auch nicht genommen. Außerdem jagte er den Fiat mit 150 die Bergautobahn hoch, als ob er er nicht nur einen Waffenschein sondern auch eine Rennfahrerlizenz hätte. Statt der 1,5 Stunden waren wir in nur einer Dreiviertelstunde in Oulx.

Unser Apartment entpuppte sich als Wohnung, in der normalerweise eine italienische Familie lebt. Die ist für die Zeit der Olympischen Spiele zu Verwandten gezogen und nächtigt angeblich wie in einem französischen Asylantenheim zu zehnt in einer kleinen Wohnung. Das Darben lohnt sich: Unseren Übernachtungspreis hoch gerechnet – außer unserem Zimmer gibt es noch drei weitere, die vermietet sind – kassiert die Familie ungefähr 20.000 Euro für maximal vier Wochen. Ein paar Fotos habe ich von dem Apartment schon gemacht. Weitere folgen – und auch Details zu der lustigen Wohnung.

Mein Kollege und ich schlafen jedenfalls in einem Zimmer – in getrennten Betten. Die beste Botschaft der ersten Nacht: Er schnarcht nicht!“

Autor: Grischa Brower-Rabinowitsch

Alle Ausgaben des Ringe-Reporters gibt es hier.


Kommentare


olymp 9. Februar 2006 um 15:14

interview-termin mit anni schon festgemacht? 😉 grüße aus köln und viel spaß

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Grischa Brower-Rabinowitsch 9. Februar 2006 um 15:25

Schön wär’s 😉
Aber Anni läuft in Turin und bis dahin fährt man von hier aus mehr als zwei Stunden. Aber davon morgen mehr…

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jo jmatic 9. Februar 2006 um 16:36

Im Asylantenheim zwischen den Etagenbetten sitzen, MauMau spielen und 20.000 Euro kassieren. :-))))))) Klasse Vorstellung! Launiger Bericht – könnte lustig werden, wenn’s in dem Stil weitergeht.

Nur eine Sache, lieber Grischa Brower-Rabinowitsch: Das Selbstportait-Foto is‘ gruselig. Bitte ein neues Foto: Nicht im Schatten rumstehen mit sonnenüberflutetem Hintergrund (wenn man leise ist hört man da beim knipsen die Kamerasensoren Hilfe schreien), ohne Blaustich, und die Hände irgendwie nicht so … Naja, Sie wissen schon was ich meine!? ;-)))))
Viel Spass in Turin.
jo

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Grischa Brower-Rabinowitsch 9. Februar 2006 um 16:45

Danke für die Blumen, freut mich. War schließlich mein allererster Weblog
Zu dem Foto kann ich nur sagen: Raten Sie mal, wer das fotografiert hat… 😉

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olymp 9. Februar 2006 um 17:23

mit roberto gehts doch sicher in der hälfte der zeit. 😉

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Grischa Brower-Rabinowitsch 9. Februar 2006 um 18:46

Stimmt, aber wir haben leider seine Handy-Nummer nicht 🙁

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Leodator 9. Februar 2006 um 23:41

Kann sich der Sensationsreporter Grischa Brower-Rabinowitsch nicht mal an die Evi Sachenbacher-Stehle ranschmeißen? Die hat ja jetzt fünf Tage nichts zu tun!

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mepHisto 11. Februar 2006 um 0:16

zwei „dreieckige streifen“?

nun, das könnte sowas wie ein italienischer oberfeldwebel sein.

wie das nun auf einheimisch heißt, weiß ich allerdings nicht…

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Grischa Brower-Rabinowitsch 11. Februar 2006 um 15:31

Ein Feldwebel? Wow! Na, wenn mir nochmal einer begegnet, dann setze ich alles aufs Spiel und fotografiere ihn aus der Nähe…
Sah ungefähr so aus: D>. Nur, dass man sich statt des D ein geschlossenes Dreieck vorstellen muss.

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Grischa Brower-Rabinowitsch 12. Februar 2006 um 12:41

Gut recherchiert! Danke. Es sah so aus wie ein Caporale Maggiore Scelto.

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Christian 19. Februar 2006 um 14:23

„…bevor er auf die Idee kommen konnte, sich meine Digitalkamera genauer anzusehen.“
Moin,
In Athen hat sich die Polizei noch selber um das Löschen der Speicherkarte bemüht.
Wir hatten das noch unfertige Stadion fotografiert.
Aber ?GetDataBack? hat dann doch geholfen. 😉
Gruß von ?unten? aus dem IBC

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